Nordanatolien 2005
Einmal
quer durch den Norden der Türkei. Eine teils noch grandiose
Landschaft im Niedergang. Kurs: 1 € = 1,64 NTL.
Highlights
... eine
Vorauswahl der
interessantesten
Ecken etc. ...
Freitag,
9. 9.:
Nehme nach
diversen Verzögerungen bei der Tour-Vorbereitung heute frei.
Fluten in den Seealpen, Dienstag Besuch von Axel, Donnerstag von
Holger. Wir beschließen den für morgen geplanten Flug nach
Nizza verfallen zu lassen und kaufen ein Ticket nach Istanbul. Aber
erst für übermorgen früh. Kaufen
Müller-Reiseführer + beidseitig bedruckte aktuelle
Türkei-Karte, schauen die neue Schrannen-Halle an. Super-Wetter
hier in Bayern seit nunmehr 10 Tagen !
Samstag,
10.9.:
Wettereinbruch,
das Genua-Tief aus den Seealpen ist da. (Um-) Planen und (Um-) Packen,
letzte Einkäufe. 01.30 Uhr Nachtruhe.
Sonntag,
11.9.:
6.20 raus,
Türkischer Kaffee, die Maschine ist schon sauber gemacht. 7.15
los, 8.30 Einchecken, 10.30 Abflug. Leckeres Fischessen im Flugzeug.
Uhr eine Stunde zurück stellen, 14.15 Uhr da. Arg
eingeschränkte Auswahl an Hotels in unserem
Müller-Füher, Aksaray ist nicht mal erwähnt. Hole 1000
NTL am Stück aus einem EC-Automaten. U-Bahn Aksaray, Tram
Cemberlitas. Hostels und Hotels abklappern, entweder zu laut oder
überteuert. Alles im Schnitt 30% teurer als im 2004er Müller
angegeben.
Das Touri-Viertel ist sehr viel schnieker als vor 11 Jahren, die
Gastronomie-Preise um mindestens 200% gestiegen seither. Bekommen ein
feines, ruhiges 80€-Zimmer im Hotel Alanya wegen ausgefallener
Tour-Gruppe für 40 €. Das billigste und schäbigst Zimmer
wäre 25 € gewesen. Altstadt-Rundgang bei Klasse-Wetter. Nicht viel
los am Sonntag. 21.00 Uhr Ruhe, 27 Grad im Zimmer.
Montag,
12.9.:
8.30 wirft uns
die pralle Sonne aus dem Bett, nachdem schon mitten in der Nacht die
zahlreichen Minarette fürs Wecken gesorgt hatten. Top-Blick von
der Dachterrasse. Frühstück im Keller, keine Butter,
dafür kommt automatisch Nescafe, sonst ok. Ziemlich down heute.
Basarviertel-Rundgang, Touri-Info: Kein Schiff mehr nach Trabzon im
September, Bus braucht 18 Stunden. Erstes Reisebüro verkauft nur
Turkish Airlines Tickets für 120 €, ein zweites unweit vom Hotel
hat AtlasJet für 79 NTL. Wettercheck via Reisebüro-Computer:
Regen in Trabzon bis einschließlich übermorgen. Große
Beratung. Beschließen Flug einen Tag später als geplant
für Mittwoch abend 18.20 Uhr. Alternativ wäre 7.30 Uhr
möglich gewesen.
Rundgang und Teatime im relaxten Topkapi-Park. Runter ins trubelige
Sirkeci Bahnhofsviertel, vorbei an den Fähren, über die
boulevardbreite Galata-Brücke. Drüben mit Bus hoch nach
Taksim, ist schon dunkel, als wir oben ankommen. Lassen uns die
Istiklal Caddesi bis zum Hafen runter treiben.
Die ersten 2/3 der Strecke ein kollosaler Trubel in einer Mischung aus
thailändischem Nachtmarkt, Khao San Road und Münchner
Füßgängerzone. Längs und parallel dazu teils
berstend volle Party- und Gaststätten-Gassen. Und das am Montag
abend ! Unten dann weiter als schmale, fast menschenleere Gasse, aber
lang nicht so dunkel wie eine durchschnittliche Istanbuler Straße
bei Nacht.
Laufen zurück über die Brücke, nehmen die Tram hoch nach
Sultanahmet. Laufen 15 min runter zur Ayasofia. Jagen noch eine
Mücke im Zimmer, 23.30 Uhr Ruhe, wieder bei 27 Grad im Zimmer.
Dienstag,
13.9.:
Frühmorgens
wieder allgemeines Minarett-Wecken, nachts zwei Mückenstiche
eingefangen. 8.15 Uhr raus, mit eigener Butter zum Frühstück.
Bestellen heute explizit Türkischen Kaffee, vergessen aber, das
man auch explizit ohne Zucker bestellen muss ...
Laufen dann durch eine ziemliche Autopest Diretissima runter zum Hafen.
Es gibt zwei Bosporus-Fahrten, 10.35 Uhr und 13.00 Uhr. Die Preise
dafür sind seit dem 2004er Müller von 2 € auf 4,50 €
gestiegen. Die Fähre ist ziemlich überfüllt, es gibt
Ärger mit einem bequem sitzenden jungen Spanier, weil wir seinen
Blick verstellen, er kann sich gar nicht mehr beruhigen.
Es sind überwiegend Westler an Bord, die Einheimischen nehmen wohl
seit der Preiserhöhung lieber den Bus ... Die Bosporus-Ufer sind
schon ganz gut zugewuchert, teils gibt es noch Einiges an Grün
dazwischen, viele schnieke Villen.
Endstation Fischgaststätten-Dorf, Teatime. Aufstieg zur Ruine,
schöner Küstenblick von der Mauer. Alter, gut zugewachsener
Friedhof mit Häufel-Gräbern. Viel Militär rings ums
Dorf, Kasernensiedlung oberhalb und um die Ruinen. Abstieg, Teatime II.
Sind beizeiten auf dem Schiff, ergattern Sitzplatz unten außen
mit Blick Richtung Osten. 15.00 Uhr Abfahrt, dieses Mal sehr viel
entspanntere Fahrt. War aber unterm Strich sowohl kulturell als auch
landschaftlich ein wenig ergiebiger Ausflug.
Vom Fährterminal Eminönü gleich rüber zur
benachbarten Kadiköy-Fähre, die bei unserem Eintreffen 16.30
Uhr gerade abfährt. Nehmen 16.50 Uhr die nächste Fähre.
Fährpreise hier seit 2004er Müller um satte 150 % gestiegen.
In Kadiköy ein buntes Gewimmel an der Uferstraße, einer
zeigt uns den Weg zum Dienstags-Wochenmarkt, dem größten von
Istanbul. Links und rechts ausgedehnte Fußgängerzonen, teure
Cafes (Espresso 2,50 €) und Boutiquen, dazu ein allgegenwärtiges
Gewusel. Die bislang lebendigste Ecke von Istanbul, abgesehen von der
Istiklal Caddesi in Taksim.
Die Gasse vom Berg runter führt zu dem gigantischen, temporär
mit riesigen Planen überdachten Wochenmarkt. Kein Vergleich zum
sterilen Sultanahmet-Touri-Basar, hier tobt das pralle Leben. Ein Kilo
superleckere Weintrauben für eine halbe Lire. Gigantische
Weißkohl-Köpfe. 20.00 Uhr schöne Nachtfahrt mit
Istanbul-Skyline-Blick zurück nach Eminönü. Gehen zu
Fuß zum Hotel, hinter der Hagia Sophia Kunstgewerbe-Stände
mit zwei zu Musik aus dem Auto rappenden Verkäufern "How can i
take your money ..."
Weinchen auf der Dachterrasse mit Hagia Sophia Blick. 23.15 Uhr Ruhe.
Mittwoch,
14.9.:
7.30 raus,
ausgiebig Frühstück, in der Bäckerei gegenüber Brot
kaufen, packen, zahlen, Gepäck unterstellen. Durch die Hagia
Sophia Basargasse, vorbei an den Holzhäusern, durch die Hotelgasse
zum Postamt, Postamt Telefon: Bei den Kloster-Schwestern in Trabzon ist
niemand da, wir reservieren erstmal anderweitig und kaufen eine
Telefonkarte.
Türkischer Kaffee, Ägyptischer Basar und die lebendigen,
vielseitigen Basargassen dahinter Richtung Goldenes Horn. Hoch zur
Süleyman Moschee durch das Manufaktur-Viertel. Spektakulärer
Ausblick von der Terrasse der Moschee über Goldenes Horn, Galata
Brücke und Bosporus. Hartnäckiger, kreiselverkaufender Junge.
An der Süleyman-Touri-Großgaststätte vorbei durch das
ausgedehnte Uni-Gelände und den Bücherbasar in einen Park an
der Hagia Sophia, vorher Apfelstrudel kaufen beim Bäcker. Man
bringt uns dazu Tee, kurz handeln, paßt.
Ins Hotel, man will uns partout für 20 € ein Taxi zum Flughafen
verpassen, wegen der angeblich unsicheren Fahrt mit Tram und U-Bahn ...
Laufen hoch zur Tram, fahren vor nach Aksaray, dort reichlich Hotels,
im Müller ist die Gegend nicht mal erwähnt.
Rüber zur U-Bahn, treffen deutsch-türkisch-iranischen
Familien-Rechtsanwalt. Er empfiehlt uns dringend den Iran als
Reiseziel. Warnt uns eindringlich vor Ausweis-, Reisepaß- und
Kreditkarten-Diebstahl in Trabzon und Anatolien allgemein. Auf
dem Flughafen dann ein großes Chaos vor dem Abflug,
Flugsteigwechsel, Ansagen nur in türkisch, wir schaffen es, zwei
andere Westler wollen nach Antalya, stehen aber mit uns an ...
Sind gegen 20.00 Uhr in Trabzon, die Luft hier ist etwas subtropischer,
schwerer. Kein Dolmus direkt vom Airport. Ein Stuttgarter Türke,
war in Antalya im Urlaub, will zu seinen Eltern nach Giresun, geht mit
uns zum Dolmus vor an die Hauptstraße. Hat in Antalya auf
türkisch 15x vergeblich versucht, in ein 4 Sterne Hotel
einzuchecken, dann 1x auf deutsch und klappte sofort ...
Gehen zum Kloster-Hostel, hat zu, weiter zum Yuvan-Hostel,
Problem mit unserem Anruf, Zimmer lärmig. Ich laufe etliche Hotels
ab, finde schließlich ein ruhiges. Wir wollen noch eine Runde
durch die Stadt drehen, ich vorher noch schnell aufs Klo, ich ziehe an
der Spülung, da fällt der Spülkasten von der Wand und
ergießt sich über mich. Bin dann von Kopf bis
Fuß eingeweicht. Umziehen, Klamotten waschen, Fisch essen gehen,
schicke Fußgängerzone. Im Hostel noch die Matratze polstern,
23.30 Uhr Ruhe.
Donnerstag,
15.9.:
7.30 raus,
packen. Tomaten + Brot kaufen, Frühstück im Atatürk
Park. Ein alter Türke meint, daß ein türkischer Mann
solche schweren Rucksäcke nicht durch die Gegend schleppt. Ein
überaus freundliches Mädchen bringt uns zum Dolmus am Russen
(?) - Basar. Sie schwärmt von Sumela und will uns dort unbedingt
zuerst hin schicken, statt nach Uzungöl, wo wir hin wollen. Werden
dann vom Bus z um Office gebracht, Tickets kaufen, Rundgang, die
Nataschas stehen vor den Hotels. Es gibt reichlich Hotels hier im
Viertel.
12.00 Uhr Start längs der Küste, statt Stränden
Landaufschüttungen & Steinbefestigungen der neuen Autobahn.
Die Küste hat so jeden Reiz verloren.
Uzungöl: Der berühmte See, den man von diversen
Prospekten kennt, ist inklusive Zu- und Abfluß gerade frisch
kanalisiert worden. Statt der malerischen Uferwiesen gibt es jetzt eine
neue Erdpiste um den gesamten See, die Ufer sind wie die Autobahn
künstlich befestigt bzw. mit Abraum zugeschüttet ... Eine
Miniaturausgabe der Küstenautobahn kombiniert mit dem Charme eines
Löschteichs. Dahinter erhebt sich eine sterile
Ikea-mäßige Retorten-Urlaubsersiedlung.
Es gibt reichlich Moscheen. Schwierige Suche nach einem ruhigen und
einigermassen angenehmen Zimmer. Finden schließlich eins mit
gutem Sicherheitsabstand zu den Moscheen und zur Straße mit
schönem Blick Richtung Berge talaufwärts.
Laufen rund um den See zum Unterdorf, reservieren für morgen
Plätze im Dolmus und kaufen Benzin in einer
Kanister-Tankstelle. Laufen dann ins idyllische Oberdorf bis zum
Beginn der Schlucht. Rotblonde, blauäugige Lasen bevölkern
die Felder. Einige schöne alte Holz-Bauernhäuser stehen noch.
19.30 Uhr Außentemperatur 16 Grad. Abends exzellentes Maisbrot
aus Trabzon. 22.00 Uhr Ruhe, Ohropax dämpft zuverlässig den
Lärm der Gaststättenküche unter uns.
Freitag,
16. 9.:
7.00 Uhr raus,
Kaiserwetter. Vorzügliches Frühstück. Bezahlen 40 TL
incl. Frühstück, super. Laufen vor zum Dolmus, Kaffe trinken,
eine Gruppe EK's macht Miet-Jeep-Abschlußrundfahrt, erster Tag
nach der Entlassung, viele Digitalfotos. 9.30 Uhr Dolmus-Start, runter
nach Of zum Dolmus-Stand. Müssen hoch zum Hwy, da steht schon das
Dolmus nach Rize. Rize: Werden gleich von einem Schlepper zum Bus nach
Artvin gelotst, 20 Minuten später ist Start.
Komfortabler Bus, wir bekommen einen Panorama-Platz hinterm Fahrer.
Rize macht einen recht sympathischen Eindruck. Von Trabzon bis Hopa ist
schon fast die gesamte (!) Küste für die neue Autobahn
zugeschüttet. Fast alle kleinen Buchten und sämtliche
Strände sind unter der Autobahn begraben. Die Küste besteht
nur noch aus Autobahn, Steinbefestigung und Steinbuhnen.
Ab Hopa ins Landesinnere schön üppig grüne
Laubwald-Berglandschaft. Hinter Brcko dann ein gewaltiger Staudamm,
danach gleicht der tolle Canyon einem gewaltigen Tagebau. Die
schlimmsten Verwüstungen hinterlassen die neuen
Straßenbauten in halber Hanghöhe. (Zwangs-) Teepause
rechtzeitig vor einer Baustellen-Straßensperre mit weitem
Tagebau-Blick, unter uns mäandriert der Corub, teils noch
ungestört, teils schon ausgebaggert. Tief unter uns, auf der
alten, jetzt gesperrten Uferstraße Baufahrzeuge und Felsbrocken.
Landschafts-Verwüstung und provisorische Straßenführung
halten an bis Artvin, dann geht's hoch auf den Berg. Der Bus hält
direkt vor dem im Müller empfohlenen Hotel Kackar. Wir bekommen
ein ruhiges Zimmer mit Blick auf den gigantischen
Tagebau-Canyon-Staudamm-Baustellen-Kessel unter der Stadt. Auch der
Weiterweg nach Yusufeli ist schon verwüstet.
Im Hotel hängt noch ein idyllisches Bild von Uzungöl aus den
Zeiten vor Straßenbau und Kanalisierung. Der See ist kleiner, er
endet schon 100 Meter vor der Moschee in einer Wiese und ist von drei
Seiten umgeben von flach auslaufenden, natürlichen Wiesen-Ufern.
Stadtrundgang, offene und sympathische Atmosphäre, wie im
Müller-Buch beschrieben. Klären für morgen Dolmus nach
Yusufeli. Aufstieg über Schleichpfade durch die Gärten und
den Wald bis zu einer Panorama-Wiese hoch über der Stadt. Abstieg
auf anderen Pfaden erst steil durch den Wald, dann durch üppige,
subtropisch wuchernde Gärten.
Während ich im Internet Cafe sitze, sitzt Angela davor, wird von
den Leuten unterhalten und zum Tee eingeladen, ich bekomme auch einen
ab.
Noch eine Runde durch die zweite Geschäftsstraße, dann
zurück zum Rathaus und von hinten hoch zum Terrassen Restaurant.
Bierchen und leckerer Salat + mit Käse in Öl überbackene
Pilze mit Blick auf Plaza, Moschee und Vollmond.
Samstag,
17.9.:
7.30 raus,
nachts viel zu warm im Fleece-Schlafsack, nur ein Bettbezug im
Doppelbett, den hat sich Angela geangelt. Unser Portier schläft
noch, es gibt wohl kein Frühstück wie im Müller
versprochen, dafür kostet es das Doppelte verglichen mit dem
2004er Müller. Brot und Butter kaufen, Frühstück,
Backmargarine entsorgen, wir hatten Teryagi statt Teremyagi gekauft.
Zum Dolmus, 10.00 Uhr Start nach Yusufeli.
Kurz hinter Artvin ist der Canyon schon ausgefräst für den
zweiten Damm, dann noch über etliche Kilometer für den
Straßenbau verwüstet. Dann endlich geht es über
immerhin ca. 60 km durch den noch unzerstörten Teil des bizarren
und urwüchsigen Steinwüsten-Canyons. Wir werden in Yusufeli
gleich vom Altiparmak-Dolmusfahrer & Pensions-Besitzer-Bruder
(Karahan-Pension) empfangen.14.00 Uhr soll es weiter gehen nach
Altiparmak, auch Barhal genannt.
Rundgang durch die Oasenstadt, umgeben von bunten Felsenbergen. Kaffee
trinken, Einheimische Outdoor-Typen im Studentenalter (1x m. und 3x w.)
mit Jeep kommen ins Cafe. Dunkle Gewitterwolken in Richtung Barhal. Ein
Rentner-Opi mit Rauschebart erzählt von seiner Zeit in
Deutschland. Ein Bus aus Trabzon fehlt noch, das Dolmus fährt eine
Stunde später los.
Fahrt auf schmaler Piste durch einen spektakulären und zunehmend
grünen Canyon bis Barhal. In der Mitte der Strecke liegt noch ein
richtiger Ort, Sarigöl. An den Hängen kleben kleine Anwesen
mit Lastenlift, unten Bewässerungskanäle parallel zum
Fluß. Halsbrecherische Ausweichmanöver.
Kurzer Stop im Ort, Schwatz mit einer Gruppe Tschechen, die gerade die
Durchquerung ab Ayder mit Kackar-Besteigung beendet haben, mit GPS in 5
Tagen.
Pension Karahan 1km vom Ort bergan auf der Piste Richtung Karagöl,
rechts 50m den Hang hoch, Gepäck-Lastenlift. Erfahren bei Ankunft,
dass die Pension "full" ist ... Bekommen dann nach einigen
Mißverständnissen das Zimmer der Tochter unter der
Terrassen-Küche.
Die alte georgische Kirche ist gleich neben der Pension. Kleiner
Ausflug die Straße hoch Richtung Karagöl. 19.20 Uhr
super-leckeres (vegetarisches) Abendbrot. Angela versucht dann zu
schlafen, ist aber unmöglich wegen dem Getrappel oben auf der
Terrasse, sogar die Fenster klappern davon, sie ist ziemlich entnervt
deswegen.
Ich schwatze noch mit holländischem und israelischem Pärchen.
Die Holländer erzählen, daß sie schon ab Samsun die
Küste entlang gefahren sind und daß die Küste schon ab
dort komplett zubetoniert ist. Laut dem Rough Guide der Israelis sind
die ganzen Staudamm- und Straßenbauten komplett
schuldenfinanziert, 90% der türkischen Staatsausgaben gehen
mittlerweile in den Schuldendienst. Je ein Staudamm ist noch geplant in
der Mitte zwischen Artvin und Yusufeli, ein zweiter flußab direkt
vor Yusufeli.
Die Israelis waren schon am Karagöl-See. Sie erklären
den Holländern und mir den Weg ab der Straße, wo das 7.00
Uhr Sammeltaxi hält. Die Holländer machen morgen eine
Tagestour zum Karagöl, die Israelis nehmen das Dolmus 17.00 Uhr
nach Yaylalere/Olgunlar (2200m). Spätabends kommt noch eine
14köpfige Gruppe Israelis, große Abendtafel. Irgendwer
spendiert Rakija; 23.30 Uhr Nachtruhe. Angela kann immer noch nicht
schlafen, großes Drama.
Sonntag,
18.9.:
7.30 raus, Super
Frühstück. Dramatische Debatten, Planung, Gepäck
aussortieren zum Hierlassen, Einkauf. Entscheidung für
Kacgar-Schleife + anschließende Karagöl-Tagestour. Teatime
Kochertest mit Uzungöl-Kanistertankstellen-Benzin, klappt bestens.
Auf der Terrasse auf's Dolmus nach Olgunlar warten, soll zwischen 15.30
und 17.00 Uhr kommen. Ab 13.00 Uhr dicke Wolken über dem Kacgar,
ab 15.00 Uhr 20 Minuten Regen hier im Tal. Dolmus kommt 17.00 Uhr, beim
Abmarsch verlangt plötzlich ein Typ vom Hostel 5 Euros für
Rakija, die Holländerin kommt dazu, findet den Preis
überzogen, der Typ ist beleidigt, will jetzt gar kein Geld mehr.
Als wir schon im Auto sitzen, reicht er mir Last Minute noch den
Daypack durchs Fenster ...
Wir fahren dann durch einen wildromantischen, bewaldeten Felsen Canyon
hoch nach Olgunlar auf 2200 Meter. Einige Kilometer vor Olgunlar
beginnt die karge Hochgebirgssteppe. Der Fahrer hat wieder mal eine
Pension, allerdings in Yaylalere, einige km vor Olgunlar. Dort sollen
wir bleiben, es gibt extra einen Stop, Tee wird spendiert, Eier werden
ausgeladen. Weiter geht's, weil niemand hier bleiben will.
Sind in der Abenddämmerung in Olgunlar, halten vor der Pension
eines Freundes unseres Fahrers, der gleich unsere Rucksäcke in
seine Pension räumen will ... Mikka & Co. gehen aber in die
Nachbar Pension, wir campen einen Kilometer oberhalb. Gegen 20.00 Uhr
beleuchtet der Vollmond das karge, weite Tal.
Montag,
19.9.:
7.30 raus,
Kaffee, Frühstück, abbauen, da kommen schon unsere beiden
Israelis auf Tagestour Richtung Dilber Düzü Alm. Sie wollen
morgen auf dem kurzen Weg über Körahmet nach Ayder. Wir
packen fertig und starten auch Richtung Dilber Düzü. Auf
halber Strecke ein wildes Naturstein Wellblechdach Sommerdorf, eine
Familie ist noch da, eine buntgekleidete Frau ist am Morgen mit ihrem
Esel an unserem Zelt vorbei gezogen.
Finden dann gleich um die Ecke vor der eigentlichen Dilber
Düzü Alm ein tolles Aussichtsplateau über dem
Fluß, beschließen aber, nicht hier zu bleiben sondern
gleich bis zum Deniz Gölü See aufzusteigen. Auch wenn es dort
lt. unserem 16 Jahre alten Wanderführer angeblich nur Platz
für ein einziges Zelt geben soll. Treffen auf der Dilber
Düzü eine Griechin samt türkischem Guide mit
Höhenmesser & North Face VE24 Zelt. Enorm anstrengender
Aufstieg zum See bei grandioser Abendbeleuchtung.
Als wir den See in 3300 Meter Höhe erreichen, bin ich ziemlich
platt. Es waren heute immerhin 1100 Hm mit unserem Mordsgepäck zu
Fuß. Außerdem innerhalb von 24 Stunden satte 2200 Hm,
zuviel für eine ausreichende Akklimatisierung. Angela fühlt
sich noch topfit. Ein Zelt steht schon da, bestückt mit 2
israelischen Schwestern. Wir finden einige Meter weiter noch einen sehr
guten, mauer-umrandeten Platz in bester Panoramalage.
Eine israelisch-kanadische Gruppe kommt gerade vom Gipfel zurück,
schnappt ihre Rucksäcke und zieht eilig Richtung Nameless Lake auf
der Suche nach einem warmen Campingplatz. Sie wissen nicht, dass es auf
der anderen Seite noch Stunden in dieser Höhenlage weiter geht ...
Ein türkischer Guide hatte wohl erzählt, daß es heute
Nacht einen Temperatursturz auf -15 Grad geben soll. Kann ich aber beim
besten Willen nicht glauben. Er wollte wohl eher die Leute von den
wenigen zum Zelten geeigneten Stellplätzen fern halten, um seine
Leute hier unter zu bringen. Oder es war ein schlechter Scherz.
Tatsächlich bleiben die Temperaturen nachts sogar über Null
...
Dienstag,
20.9.:
7:00 raus.
Nachts Höhenprobleme, kaum geschlafen, dicker Kopf, Nase
läuft. Stahlblauer Himmel, die Morgensonne scheint ins Zelt. 7.40
Uhr Blitzstart Richtung Gipfel. Steinmännchen-Wegsuche, wir
verhauen uns, das kostet 30 min Umweg, bekommen später mit, dass
das ein brauchbarer Alternativ-Weg gewesen wäre.
Der Wanderführer ist für den Weg zum Gipfel völlig
unbrauchbar. Vorn am Hügel über dem Ufer entlang, hoch zum
Bach, runter ins Ex-Gletscher-Tal, über die Endmoräne,
über den Hügel gegenüber, dann Einstieg in die Wand und
Steinmännchen suchen. Geröll-Kraxelei bis zum Gipfel.
Unsere Zelt-Nachbarinnen sind heute schon zum zweiten Mal oben, kommen
uns 10 min vor dem Gipfel entgegen, sind 6.00 Uhr gestartet. Seit ca.
9.00 kommen aus Richtung Süden (!) Wolken auf. Die letzten 200 Hm
zunehmende Pausen, zum Schluß aller paar Schritte. 12.40 Uhr,
eine Minute nachdem wir auf den Gipfel mit letzter Kraft erreicht
haben, verschwindet die Sonne das erste Mal hinter den Wolken. Sie
kommt dann noch mal kurz, um jetzt für die nächsten 4 Stunden
ganz zu verschwinden.
Super Panorama, Richtung Süden allerdings schon komplett
zugezogen, eisig kalt. Die türkische Fahne flattert auf dem
Gipfel. 90% Israelis im Gipfelbuch, Russen, Iraner, aber keine
Deutschen. Abstieg nach 20 Minuten auf dem Gipfel, eine Minute nach dem
Start setzen Graupelschauer ein, der Gipfel zieht zu, zum Glück
gibt es keine Nebelsuppe. Im Abstieg ist der Pfad viel einfacher zu
finden.
Angela hat beim Aufstieg irgendwo ihre Windjacke liegen gelassen, wir
finden sie beim Abstieg aber nicht mehr. Von oben sehen wir, wie unten
am Wand-Einstieg 2 Leute den Aufstieg abbrechen un umkehren.
Schwieriger Rückweg-Aufstieg aus dem Gletschertal über den
nassen Schlamm der Seitenmoräne. Eine Stunde vor Erreichen des
Lagers Gewitter über uns. Dazu eine Mischung aus Graupel und
Regen, wir brauchen die volle Regen-Montur. Am Paß liegen zwei
gut gepflegte, frisch hingeworfene, steigeisenfeste Bergschuhe. Einer
mit herausgerissenem Oberleder, einer mit einer halb abgerissenen
Sohle.
Wir brauchen insgesamt 3 Stunden für den Abstieg. Unsere
Nachbarinnen fragen uns unten, ob wir morgen zusammen losziehen
können, weil die jüngere Schwester heute Fieber hat. Wir
einigen uns auf Startzeit 7.00 Uhr. Für eine Stunde kommt nochmal
die Sonne, dann immer wieder Graupel-Schauer. Angela liegt k.o. im
Bett, mir geht's heute etwas besser als gestern abend. Wir haben uns
beide einen leichten Infekt eingefangen, Nase und Hals schleimen. 21.00
Uhr Ruhe. Morgen die 4-Pässe-Tour.
Mittwoch,
21.9.:
5.45 raus, noch
leichte Restbewölkung. 6.15 Uhr Klasse Morgensonne. Heute war
leichter Nachtfrost, ca. 5 Grad kälter als gestern früh, im
Zelt waren es beim Aufstehen 6 Grad. 7.00 - 7.30 Uhr Windjacken
Suchaktion am Felsen über dem See, ohne Erfolg, die Israelis sind
schon los. Wir starten 7.30 Uhr, der steile Paß zum Nameless Lake
geht sich erstaunlich leicht und flott.
Der nächste Paß ist dann schon etwas härter, es geht
auf 3435 Meter hoch. Von oben versuchen wir, den Weiterweg zu
verfolgen, wir können uns aber nicht zwischen den 2
wahrscheinlichsten Pässen entscheiden. Steiler und rutschiger
Erd-Abstieg, fast alle legen sich einmal hin. Unter uns ein riesiges,
weites Hochtal mit reichlich Gipfeln, Seiten- und Quertälern. Sehr
schwere Orientierung ohne verünftige Karte. Die Israelis haben
eine handgeschriebene Reisenotiz, wir die grobe Skizze aus unserem
Wanderbuch, wo sich die Anzahl der Kämme abschätzen
lässt.
Wir entscheiden uns für den teils mit Steinmännchen
markierten Weg am unteren Ende um die zwei Quer-Rücken. Dann die
große Frage, geht es noch über den nächsten Rücken
über den weiten Paß oder über den zerklüfteten in
der Nähe. Die Israelis sind sich uneins, wir plädieren
für den ersten Paß, wegen der Entfernungs-Schätzung auf
unserer Kartenskizze. Die Israelis schließen sich an und laufen
vor, während wir uns trotz aufkommender dunkler Wolken (wieder von
Süden) ein ausgiebiges zweites Frühstück genehmigen.
Dann geht's durch eine bizarre Trümmerwüste hoch zum
Paß, markiert durch ein originelles, auf zwei Füßen
stehendes Steinmännchen nach Art eines japanischen
Schriftzeichens. Weiter auf teils exzellent ausgebautem
Panoramaweg (Seidenstraße ?) zum Paß / Plateau / Abstieg
nach Yukari Kavron. Pause mit grandiosem Blick in den bunten Kavron
Talschluß-Felskessel. Darunter liegt der Zeltsee. Wolkig, kalt.
Entscheiden uns gegen den Touri-Kommerz in Ayder und für das
Abenteuer. Wir steigen den großen Grashang nach links ab, ohne
Weg und ohne Markierung, aber gut zu gehen. Auf halber Höhe
ausgiebig Teatime bis die Sonne hinter dem Bergkamm gegenüber
unter geht.
Dann Abstieg zum Polovit Deresi Fluss. Zelten etwas erhöht auf der
anderen Seite des Flusses in einer Auen-Landschaft aus unendlich vielen
Quellen & kleinen Bächen. Abends ein kollosaler Sternenhimmel,
aber nasskalte Luft hier unten am Fluss. Essen, 21.00 Uhr Ruhe.
Donnerstag,
22.9.:
6.00 aufstehen.
Nachts ist der Schnupfen voll ausgebrochen, außerdem ein tierisch
verspannter Rücken, eingeschlafene Arme, bin nicht gerade topfit,
geht aber. Alles erstaunlich trocken heute morgen, trotz der nassen
Luft gestern abend. Kaffee kochen, 7.30 Start nach Apivanak.
Interessanter Yayla-Architekturmix. Frühstück in der Sonne.
Langer, monotoner Marsch in der Sonne auf der Piste nach Polovit. 3
Ortsteile, gut bewohnt, reichlich Kühe in der Umgebung,
Stromanschluß aus dem Firtina-Tal. Trinken geht nur noch aus den
reichlich vorhandenen Seit-Zuflüssen.
Weiter auf der Straße nach Hamlakit. Der Ort liegt direkt auf der
Baumgrenze, der Übergang von der Steppe zu sattgrünem Urwald
vollzieht sich auf 100 Meter ! Links aus dem Ort gehen die kahlen Berge
hoch, rechts die mit buntem Laubwald bedeckten. Unmittelbar hinterm Ort
beginnt dann ein grandioser Urwald-Panoramatrail, es ist der totale
Kontrast zu den letzten Tagen.
Es ist der Verbindungspfad zwischen Hamlakit und der Yayla Hasindak.
Links und rechts vom Pfad sind einige Bäume teils tief
angeschlagen, einige gefällt, dazu einige kleinere Lichtungen.
Ansonsten, vor allem auf der anderen Flußseite, ein absoluter
Urwald, quer durch alle Vegetationsstufen, vom Erlengehölz am
Flußufer über alte, flechtenbehangene Nadelbäume
zwischen Moosfelsen bis zu den bunt leuchtenden Sträuchern
oberhalb der Baumgrenze. Locker verteilt stehen die Urwaldriesen, von
rechts kommt aller paar Hundert Meter ein kleiner Canyon mit frischem
Wasser und teils Blicken bis aufwärts zur Baumgrenze.
Reichlich kaukasischer Riesenbärklau an den Wasserläufen,
wird hier ca. 2,5 Meter. Haare waschen und rasieren, dann zieht
Gewitter auf, 30 Minuten Regen, dann wieder Sonne. Plötzlich kommt
der Weg auf eine Wiese mit Wasserhahn, Bänken, Tischen &
Biwakplatz, dahinter steht in 200 Metern Entfernung auf einem schmalen
Bergrücken vor einer tollen Gebirgskulisse die Yayla Hasindak. Ein
Bilderbuch-Anblick.
Zelt aufbauen, packen für eine kleine Erkundungstour. Hoch auf den
Höhenrücken, der sich aus dem Dorf heraus zieht, über
die Nadelbäume zu skandinavischer Birkenvegetation auf der ersten
Kuppe, buntes Gestrüpp auf der nächsthoheren Stufe und Steppe
ganz oben. Vom Rücken Richtung Osten ein kanadisch wildes Tal mit
Abendbeleuchtung vom Feinsten; das ist auch der Blick vom Dorf, weiter
links geht's tief runter ins Tal Richtung Ayder.
Ein leichter Regenschauer im Sonnenschein krönt diese grandiose
Szenerie noch mit zwei Regenbögen. Wir laufen den Bergrücken
hinab ins Dorf, in Idyll aus schmucken Holzhäuschen. Eine Omi mit
Sockenbaum vorm Hüttchen gibt uns Brot und verweigert kategorisch
jede Bezahlung. Läßt sich mit einer zweiten Omi gerne
fotografieren.
Wir gehen dann ganz runter auf den "Dorfplatz", da hockt schon der Rest
der Yayla zusammen. Man will uns gleich einen Raum zum Schlafen geben
und fragt, ob wir auch genug zu essen haben ("Fast Food") und wo wir
schlafen und daß es einen guten Campingplatz gibt ...
Einer war bis 1984 in Deutschland, er lädt uns in seine Hütte
zu Tee (Kaffee) und leckerem Kuchen, bei Petroleum-Beleuchtung. Alles
von seiner Tochter zubereitet, die mit ihrem Mann + dem kleinen Sohn
auch hier oben lebt. Seine Frau hatte hier oben einen Unfall und
mußte mit dem Pferd über den Trail vor zur Straße
gebracht werden. Sie war dann 2 Monate in Rize im Krankenhaus und kann
jetzt nicht mehr in die Berge.
Er ist jedes Jahr 7 Monate in Istanbul und von Mai bis Mitte September
5 Monate in der Yayla. Morgen früh 8.00 Uhr fährt er
zurück nach Istanbul, die anderen Dorfbewohner gehen in 2 Tagen,
dann ist der Ort leer. Glück gehabt mit unserem Besuch !
Nach Ayder geht es hinterm Ort in nordöstlicher Richtung den Hang
hinunter, Richtung Ausgang des kanadischen Tals, ca. 3 Stunden Weg.
Gehen zurück zum Camp, WS-Mobilisation erfreulich erfolgreich,
Essen kochen (Pichelsteiner Gemüse, feine Sache), in der Yayla
ruft der Muezzin noch ohne Verstärker, sehr sympathisch.
Unglaublich warm hier oben nach dem schrecklich nasskalten Abend
gestern. 21.00 Uhr, 15 Grad. Gestern soll es hier heftig geregnet
haben. 22.00 Uhr Ruhe.
Freitag,
23. 9.:
7.00 raus,
Kaffee, beschließen, keinen Ruhetag und keine Tagestour zu machen
hier oben, sondern nach Ayder abzusteigen und dann nach Sumela zu
fahren. Packen, essen, da läuft die Familie unseres Gastgebers
schon ins Tal. Eine Omi folgt mit Rucksack 20 min später und macht
vorn auf der Bank eine Pause. Wir gehen ins Dorf, da wird gerade die
zweite Omi auf's Pferd gebunden und schon startet die zweite Familie
das Türken, der einige Worte englisch kann und mit Gewehr
losläuft.
Ein älteres Ehepaar bleibt noch, wir sollen noch Tee trinken,
ziehen aber lieber los. Geraten aber auf den Höhenweg nach Pokut
statt rechtzeitig nach Ayder abzusteigen. Dieser Weg ist noch
grandioser als der von gestern. Wir beschließen trotz desolater
Verpflegungslage, diesen Weg weiter zu gehen. Später lesen wir im
Müller, daß der Weg von Ayder hoch nach Hasindak und weiter
über Pokut runter nach Senyuva ausdrücklich als Wanderung
empfohlen wird.
Finden mehrmals blauen, reichlich mit Beeren-Kernen durchsetzten
Bärendung auf dem Weg. Phänomenale Höhenweg-Führung
unter locker stehenden Urwald-Riesen mit weiten Blicken zurück
nach Hazindak, Amlakit und Polovit.
Zunehmend aufkommender Nebel. Finden auf halber Strecke eine Wiese mit
dem bislang schönsten Blick: Zurück auf die
patagonienmäßig steil aufragenden Felsen der zentralen
Kackar-Berge hoch über den tiefer liegenden, herbstlich bunten
Urwaldbergen. Dazwischen winden sich Nebelfetzen. Treffen einen
trekkingmäßig ausgerüsteten ca. 30jährigen. Er ist
auf dem Weg zur Hütte seiner Eltern in Hasindak. Fragt uns, ob wir
genug Brot haben.
Kurz vor Pokut zieht es total zu, der (teils mit Felsplatten
ausgebaute) Weg führt uns (bis auf eine unklare Stelle)
zuverlässig nach Pokut. Am ersten Gehöft sind vier Typen
gerade beim Wellblech aufbringen. Einer lädt uns ohne Widerrede in
die benachbarte Hütte zum Tee ein. Ein zweiter spendiert uns ein
leckeres vegetarisches Kartoffelgericht inkl. reichlich Nachschlag,
Joghurt, Brot, Weintrauben und noch mehr Tee. Wir sind pappesatt.
Freundliche Verabschiedung, wir machen uns an den Abstieg, vermeintlich
nach Ayder, tatsächlich geht's nach Senyuva ... Treffen am
Ortsausgang einen perfekt englisch sprechenden Macher samt Frau und
nagelneuem Mercedes-Jeep, haben gerade frische Beeren aus dem Wald
geholt und wollen uns einladen. Haben aber Verständnis, dass wir
weiter wollen.
Direkt hinter Pokut beginnt eine roh ins Gelände geschlagene,
überbreite LKW-Piste, die ganz frisch über den alten LKW Weg
planiert worden ist. Nach einigen hundert Metern beginnen dann
ausgedehnte Kahlschläge, die sich ca. 1000 Hm (!) nach unten
ziehen. Es ist ein einziges Bild der Verwüstung, der Nebel
paßt dazu und die kaum begehbare rohe Felsbrocken-Straße,
die weiter unten in zerwühlten, roten Regenwald-Schlamm
übergeht.
Einige Typen sind mitsamt ihres roten LKW damit beschäftigt,
kleinere Hölzer, die noch von der großen Abholz-Aktion
übrig sind, auf den LKW zu packen. Wir sollen einsteigen,
verzichten aber dankend. Der dicke Truck hat ziemliche Schwierigkeiten,
in den engen und steilen Kurven zu manövrieren.
Wir passieren das Holzfäller-Camp, in Plastikfolie gehüllt,
mit Guckloch zum Reinschauen. Kurz danach eine eingefaßte Quelle,
noch von der alten Almstraße, gebaut 1999. Weiter unten sind alle
Quellen so verschüttet wie der alte Weg. Kurz vorm Tal, im Bereich
des nicht abgeholzten Erlenwaldes, dann endlich ein Rohr rechts im
Straßengraben, aus dem frisches Quellwasser kommt. Es wird
langsam dunkel, wir sind schon ca. 1000Hm ab gestiegen, Start in Pokut
war 14.30 Uhr.
Seit dem Start nirgendwo auch nur die Spur einer zum Zelten geeigneten
Stelle, alles vom Abholzen und Straßenbau verwüstet.
Dann die ersten Häuschen, am Hang eins stockdunkel mit einer
kleinen, geeigneten Zeltfläche. Dann ist aber doch jemand da, als
wir ums (uralte) Haus gehen. Wir werden ins Hotel geschickt, angeblich
nur 30 Minuten weiter ins Tal. Wir schleppen uns mit letzten
Kräften weiter runter ins Firtina-Tal, sammeln dabei unterwegs
noch einen großen, freundlichen Hund auf, der uns bis zum
nächsten Morgen bewacht. Wir zelten dann gleich hinter der
Einmündung ins Firtina-Tal auf der Sitzgruppen-Freifläche
zwischen Atatürk-Denkmal und einer Teestube.
Bank umstellen, dann ist genug Platz. Sind nach ca. 1500 Hm
Gepäck-Abstieg total platt. Unser treuer Hund verbellt jeden der
Holzlaster, die noch bis tief in die Nacht aller paar Minuten das
Firtina-Tal herunter kommen. 22.00 Uhr nach ein paar Insekten-Stichen
Nachtruhe.
Samstag,
24.9.:
7.00 raus,
Toilette mit Spiegel & Seife gleich hinterm Zelt. Den Hund
begrüßen, packen, der Chef der Teestube kommt und lädt
uns auf einen Tee ein. Wandern dann ins Tal, schöne alte
Steinbrücke, sattgrüne Schlucht, wilder Fluß, kaum
Verkehr. Ein Restaurantbesitzer nimmt uns mit bis zu seinem Restaurant
in Camlihemsin, einem netten kleinen Städtchen neben dem
Fluß in einem schmalen Canyon.
Einkaufen, Batterien, Toilettenpapier, Lebensmittel, leckeres warmes
Brot. Laufen zur Dolmus-Haltestelle am Ortsausgang, 5 Minuten
später sind wir unterwegs nach Pazar. Nach einigen Minuten Fahrt
das nächste Katastrophenbild: Die auf Eis gelegten
Staudammpläne für das Firtina-Tal werden jetzt verwirklicht,
der Bau des Dammes hat begonnen, Camlihemsin und das berühmte
Firtina-Tal sind auch zum Abschuß freigegeben, genau wie die
Urwälder und Canyons im Süden des Kackar.
Kurz vor Pazar an der Tankstelle in Ardesan raus aus dem Dolmus, Kocher
betanken. 2 Minuten später Bus-Stop Richtung Trabzon. Längere
Verpflegungs-Pause an der nächsten Tankstellen-Raststätte.
Sehen unterwegs 2 Unfälle, einer ganz frisch, umgekippter LKW,
dazu ein böse zerquetschter PKW nach
Frontalzusammenstoß, ein Typ mit zerfetztem Bein wird zum Auto
gebracht.
Der Fahrer setzt uns Nähe Ortseingang Trabzon ab, direkt am 10
Minuten später startenden Bus nach Macka. Man will uns gleich ein
Taxi nach Sumela bestellen ... Wir bleiben in Macka, suchen das lt.
Müller gute und günstige Hotel, das hat nach Auskunft des
Chefs der Teestube daneben seit 6 Monaten geschlossen, ist pleite.
Jetzt ist das günstigste Hotel ca. 60 ... 70 Lira.
Zufällig (?) fährt gerade der Chef des Sumela-Campings bei
ihm vor, wir steigen gleich in seinen Jeep, machen noch einen kurzen
Stop zum Brot kaufen, dann einige km raus aus dem Ort zum Camping
Restaurant am Fluß, wo wir di einzigen Camper sind.
Mühsames Starten der Gas-Therme, dann ausgiebiges Duschen &
Wäsche waschen. Innovative
Plastikbeutel-Wäscheklammer-Lösung von Angela zwischen den
Bäumen vorm Restaurant, alles kein Problem. Die dicken Wolken
liegen ca. 150 Hm über uns. Zum Glück gibt es heute kein
Dolmus mehr bis hoch. Sehr angenehme Temperaturen hier, 22 Grad trotz
dicker Wolken, noch um 18.30 Uhr. Schon den ganzen Tag schwülwarm.
Der Camp Chef kommt, er hat den Dolmus-Fahrer nach Sumela angerufen,
daß er uns morgen am Camp abholt, ca. 10.30 Uhr. Ab 21.30 Uhr
Gewitter & heftiger Regen, Wassereinbruch an der Naht oben
über dem Eingang durch den Reißverschluß. 23.00 Uhr
Ruhe. Gelegentlicher Straßenlärm wird vom Fluß
übertönt.
Sonntag,
25.9.:
7.00 auf,
große Trockenaktion, der Chef spendiert uns zwei Kaffee.
Ausgiebig Frühstück, der Chef läßt uns noch zwei
Tee bringen. Bis auf die dicken Socken sind alle Klamotten trocken
durch die Morgensonne. 10.20 Uhr an die Straße, Dolmus kommt
nicht bis 10.50 Uhr, trampen, erst PKW, dann Pickup, Fahrt durch
wildromantische Fels- und Waldlandschaft, gespickt mit Urwaldriesen.
Sumela-Ankunft: Einiges an Kommerz im Tal, viele Reise- und Kleinbusse.
Aufstieg zum Kloster mit Rucksack, großes Hallo bei den entgegen
kommenden Massen aus aller Herren Länder. Mit dem Erreichen des
Klosters setzt ein heftiger Schauer ein. Wir sitzen bequem und trocken
auf einer Steinbank unter den Rundbögen; Brotzeit.
45 Minuten später Regenende, kalt, neblig, feucht, wolkig, windig.
Den oberen Weg entlang zur Straße. Am Abzweig in die Berge kommen
uns LKW's voll mit Kühen & frierenden Bauern entgegen.
Beschließen trotzdem Aufstieg. Alle paar Minuten kommen uns
LKW's mit Bauern und Kühen und Fahrzeuge mit
Wochenend-Ausflüglern entgegen.
Alle grüßen uns begeistert bis auf ein Auto mit
jüngerer Besatzung, die wollen uns erzählen, daß es
oben nicht weiter geht.
Wir gehen noch bis zum Beginn des Alm-Geländes, dort herrscht ein
ziemliches Wirrwarr alter und neuer Straßen. Ich suche 30 Minuten
lang einen brauchbaren Zeltplatz, 15 Minuten davon im wieder
einsetzenden Regen. Überall liegt Picknick-Müll. Wir gehen im
Wald entlang der alten Straße links vom Fluß 5 Minuten
flußaufwärts hoch, statt der neuen, häßlich in
den kahlgeschlagenen Westhang gefrästen Straße zu folgen.
Rechts vom Weg am Fluß ein schöner Zeltplatz auf Moos unter
Bäumen. Es kommt kaum Regen unten an, erst später kommt dann
doch etwas durch. Kein Essen kochen, nur Brote. Lesen & Planen.
22.00 Uhr Ruhe.
Montag,
26.9.:
6.00 wecken,
6.40 raus, kalte Füße, hatte keine Socken an, nachts in die
warme Daune gewechselt, ca. 10x nachts Arm-Probleme. Kaffee + Keks,
packen, 8.00 weiter aufwärts am Fluß, durch schönen
alten Nadelwald bis zur Furt an der Alm. Rüber waten,
Frühstück.
Hoch zur Straße, Aufstieg, links der total vom Straßenbau
zerstörte Almhang, rechts eine schöne Fels- und Wald-Wildnis
+ Fluß-Canyon. Dann zunehmend flache Steppe, weite
Hochtäler, ein beeindruckender 3000er, eine kleine Siedlung mit
quadratischen Häusern, Spitzdächern und
Kuhdung-Ritzenfüllungen. Nicht eine Satelliten-Schüssel !
Immer noch viele Kühe und Schafe zu dieser Jahreszeit, weite
Landschaft. Ein Mädchen schenkt uns ganz begeistert zwei der
Matschbirnen, die wir schon gestern zusammen mit den grasgrünen
Äpfeln von einem Autofahrer bekommen haben. Dann weiter, flacher
einsamer Aufstieg Richtung Paß entlang des Baches, zwischen den
beiden Straßen. Lager aufschlagen ein einer freundlichen
Mini-Canyon-Ecke ca. 1 km vor dem Schlußanstieg in einer
skandinavisch weiten und kargen Gras-Berglandschaft. Eine große
Schafherde in einem Kilometer Entfernung. Nasse Schuhe, aufgerissenes
Innenfutter, abgelöste Brandsohle. Aufbauen, Wasser desinfizieren,
Süppchen kochen.
Heute früh schon ab 10.30 Uhr erste Wolken. Ab 14.00 Uhr verfolgen
uns von hinten dichte Nebel und dunkle Wolken, einzelne Regentropfen
holen uns immer wieder ein, aber kein Regen ! Ab 21.00 Uhr dann
glasklarer Sternenhimmel.
Dienstag,
27.9.:
6:00 raus, alles
gefroren, dick Rauhreif auf dem Zelt, Schlafsack feucht. Super Wetter,
der Talkessel und der 3000er leuchten golden im glasklaren Morgenlicht.
Kaffee kochen, flott packen, 7.00 Uhr Start. Aufstieg zum Paß,
Schild 2700 m. Waren ca. 150 m Aufstieg vom Lager zum Paß, Lager
war ca. in 2550 m. Eine kleine Siedlung, weitgehend schon verlassen,
Wasser kein Problem.
Dann hinter dem ersten kritischen Abzweig eine große Yayla, wir
werden begeistert empfangen, man rüstet sich gerade für den
morgigen Abmarsch. Fotos machen, Adressen tauschen, Tee und ein
leckeres Riesen-Frühstück. Man studiert hoch interessiert
unsere Landkarte und testet die Wanderstöcke. Dann kommen die
Rucksäcke in den Jeep, Großvater (67 Jahre) fährt uns
samt Essen für die Friedhofs-Renovierer (erster Weltkrieg) hoch
zum Paß. Angela oder ich sollen den Jeep fahren ...
Oben muß ich Bilder vom Friedhof und vom unten liegenden Dorf
machen und versprechen, dass ich die Fotos zu ihm nach Trabzon schicke.
Auf der anderen Paßseite werden wir noch ein Stück runter
gefahren, quer durch eine großartige, Südwest-USA
mäßige, bunte Canyon- und Wüsten-Landschaft mit Espen
an den erodierten Hängen. Ein uraltes Dorf in einem
Seitental. Bärenspuren auf dem Weg. Steigen ab in den Canyon,
große Zelt- und Schlafsack-Trockenaktion, komplett waschen und
rasieren im Fluß.
Talwärts kommt ein schönes Dorf inmitten einer grünen
Oase. Freundliche Begrüßung, Kuhdung trocknet überall,
eine Deutsch-Türke macht mit seinem Digital-Apparat Fotos von uns,
ist gerade auf Heimaturlaub. Weiter unten dann wieder große und
kleine Krallen-Tatzen im frischen Schlamm vom gestrigen Regen.
Viele gute Zeltplätze am Fluß. Am Rechts-Knick des Canyons
eine üppig grüne Oase mit christlich-moslemischer Kirche und
großem Dorf vor wilder Wüsten-Berg-Kulisse. Laufen um den
Knick runter zur Hauptstraße, werden von winkenden Leuten zum
Schlafen eingeladen, ziehen aber weiter. Waten am Dorfende durch den
Fluß, einer sieht uns und kommt hinterher. Erzählt irgendwas
und ist offensichtlich ziemlich erstaunt, daß wir nicht im Dorf
schlafen, sondern in den Bergen campieren wollen.
Verabschiedung und Aufstieg in einen Wüsten-Canyon voller
Zikaden-Stimmen und mit schön gerader Zeltfläche. Aufbauen,
kochen, die letzte Suppe brennt an. Wir essen das letzte Brot mit
Butter, den letzten Käse, dazu das letzte Stück Gurke, etwas
Schokolade und ein halbes, 4 Tage altes Gebäck.
20.00 Uhr: Angela schläft schon, ich schreibe. Dann nähern
sich Stimmen, halten vor dem Zelt, in deutsch befiehlt man uns, heraus
zu kommen. Kriechen im Scheinwerferlicht aus dem Zelt. Draußen
sind 2 Zivilisten und eine Gruppe im Kampfanzug mit Kalaschnikows.
Wir müssen die Reisepässe zeigen. Einer der Zivilisten ist
der Bürgermeister, der zweite ist der Bruder der Frau des
Bürgermeisters, kann deutsch, wohnt in Mainz. Erklärt uns,
daß es hier viel zu unsicher ist. Entschuldigt sich für die
Störung vom Commandante. Wir sollen abbauen und Gast beim
Bürgermeister oder beim Commandante sein. Besser aber beim
Bürgermeister, wegen der besseren Verständigung.
Packen, absteigen, großes Hallo bei der Flußdurchquerung,
unser Dolmetscher holt sich nasse Füße, wir sind fein raus
mit unseren Stöcken, hüpfen von Stein zu Stein. Oben an der
Straße stehen noch 5 Typen mit Kalaschnikow und sichern den
Einsatz; Gendarmerie, zuständig für alles außerhalb des
Ortes.
Werden dann zum Bürgermeister gefahren, rein in die gute Stube.
Man ist gerade dabei, große, weiße Zucker-Bohnen
auszupuhlen, die Aktion geht bis 22.30. Wir können gerade noch die
Zubereitung eines großen Gastmahles abwenden. Es gibt dann ein
leckeres Kartoffelgericht, Käse, Brot, Butter, Honig, Tee. Der
Bürgermeister ist 46 Jahre, seine Frau schluckt Schmerztabletten.
Terroristen haben vor 4 Wochen einen Soldaten umgelegt, deshalb die
Nervosität wegen uns. Wir sind dem Typen, der uns gestern
nachgestiegen ist, aufgefallen, weil wir nicht in
Straßennähe übernachtet haben, sondern nachts noch ins
Hinterland abmarschiert sind. Das war wohl nicht ganz die Norm gewesen
... Er hat deshalb die Gendarmerie und den Bürgermeister
alarmiert. 23.30 Uhr Rückzug in unser Gemach.
Mittwoch,
28.9.:
7.00 raus, zum
Frühstück gibt's leckeren gebratenen Fisch (Angela hatte
gestern erzählt, dass sie fischessende Vegetarierin ist), Brot,
Fladenbrot, Butter, Honig und Marmelade. Beidseitiges Foto-Shooting vor
dem neuen, vor 2 Jahren gebauten Haus mit den Riesen-Zimmern.
Mit dem (privaten) Mukhtar (=Bürgermeister) Van vor zum Abzweig
nach Pirahmet / Erzincan, vorbei am 300-Insassen-Gefängnis der
Region. Zufällig kommt gerade der Commandante mit seiner
Mannschaft vorbei, steigt nebst Subcommandante aus, Fotoshooting,
Adressen-Tausch. Der Commandante möchte gerne eine Ansichtskarte
aus München.
Wir fahren weiter nach Pirahmet, bei Bekannten Pflaumen essen. 9.30 Uhr
Fernbus-Stop Trabzon-Erzincan. Lipton-Tee vom Steward für alle.
Vorbei an Wüstenbergen und der neuen Aserbaidshan-Pipeline am
zweiten Paß. Nach zwei Stunden in Erzincan. Sofort kostenloser
Shuttle zum Bahnhof, der nächste Zug nach Shivas geht 16.30 Uhr.
Wir fahren gleich wieder mit dem Shuttle retour zum Busbahnhof, vorher
gibt's noch eine kleine Stadtrundfahrt: Modernes, sauberes und
sympathisches Stadtbild vor beeindruckender Bergkoloß-Kulisse. Im
Süden sind die bizarren Munzur-Berge gut zu sehen. Die sind aber
angeblich noch zu gefährlich wegen anhaltender
PKK-Aktivitäten, soll wohl das Zentrum des PKK-Terrors sein.
Wir fahren deshalb weiter auf der Nord-Route, heute bis Sivas. 3
Stunden Fahrt + 30 Minuten Pause an der Raststelle der Busgesellschaft,
mitten in der Pampa gelegen. Wir fahren auf einer vierspurigen, teils
noch im Ausbau befindlichen, kaum benutzten Schnellstraße durch
meist menschenleere Landschaften voller Wüstenberge, im ersten
Teil der Strecke durch absolute Schutthalden-Mondlandschaft.
Später kommen dann wenigstens mehr landschaftliche Formen dazu und
gelegentlich sogar ein noch bewaldeter Hang. Parallel zur Straße
über weite Strecken die frisch vergrabene Aserbaidshan-Pipeline.
Sivas: Dolmus ins Zentrum, Hostel suchen, Stadtrundgang. Sehr lebendig,
total von Studenten dominiert. Reichlich Internet-Cafes auf der anderen
Seite des Parks, eine Stunde Surfen in einem verräucherten Cafe,
beaufsichtigt von einem Türkisch-Berliner auf Urlaub. Er findet
Sivas genau richtig zum Wohnen, nicht zu groß und nicht zu klein.
22.00 Uhr Ruhe.
Donnerstag,
29.9.:
7.15 raus,
nachts volles Rohr eine Moschee gleich nebenan. Frühstück,
Dolmus, Busticket, Tee mit Ex-Gastarbeiter, jetzt
Geschäftsinhaber, im Busbahnhof. Airan trinken, Memos schreiben,
10.00 Start nach Amasya. Wolken, etwas Regen. Gegen 14.00 Uhr da, Hotel
suchen, wie so oft ca. 50% Preissteigerung seit Müller 2004.
Amasya: Spektakuläre Lage in einer wilden Felsen-Umgebung, heller
Fels, nördlich des Flusses um den Burgberg noch überwiegend
alte türkische Häuser, teils renoviert, teils
abrißreif. Früh eine Sandale gerissen, unser Schuster an der
Ecke repariert sofort und klebt auch gleich noch die Brandsohle an die
Bergschuhe. Macht insgesamt 1 Lira !
Abends mittelmäßig essen in der Altstadt. Südlich vom
Fluß: Unsere Hotelgasse ist Fußgängerzone.
Freitag,
30. 9.:
7.30 raus,
Ruhetag. Weit links vom Ali Kaya den Hang hoch, Kaffee kochen. Reichlich Tee- und
Walnuß-Einladungen während des Aufstiegs.Vorzügliches
Mittagessen mit Panorama im Ali Kaya: Erstklassiger Fisch, Salat,
Pommes, Ayran, Brot. Aufstieg durch die
"Wildnis-Erschließungszone" mit reichlich Baustellen und neuen
Villen zum Canyon bis kurz unter den Rim, üppig grün, weiter
unter vielen (unbekannten) Obst- und Fruchtbäumen, dazu
Vogelgezwitscher wie im Frühling.
Weiter unten begeisterte Kinder-Massen. Baum-Entastungs-Aktion, die
alten Holz-Strom-Masten werden durch neue Stahl-Masten ersetzt. Werden
über ein privates Grundstück umgeleitet. Überall sind
Walnußernte und -Trocknung im Gange. Ab 15.30 Uhr bewölkt.
17.00 Uhr wieder ok. Abends stundenlang Internet, emails aufarbeiten
etc. Vor unserem Hotel wüten zwei Laden-Betreiber bis 23.00 Uhr
mit dem Trennschleifer.
Samstag,
1.10.:
7.15 raus,
Dolmus-Bus-Bahnhof, gleich ein Bus nach Havza. In Havza 1,5h
Aufenthalt: Guter türkischer Kaffee, Eis, ungemein leckerer
Hackfleisch-Lahmacun, Weintrauben, Tee-Einladung.
11.30 Start Minibus Kastamonu. Flotte Fahrt über holprige Strecke,
rechts ein Stausee mit Kiefern-Kalk-Gebirge, zwei längere Stops,
1x in Boyabat (Schuhputzer- &
Simit-Verkäufer-Kinder-Gruppen auf Kundensuche), 1x in
Tasköprü (Tee vom Wirt geschenkt).
Kastamonu: Relaxte Atmosphäre, ruhiges Panorama-Zimmer im 5. Stock
im Hotel Selvi, mit Riesen-Terrasse davor. Aufstieg zur Burg durch die
schöne, ausgedehnte Altstadt mit (alten) Ziegeldächern und
schönem Blick auf die Stadt in der Spätnachmittags-Sonne.
Sehen in der Stadt ein Bild vom "Küre Dagi Milli Park".
Großer Wochenmarkt, ziemlich unpassende
Mehretagen-Stahlkonstruktion in der Altstadt, "kaufen" 4 Paprikas
(geschenkt). "Kaufen" 100g türkischen Kaffee, geschenkt ... 22.00
Uhr Ruhe.
Sonntag,
2.10.:
7.15 raus,
Kaffee und Eier kochen, super-leckeres rundes Weißbrot zum
Frühstück, Tomate, Honig. Seit 2003 nagelneuer,
großzügiger, sehr moderner Busbahnhof etliche Kilometer
nördlich. Einer bringt uns zum Stadtbus, der Busfahrer war 5 Jahre
in Nürnberg, spendiert uns Tee, 3 min später ist Abfahrt. Der
nächste Bus nach Agli geht erst 12.00 Uhr. Lesen, Obst und Brot
kaufen, Cafeteria, Fotos vom Busbahnhof machen, ein Taxifahrer ist ganz
begeistert von meiner F717, will gleich wissen, wieviele Dollar das
Teil gekostet hat. Bestellen in der Cafeteria Kaffee sade, ist aber
trotzdem etwas Zucker drin.
12.00 Uhr geht der Minibus nach Agli, bis Agli trotz grüner Linie
in der Karte nur öde Steppe. Wir fahren noch weiter bis zum
Abzweig nach Senpazar, weiter geht nicht. Ist schon etwas grüner
hier. Kaum Verkehr. Autostop bis Senpazar durch eine schöne Fels-
und Wald-Landschaft. Wir laufen weiter Richtung Cide, eine Familie
nimmt uns noch ein Stück mit bis zu einer Brücke über
einen Fluß, der in einen wilden Dschungel-Felsen-Canyon
führt, zumindest am Anfang, später nicht mehr einsehbar. Wir
wollen gerade loslaufen, als ein nobles Auto mit einem jungen
türkischen Pärchen hält. Wir fahren hoch zum Paß,
oben steht ein Schild mit "Küre Daglari Milli Park", ringsum
toller subtropischer Wald und Canyon-Blicke. Gleichzeitig ist der
Paß der Beginn einer grandiosen, weiträumigen Landschaft aus
Kalkfelsen und üppigem Dschungel. Besonders eindrucksvoll ist der
Kammbereich.
Wir fahren auf einer neuen, wie üblich brutal in den Berg
gefrästen Straße und kommen nicht mehr auf die alte
Straße von Azdavay, wo wir laut unserer Karte hätten
einmünden müssen. Ist wohl eins der vom WWF befürchteten
Straßen-Projekte.
Steigen aus am weiten, sichelförmigen Strand von Cide, breiter
Fußgänger-Boulevard, dahinter eine kaum befahrene, breite
Straße. Noch keine Anzeichen für den bevorstehenden
Autobahnbau. Ausgiebige Brotzeit an der Landzunge am Strandbeginn. Wir
laufen los, ein weinrot gekleideterTyp mit rotem Fahrrad lädt uns
zum Tee ein, ist ein Rentner aus Essen, dazu kommt noch ein
Rentner-Kumpel aus Berlin. Er meint, die alte Straße nach
Kastamonu war schmal und schlecht, mit der neuen Straße wird aber
alles gut ... Er meint auch, daß die neue Autobahn auch in Cide
über den Strand führen wird.
Wir sollen unbedingt bei ihm übernachten, laufen dann aber weiter.
Ein Klein-Transporter nimmt uns mit bis zur Bucht von Gideros. Wir
laufen runter zum Wasser, ganz unten eine Kneipe mit einem Tisch voller
Gäste und einem Tisch der Wirts-Familie. Wir werden gleich
eingeladen zum Tee, Fettbrot, Äpfel, Walnüsse. Der Patriarch
kommt zu Fuß die Bucht herab gestiegen. Sollen erst hier unterm
Vorbau zelten und morgen nicht vergessen, die Tür zu
schließen. Sollen dann aber bei seinem ein Bier nach dem anderen
trinkenden Kollegen übernachten.
Kleiner Rundgang, dann ist der Kollege weg, sollen doch wieder zelten.
Zelt aufbauen, dann kommt erst die Frau vom Kollegen und will uns etwas
erzählen. Dann kommt noch der Patriarch mit dem Sohn vom
Biertrinker vom Boot zurück. Wir sollen wieder abbauen und zum
Kollegen gehen. Das tun wir dann auch. Es gibt ein bescheidenes Zimmer
beim Kollegen und eine Knoblauchsupper + ein leckeres Fischessen. Dazu
Fernsehen (>100 Programme), aber kein Wasser aus der Leitung. Der
Biertrinker schläft friedlich seinen Rausch aus, während wir
essen. Wird dann aber doch noch wach und bekommt noch ein
Knoblauch-Süppchen am mobilen Hocktisch.
Großes Haus, sehr schlichtes Interieur, eine scheue kleine
Tochter, ein Sohn mit "Good Bye"-Marotte. Überaus freundliche
Leute. Eine katastrophale Matratze und zuviel Tee im Blut.
Ruhe.
Montag,
3.10.:
Nachts legt
selbst hier eine Moschee los, begleitet von mehrstimmigem Hundegeheul,
das noch bis Sonnenaufgang anhält ... Dazu Regen. 7.15 raus,
packen, dann wird die Familie wach (bis auf den Vater). Man fragt uns
nach Tee, bereitet aber ein gigantisches Frühstück mit
reichlich vorzüglichen Bratkartoffeln, Oliven, Eiern,
Feigen-Konfitüre und natürlich Tee & Brot. Dazu unsere
Butter und Gewürze. Danach sind wir echt genudelt.
Zum Abschied steht der Chef extra auf. Es hört auf mit regnen !
Der Sohn kommt mit hoch zur Straße, er will nach Cide. Der
Verkehr geht gegen Null am Montag vormittag. Wir laufen die
schöne, üppig grüne Kalkfelsen-Küste entlang, bis
es reicht. Stoppen dann einen Klein-Transporter. Als wir einsteigen,
beginnt es wieder zu regnen.
Mit Angela auf dem Schoß sitzen wir zu viert in der engen
Fahrer-Kabine. Fahren bis Kurucasile. 2 km vor Kurucasile kommen wir
durch die Siedlung Kapisuyu, gelegen an einem spektakulär
schönen kleinen Sandstrand unter Kalkfelsen, eingerahmt von bis
runter ans Meer reichendem subtropischem Regenwald.
In Kurucasile geht es zum Möbelhaus des Beifahrers, Tee trinken,
Digitalfotos anschauen am Computer. 12.00 Uhr im übervollen
Minibus nach Bartin. Es gibt keine Direktverbindung mehr nach Amasra
seit dem Bau der neuen Beschleunigungs-Strecke 6 km vor Amasra.
Wilde Buchten-, Pässe- und Kurvenfahrt, steigen aus am Abzweig in
einer ziemlich verwüsteten, weithin sichtbaren Tagebaulandschaft.
Es ist der Amasra-Abzweig der in bester türkischer Bauweise so
unästhetisch wie nur möglich direkt aus dem Gebirgskamm
gefrästen Beschleunigungs-Strecke.
Eine gute Stunde Fußmarsch, meist im Regen, bis zu einem
Aussichtspunkt über Amasra mit beliebter Quelle. Ein Sammeltaxi
von Cakraz überholt uns, zumindest von dort scheint es also noch
eine Direkt-Verbindung zu geben. Es ist kalt und stürmisch
geworden. Kaffee kochen am Aussichtspunkt an der Quelle. Frei
herumstehende bequeme Stühle + ein Tisch mit Top-Amasra-Blick,
sehr komfortabel.
Eine 5-Kinder-Familie mit Kleinbus und Wasserkanister fragt uns, ob wir
mit runter in die Stadt wollen. Wir wollen natürlich, es geht
runter zum Osthafen. Dort stürzen sich die Pensions-Schlepper auf
uns. Wir gehen aber in die Kale Ev Pension, gelegen ganz oben am
Bucht-Ende: Schlafzimmer, Gemeinschaftsküche und -Wohnstube mit
TV. Heute alles für uns allein, kostet 30 Lira. Dazu eine
Riesen-Terrasse mit tollem Bucht-Panorama, gekrönt von den
Abraumhalden des für die Umgehungs-Straße abgetragenen
Berges.
Terrassen-Teatime, Stadtrundgang. Mülltonnen-Katzen werden von 3
Hunden unter den Autos gejagt. Deutliche Wetterbesserung, außer
uns noch etliche Franzosen. Eine Kitsch-Meile mit viel Indianer-Kunst.
Schöne verwinkelte Mehrbuchten-Lage der Altstadt, an den
Hänge ringsum viel Neustadt-Beton-Gewucher unter üppig
grünen Bergen.
Abends das eigentlich für die Küre-Berge gedachte letzte
Outdoor-Essen kochen mit unseren reichlichen Brot-Reserven. Duschen,
schlafen, draußen ist es weiter stürmisch.
Dienstag,
4.10.:
8:00 raus,
Kaffee, packen, Terrassen-Frühstück. Minibus Bartin auf der
alten Straße. Nobel-Dolmus Richtung Safranbolu, erste Hälfte
viel urwüchsiges Laubwald-Gebirge und eine schöne bunte,
urwüchsige Fluß-Aue. Dummerweise kurz hinter Bartin die
nächste Staudamm-Baustelle ... Auf halber Strecke Teegarten-Stop,
Tee von der Busgesellschaft spendiert, wechseln dann in nagelneuen,
super-noblen Minibus mit Lendenwirbel-Stützen, die Sitze haben
noch ihren Plastik-Bezug.
In Neu-Safranbolu bringt uns ein freundlicher Türke
(englisch-sprachig) zum Dolmus-Stand Richtung Alt-Safranbolu. Finden am
Hissar-Hügel eine freundliche Pension mit feudalen,
alt-osmanischen Zimmern. Alles in japanisch beschriftet, beim Losgehen
hocken unten lauter Japaner. Gehen hoch auf den Hügel, dort gibt
es im Ggs. zum 2004er Müller keinen Teegarten mehr, dafür
sind jetzt 0,5 Lira Eintritt fällig.
Über der tollen Altstadt thronen die Beton-Neubauten.
Stadtrundgang, ein Mädchen läuft uns "Foto Foto" rufend
hinterher, ein freundlicher Junge in Schuluniform zeigt uns das
Internet-Cafe. Unmengen Kitsch-Stände in allen zentralen Gassen.
Im Internet Cafe viel Rauch und schnelle PC's, aber keine englische
Sprachumgebung installiert. Da kann auch der Cafe Chef nichts machen.
Arcor email geht wenigstens zu lesen, bei web.de geht nicht mal das.
Die Japaner bilden die absolute Mehrheit der Touris in der Stadt, ein
Teil der Läden ist schon in japanisch beschriftet.
Mittwoch,
5.10.:
4:00-4:30
dröhnen draußen die Ramazan-Trommeln, danach legen die
Moscheen los. Ich krame die Mini-Daune raus, es ist zu kühl im
Fleece-Schlafsack, 18 Grad. 7.45 raus, packen, umfangreiches
Pensions-Frühstück um 8.30 Uhr, nachdem uns die Tochter des
Hauses gehört hat: Rührei, Oliven, Käse, selbst gemachte
Marmelade, sehr leckere Tomaten. Die Tomaten werden Samstag auf dem
Markt direkt vor der Pension gekauft und wenn sie nicht schmecken,
wieder zurück gegeben. Die Tochter war in Japan in 10 Orten und
konnte dort die verschiedenen Gemüsesorten geschmacklich nicht
auseinander halten, alles nur Wassergeschmack.
Sie hat seit der Eröffnung der Pension vor 5 Jahren nebenher
englisch, japanisch und etwas koreanisch gelernt. Als die erste
Japanerin zum Frühstücken kommt, parliert sie ganz locker in
japanisch. 50% der Safranbolu-Besucher sind Japaner. Die Türken
müssen während des Ramazan 4:00 Uhr aufstehen,
frühstücken, sich waschen, beten und dann wieder versuchen zu
schlafen. Deshalb ist sie heute so spät aufgestanden. Ein
wichtiger Sinn es Ramazan ist es, den Hunger der Armen zu verstehen und
danach ein Schaf für die Armen zu spenden. Sie und ihre
Geschwister sind von ihrem Vater dazu erzogen worden, nur
Saisongemüse und -obst zu essen, der Chemie und des Geschmacks
wegen und auch wegen der Vorfreude.
Kaiserwetter heute. Mit dem Stadtbus in die Neustadt. Minibus nach
Karabük, schön in den Bergen gelegen. Bus nach Zonguldak
durch eine spektakulär schöne Canyon- und
Fluß-Auenstrecke zwischen Laub- und Mischwald-Dschungel, einige
wenige Ortschaften. Die allgemeine türkische
Landschafts-Zerstörung ist aber auch hier in vollem Gange, zum
Glück ohne Staudamm, dafür mit Autobahn.
Zonguldak: Gelegen auf grünen Hügeln, dazwischen Kohlelager
und Förderanlagen. Auf offener Straße Wechsel in den Bus
nach Eregli. Kurze Schleife hoch zur neuen Uni-Klinik, dann durchs
grüne Hinterland, Straße ist im Ausbau.
Kurzer Aufenthalt in Eregli, dann Minibus nach Akcakoca, Strecke auch
im Ausbau, fahren bis ins Zentrum zum Platz an der futuristischen
Moschee. Laufen 30 Minuten Richtung Westen zum Camping Tezel, ist
leider geschlossen dieses Jahr: "Hope soon back with a new project".
Ein Shop-Inhaber fährt uns zu einem Pensions-Besitzer in ruhiger
Lage über der Küste, 50 Lira für eine ganze
Ferienwohnung, nicht schlecht. Bietet uns außerdem noch an,
hinter seinem nagelneuen Fisch-Restaurant zu zelten. Wir entscheiden
uns für's Zelten, auf einer Wiese 50 Meter vom Meer direkt bei den
Klippen.
Rundgang mit kleinem Hund, einige sitzen im Auto zum Sonnenuntergang an
der Klippe, draußen liegt alles voller Müll, oben ist die
schönste Hochufer-Strecke von eingezäunten Eigenheimen
okkupiert.
Reichlich Eisvögel am Flüßchen neben unserem Zelt.
Fischessen im Restaurant, war leckerer im Ali Kaya. Duschen in der
Personal-Dusche hiterm Material-Lager. Ich bekomme 2x Besuch beim
Duschen. Der junge Koch fragt, was ich hier mache ("Einladung vom
Chef"), der Ältere schaut nur. Den ganzen Tag stürmische See,
abends 18 Grad.
Donnerstag,
6.10.:
Die ganze Nacht
Hundegebell, ab 4.00 Uhr dann begleitet von den Ramazan-Trommlern, ab
5.30 von den Moschee-Lautsprechern. 8.00 raus, ausgiebig
Frühstück in der Sonne. Die Enten und die Frösche quaken
im Fluß, die Eisvögel toben durch die Gegend, die
Nebelkrähen plündern die Maiskolben im Garten, der kleine
Hund rennt durch die Gegend. Der Hausmeister (?) schließt den
Restaurant-Dusch-&-Material-Keller auf, duscht sich selbst und
wirft die Waschmaschine an. Wir nutzen das stille Örtchen.
Hoch zur Straße, 5 Minuten später Minibus nach Kocaola,
durch Haselnuß-Hügel, teils schon zur Rennstrecke ausgebaut,
teils noch idyllisch. In Kocaola sofort Anschluß, Minibus
nach Karasu, zugebaute, langweilige Strecke. Dort 1,5 Stunden
Aufenthalt, Obst kaufen. Alle Tee-Salons am Busbahnhof haben offen,
aber kein Angebot, Ramazan.
Ein Teeshop-Besitzer zeigt uns hinter dem Busbahnhof einen berstend
vollen Teesalon mit vollem Angebot. Gehört einem
Ex-D-Gastarbeiter, der uns gleich einen Tee ausgibt, bevor er sich mit
seiner Säge aufs Dach verabschiedet, wird gerade aufgestockt.
Dann Obst essen auf dem Busplatz, bis einer kommt und es uns verbietet:
"Hadsh, Ramazan !". 13.10 Uhr Bus nach Kaynarca, das bislang
älteste Fernbus-Modell. Langsame Fahrt durch Agrarlandschaft.
14.10 Uhr in Kaynarca, Stop vor Teesalon, ein älterer
deutschsprachiger Herr kauft uns eine Orangenlimonade, wir dürfen
trinken, er nicht, Tee darf er uns allerdings nicht bringen ...
Minibus nach Kandira. Ab dort geht nichts mehr, ein Minibus-Fahrer
bringt uns (kostenlos) zur Straße nach Agva. Etliche Schulkinder
begleiten uns. 2 Typen (einer aus Artvin !) nehmen uns mit bis Agva,
Fahrt durch eine sehr dünn besiedelte, wald- und wiesenreiche
Gegend voller Steinbrüche. Man verteilt Haselnüsse und ist
ganz begeistert von unserer bisherigen Reiseroute. In Agva 2
Campingplätze, einer ohne Schatten, groß, 5 YTL pro Person.
Einer direkt benachbart in einem Kiefernhain, wenn ich das Schild
richtig interpretiere, nicht für Autos, Caravans, für uns
kostenlos erlaubt.
Aufbauen, Strandspaziergang, schöner weiter Sandstrand,
Dünen, Klippen, grüne Hügel. Einkaufen, Bus nach
Istanbul klären, "Stadt"-Rundgang, viele kitschige
Wochenend-Häuschen, insgesamt beschaulich und angenehm. Der erste
Schwarzmeer-Küsten-Badeort, der wie ein richtiger
Küsten-Badeort wirkt. Reichlich aggressive Mücken zum
Sonnenuntergang. Verarbeiten zum Abendbrot die letzten
Koch-Essenvorräte, 21.00 Uhr Ruhe.
Freitag,
7.10.:
7.30 Uhr raus,
wärmer als gestern abend: 21 Grad. Rascher Aufzug einer dunklen
Wolkenfront, die ersten Tropfen fallen beim kaffee-Trinken. Haben zum
Glück schon gepackt, laufen im leichten Regen zum Bus. Gibt leider
kein Spülwasser im Bus-WC ...
3 Stunden Fahrt bis Istanbul, dann eine Stunde im Stadtgebiet.
Fähre nach Eminönü, Tram nach Aksaray, Hotel suchen,
"Davos 2" wird ausgewählt.
Rundgang: Russen-Textilviertel, Ramazan-Markt (noch halbleer), Iskender
Kebab in authentischer Lokanta, gut gefüllt zum Sonnenuntergang.
Angela vegetarisches Essen in Freisitz. Gehen nochmal zum Ramazan-Markt
an der Hagia Sophia, ist jetzt voll im Gange. Leckere Desserts,
ZDF-Sportstudio-Bühne vor dem Hintergrund der blauen Moschee,
morgen 21.00 Uhr Länderspiel Türkei-Deutschland.
Oktoberfest-Stimmung, in der zweiten Reihe hinter den Ständen war
das große Tafeln schon lange vor Sonnenuntergang in vollem Gange.
Tram ins Hotel.
Samstag,
8.10.:
Recht ruhige
Nacht, 7.45 raus. Frühstück, vorpacken für den Flug.
Tram Divan Yolu, in der Tram Schwatz mit Uni-Professor, kann es
überhaupt nicht fassen, daß wir Agnostiker sind, wo doch
schon die Abfolge der Jahreszeiten zeigt, daß es einen Gott gibt
... Agnostiker sind für ihn genauso schlimm wie Atheisten,
"because they are in doubt". Er meint, daß eine Physiotherapeutin
in Deutschland mehr verdient, als er als Professor. Er hält die
Deutschen für schlecht, weil sie die türkenfeindliche Merkel
haben siegen lassen.
Buchen ein "privates" Airport Shuttle für morgen früh
4:30 Uhr ab Hotel. Illy Espresso an der kleinen
Fußgängermeile in Sultanahmet. Teatime im Topkapi-Teegarten,
Schwatz mit Ex-Chefarzt der Herzchirurgie aus Hannover/München,
Bergsteiger, Globetrotter, Kunstliebhaber und Orientkenner. Ist mit
Frau, Reisegruppe und Orient-Express auf dem Weg nach Damaskus.
Er ist Teilnehmer des jährlichen europaweiten
Ost-West-Herzchirurgen-Symposiums während des Kalten Krieges in de
DDR und Bergsteiger-Freund des Organisators dieses Symposiums, des
Hallensers Schubert. Schuberts Frau hat nach seiner Pensionierung
in Könnern (!) ca. 1985 eine Praxis eröffnet.
Er bedauert den Verfall der schönen mittelalterlichen Häuser
in Halle während der DDR-Zeit. Hält die islamischen
Völker geistig entwicklungsmäßig für
steckengeblieben in der Zeit des Baus der Moscheen. Danach kamen keine
Impulse mehr ala Renaissance, Rokoko etc.
Laufen dann zur Galata-Brücke und rüber nach Taksim. Sehr
angenehme Teatime hinter dem Ufer-Fischmarkt in einem freundlichen
Teegarten. Laufe durch die Fußgängerzone bis hoch auf den
Berg und retour, es ist proppenvoll heute am Samstag nachmittag.
Über die Brücke zurück auf die Sultanahmet-Seite. Auf
dem großen Platz stehen die Armen in einer riesig langen Schlange
vor dem großen Zelt und warten auf die Ramazan-Verköstigung.
Hoch zum Festplatz an der Blauen Moschee, ist heute abend berstend
voll. Tram nach Aksaray, mäßiges Essen in Touri-Lokal.
Schokokekse kaufen, Geld zurück wechseln, packen, freche
Kakerlaken beobachten.
Gegen 23.00 Uhr Freudenfeuerwerk, die Türken haben die Deutschen
2:1 besiegt.
Sonntag,
9.10.:
Nachts
Kopfschmerzen, 4.00 Aufstehen, 4.20 Uhr stehen wir unten. 4.35 Abfahrt,
kurz nach 5:00 am Flughafen. Frühstücken, einen letzten
original-türkischen Kahve trinken. In der Buchhandlung
gibt's einen Bildband voller Bilder von Coruh-Canyon, Pokut und
Firtina-Tal ganz ohne Kahlschläge und Staudämme ...
Pünktlicher Abflug, leckeres Frühstück, pünktlich
in München. Edeka-Einkauf, nach Hause, Super-Herbstwetter,
Isar-Spaziergang und -Fotos bei buntem Herbstlaub.
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