Nordanatolien 2005


Einmal quer durch den Norden der Türkei. Eine teils noch grandiose Landschaft im Niedergang. Kurs: 1 € = 1,64 NTL.

Highlights              ... eine Vorauswahl der interessantesten Ecken etc. ...


Freitag, 9. 9.: 

Nehme nach diversen Verzögerungen bei der Tour-Vorbereitung heute frei. Fluten in den Seealpen, Dienstag Besuch von Axel, Donnerstag von Holger. Wir beschließen den für morgen geplanten Flug nach Nizza verfallen zu lassen und kaufen ein Ticket nach Istanbul. Aber erst für übermorgen früh. Kaufen Müller-Reiseführer + beidseitig bedruckte aktuelle Türkei-Karte, schauen die neue Schrannen-Halle an. Super-Wetter hier in Bayern seit nunmehr 10 Tagen !

Samstag, 10.9.: 

Wettereinbruch, das Genua-Tief aus den Seealpen ist da. (Um-) Planen und (Um-) Packen, letzte Einkäufe. 01.30 Uhr Nachtruhe.

Sonntag, 11.9.: 

6.20 raus, Türkischer Kaffee, die Maschine ist schon sauber gemacht. 7.15 los, 8.30 Einchecken, 10.30 Abflug. Leckeres Fischessen im Flugzeug. Uhr eine Stunde zurück stellen, 14.15 Uhr da. Arg eingeschränkte Auswahl an Hotels in unserem Müller-Füher, Aksaray ist nicht mal erwähnt. Hole 1000 NTL am Stück aus einem EC-Automaten. U-Bahn Aksaray, Tram Cemberlitas. Hostels und Hotels abklappern, entweder zu laut oder überteuert. Alles im Schnitt 30% teurer als im 2004er Müller angegeben.

Das Touri-Viertel ist sehr viel schnieker als vor 11 Jahren, die Gastronomie-Preise um mindestens 200% gestiegen seither. Bekommen ein feines, ruhiges 80€-Zimmer im Hotel Alanya wegen ausgefallener Tour-Gruppe für 40 €. Das billigste und schäbigst Zimmer wäre 25 € gewesen. Altstadt-Rundgang bei Klasse-Wetter. Nicht viel los am Sonntag. 21.00 Uhr Ruhe, 27 Grad im Zimmer.

Montag, 12.9.: 

8.30 wirft uns die pralle Sonne aus dem Bett, nachdem schon mitten in der Nacht die zahlreichen Minarette fürs Wecken gesorgt hatten. Top-Blick von der Dachterrasse. Frühstück im Keller, keine Butter, dafür kommt automatisch Nescafe, sonst ok. Ziemlich down heute.

Basarviertel-Rundgang, Touri-Info: Kein Schiff mehr nach Trabzon im September, Bus braucht 18 Stunden. Erstes Reisebüro verkauft nur Turkish Airlines Tickets für 120 €, ein zweites unweit vom Hotel hat AtlasJet für 79 NTL. Wettercheck via Reisebüro-Computer: Regen in Trabzon bis einschließlich übermorgen. Große Beratung. Beschließen Flug einen Tag später als geplant für Mittwoch abend 18.20 Uhr. Alternativ wäre 7.30 Uhr möglich gewesen.

Rundgang und Teatime im relaxten Topkapi-Park. Runter ins trubelige Sirkeci Bahnhofsviertel, vorbei an den Fähren, über die boulevardbreite Galata-Brücke. Drüben  mit Bus hoch nach Taksim, ist schon dunkel, als wir oben ankommen. Lassen uns die Istiklal Caddesi bis zum Hafen runter treiben.
Die ersten 2/3 der Strecke ein kollosaler Trubel in einer Mischung aus thailändischem Nachtmarkt, Khao San Road und Münchner Füßgängerzone. Längs und parallel dazu teils berstend volle Party- und Gaststätten-Gassen. Und das am Montag abend ! Unten dann weiter als schmale, fast menschenleere Gasse, aber lang nicht so dunkel wie eine durchschnittliche Istanbuler Straße bei Nacht.

Laufen zurück über die Brücke, nehmen die Tram hoch nach Sultanahmet. Laufen 15 min runter zur Ayasofia. Jagen noch eine Mücke im Zimmer, 23.30 Uhr Ruhe, wieder bei 27 Grad im Zimmer.

Dienstag, 13.9.: 

Frühmorgens wieder allgemeines Minarett-Wecken, nachts zwei Mückenstiche eingefangen. 8.15 Uhr raus, mit eigener Butter zum Frühstück. Bestellen heute explizit Türkischen Kaffee, vergessen aber, das man auch explizit ohne Zucker bestellen muss ...

Laufen dann durch eine ziemliche Autopest Diretissima runter zum Hafen. Es gibt zwei Bosporus-Fahrten, 10.35 Uhr und 13.00 Uhr. Die Preise dafür sind seit dem 2004er Müller von 2 € auf 4,50 € gestiegen. Die Fähre ist ziemlich überfüllt, es gibt Ärger mit einem bequem sitzenden jungen Spanier, weil wir seinen Blick verstellen, er kann sich gar nicht mehr beruhigen.

Es sind überwiegend Westler an Bord, die Einheimischen nehmen wohl seit der Preiserhöhung lieber den Bus ... Die Bosporus-Ufer sind schon ganz gut zugewuchert, teils gibt es noch Einiges an Grün dazwischen, viele schnieke Villen.
Endstation Fischgaststätten-Dorf, Teatime. Aufstieg zur Ruine, schöner Küstenblick von der Mauer. Alter, gut zugewachsener Friedhof mit Häufel-Gräbern. Viel Militär rings ums Dorf, Kasernensiedlung oberhalb und um die Ruinen. Abstieg, Teatime II. Sind beizeiten auf dem Schiff, ergattern Sitzplatz unten außen mit Blick Richtung Osten. 15.00 Uhr Abfahrt, dieses Mal sehr viel entspanntere Fahrt. War aber unterm Strich sowohl kulturell als auch landschaftlich ein wenig ergiebiger Ausflug.

Vom Fährterminal Eminönü gleich rüber zur benachbarten Kadiköy-Fähre, die bei unserem Eintreffen 16.30 Uhr gerade abfährt. Nehmen 16.50 Uhr die nächste Fähre. Fährpreise hier seit 2004er Müller um satte 150 % gestiegen. In Kadiköy ein buntes Gewimmel an der Uferstraße, einer zeigt uns den Weg zum Dienstags-Wochenmarkt, dem größten von Istanbul. Links und rechts ausgedehnte Fußgängerzonen, teure Cafes (Espresso 2,50 €) und Boutiquen, dazu ein allgegenwärtiges Gewusel. Die bislang lebendigste Ecke von Istanbul, abgesehen von der Istiklal Caddesi in Taksim.

Die Gasse vom Berg runter führt zu dem gigantischen, temporär mit riesigen Planen überdachten Wochenmarkt. Kein Vergleich zum sterilen Sultanahmet-Touri-Basar, hier tobt das pralle Leben. Ein Kilo superleckere Weintrauben für eine halbe Lire. Gigantische Weißkohl-Köpfe. 20.00 Uhr schöne Nachtfahrt mit Istanbul-Skyline-Blick zurück nach Eminönü. Gehen zu Fuß zum Hotel, hinter der Hagia Sophia Kunstgewerbe-Stände mit zwei zu Musik aus dem Auto rappenden Verkäufern "How can i take your money ..."
Weinchen auf der Dachterrasse mit Hagia Sophia Blick. 23.15 Uhr Ruhe.

Mittwoch, 14.9.: 

7.30 raus,  ausgiebig Frühstück, in der Bäckerei gegenüber Brot kaufen, packen, zahlen, Gepäck unterstellen. Durch die Hagia Sophia Basargasse, vorbei an den Holzhäusern, durch die Hotelgasse zum Postamt, Postamt Telefon: Bei den Kloster-Schwestern in Trabzon ist niemand da, wir reservieren erstmal anderweitig und kaufen eine Telefonkarte.

Türkischer Kaffee, Ägyptischer Basar und die lebendigen, vielseitigen Basargassen dahinter Richtung Goldenes Horn. Hoch zur Süleyman Moschee durch das Manufaktur-Viertel. Spektakulärer Ausblick von der Terrasse der Moschee über Goldenes Horn, Galata Brücke und Bosporus. Hartnäckiger, kreiselverkaufender Junge. An der Süleyman-Touri-Großgaststätte vorbei durch das ausgedehnte Uni-Gelände und den Bücherbasar in einen Park an der Hagia Sophia, vorher Apfelstrudel kaufen beim Bäcker. Man bringt uns dazu Tee, kurz handeln, paßt.

Ins Hotel, man will uns partout für 20 € ein Taxi zum Flughafen verpassen, wegen der angeblich unsicheren Fahrt mit Tram und U-Bahn ... Laufen hoch zur Tram, fahren vor nach Aksaray, dort reichlich Hotels, im Müller ist die Gegend nicht mal erwähnt.
Rüber zur U-Bahn, treffen deutsch-türkisch-iranischen Familien-Rechtsanwalt. Er empfiehlt uns dringend den Iran als Reiseziel. Warnt uns eindringlich vor Ausweis-, Reisepaß- und Kreditkarten-Diebstahl in Trabzon und Anatolien allgemein.  Auf dem Flughafen dann ein großes Chaos vor dem Abflug, Flugsteigwechsel, Ansagen nur in türkisch, wir schaffen es, zwei andere Westler wollen nach Antalya, stehen aber mit uns an ...

Sind gegen 20.00 Uhr in Trabzon, die Luft hier ist etwas subtropischer, schwerer. Kein Dolmus direkt vom Airport. Ein Stuttgarter Türke, war in Antalya im Urlaub, will zu seinen Eltern nach Giresun, geht mit uns zum Dolmus vor an die Hauptstraße. Hat in Antalya auf türkisch 15x vergeblich versucht, in ein 4 Sterne Hotel einzuchecken, dann 1x auf deutsch und klappte sofort ...

Gehen zum Kloster-Hostel, hat zu, weiter  zum Yuvan-Hostel, Problem mit unserem Anruf, Zimmer lärmig. Ich laufe etliche Hotels ab, finde schließlich ein ruhiges. Wir wollen noch eine Runde durch die Stadt drehen, ich vorher noch schnell aufs Klo, ich ziehe an der Spülung, da fällt der Spülkasten von der Wand und ergießt  sich über mich. Bin dann von Kopf bis Fuß eingeweicht. Umziehen, Klamotten waschen, Fisch essen gehen, schicke Fußgängerzone. Im Hostel noch die Matratze polstern, 23.30 Uhr Ruhe.

Donnerstag, 15.9.: 

7.30 raus, packen. Tomaten + Brot kaufen, Frühstück im Atatürk Park. Ein alter Türke meint, daß ein türkischer Mann solche schweren Rucksäcke nicht durch die Gegend schleppt. Ein überaus freundliches Mädchen bringt uns zum Dolmus am Russen (?) - Basar. Sie schwärmt von Sumela und will uns dort unbedingt zuerst hin schicken, statt nach Uzungöl, wo wir hin wollen. Werden dann vom Bus z um Office gebracht, Tickets kaufen, Rundgang, die Nataschas stehen vor den Hotels. Es gibt reichlich Hotels hier im Viertel.

12.00 Uhr Start längs der Küste, statt Stränden Landaufschüttungen & Steinbefestigungen der neuen Autobahn. Die Küste hat so jeden Reiz verloren.
Uzungöl: Der berühmte See, den  man von diversen Prospekten kennt, ist inklusive Zu- und Abfluß gerade frisch kanalisiert worden. Statt der malerischen Uferwiesen gibt es jetzt eine neue Erdpiste um den gesamten See, die Ufer sind wie die Autobahn künstlich befestigt bzw. mit Abraum zugeschüttet ... Eine Miniaturausgabe der Küstenautobahn kombiniert mit dem Charme eines Löschteichs. Dahinter erhebt sich eine sterile Ikea-mäßige Retorten-Urlaubsersiedlung.
Es gibt reichlich Moscheen. Schwierige Suche nach einem ruhigen und einigermassen angenehmen Zimmer. Finden schließlich eins mit gutem Sicherheitsabstand zu den Moscheen und zur Straße mit schönem Blick Richtung Berge talaufwärts.

Laufen rund um den See zum Unterdorf, reservieren für morgen Plätze im Dolmus und kaufen Benzin in einer Kanister-Tankstelle.  Laufen dann ins idyllische Oberdorf bis zum Beginn der Schlucht. Rotblonde, blauäugige Lasen bevölkern die Felder. Einige schöne alte Holz-Bauernhäuser stehen noch.
19.30 Uhr Außentemperatur 16 Grad. Abends exzellentes Maisbrot aus Trabzon. 22.00 Uhr Ruhe, Ohropax dämpft zuverlässig den Lärm der Gaststättenküche unter uns.

Freitag, 16. 9.: 

7.00 Uhr raus, Kaiserwetter. Vorzügliches Frühstück. Bezahlen 40 TL incl. Frühstück, super. Laufen vor zum Dolmus, Kaffe trinken, eine Gruppe EK's macht Miet-Jeep-Abschlußrundfahrt, erster Tag nach der Entlassung, viele Digitalfotos. 9.30 Uhr Dolmus-Start, runter nach Of zum Dolmus-Stand. Müssen hoch zum Hwy, da steht schon das Dolmus nach Rize. Rize: Werden gleich von einem Schlepper zum Bus nach Artvin gelotst, 20 Minuten später ist Start.
Komfortabler Bus, wir bekommen einen Panorama-Platz hinterm Fahrer. Rize macht einen recht sympathischen Eindruck. Von Trabzon bis Hopa ist schon fast die gesamte (!) Küste für die neue Autobahn zugeschüttet. Fast alle kleinen Buchten und sämtliche Strände sind unter der Autobahn begraben. Die Küste besteht nur noch aus Autobahn, Steinbefestigung und Steinbuhnen.

Ab Hopa ins Landesinnere schön üppig grüne Laubwald-Berglandschaft. Hinter Brcko dann ein gewaltiger Staudamm, danach gleicht der tolle Canyon einem gewaltigen Tagebau. Die schlimmsten Verwüstungen hinterlassen die neuen Straßenbauten in halber Hanghöhe. (Zwangs-) Teepause rechtzeitig vor einer Baustellen-Straßensperre mit weitem Tagebau-Blick, unter uns mäandriert der Corub, teils noch ungestört, teils schon ausgebaggert. Tief unter uns, auf der alten, jetzt gesperrten Uferstraße Baufahrzeuge und Felsbrocken.

Landschafts-Verwüstung und provisorische Straßenführung halten an bis Artvin, dann geht's hoch auf den Berg. Der Bus hält direkt vor dem im Müller empfohlenen Hotel Kackar. Wir bekommen ein ruhiges Zimmer mit Blick auf den gigantischen Tagebau-Canyon-Staudamm-Baustellen-Kessel unter der Stadt. Auch der Weiterweg nach Yusufeli ist schon verwüstet.
Im Hotel hängt noch ein idyllisches Bild von Uzungöl aus den Zeiten vor Straßenbau und Kanalisierung. Der See ist kleiner, er endet schon 100 Meter vor der Moschee in einer Wiese und ist von drei Seiten umgeben von flach auslaufenden, natürlichen Wiesen-Ufern.

Stadtrundgang, offene und sympathische Atmosphäre, wie im Müller-Buch beschrieben. Klären für morgen Dolmus nach Yusufeli. Aufstieg über Schleichpfade durch die Gärten und den Wald bis zu einer Panorama-Wiese hoch über der Stadt. Abstieg auf anderen Pfaden erst steil durch den Wald, dann durch üppige, subtropisch wuchernde Gärten.

Während ich im Internet Cafe sitze, sitzt Angela davor, wird von den Leuten unterhalten und zum Tee eingeladen, ich bekomme auch einen ab.
Noch eine Runde durch die zweite Geschäftsstraße, dann zurück zum Rathaus und von hinten hoch zum Terrassen Restaurant. Bierchen und leckerer Salat + mit Käse in Öl überbackene Pilze mit Blick auf Plaza, Moschee und Vollmond.

Samstag, 17.9.: 

7.30 raus, nachts viel zu warm im Fleece-Schlafsack, nur ein Bettbezug im Doppelbett, den hat sich Angela geangelt. Unser Portier schläft noch, es gibt wohl kein Frühstück wie im Müller versprochen, dafür kostet es das Doppelte  verglichen mit dem 2004er Müller. Brot und Butter kaufen, Frühstück, Backmargarine entsorgen, wir hatten Teryagi statt Teremyagi gekauft. Zum Dolmus, 10.00 Uhr Start nach Yusufeli.

Kurz hinter Artvin ist der Canyon schon ausgefräst für den zweiten Damm, dann noch über etliche Kilometer für den Straßenbau verwüstet. Dann endlich geht es über immerhin ca. 60 km durch den noch unzerstörten Teil des bizarren und urwüchsigen Steinwüsten-Canyons. Wir werden in Yusufeli gleich vom Altiparmak-Dolmusfahrer & Pensions-Besitzer-Bruder (Karahan-Pension) empfangen.14.00 Uhr soll es weiter gehen nach Altiparmak, auch Barhal genannt.

Rundgang durch die Oasenstadt, umgeben von bunten Felsenbergen. Kaffee trinken, Einheimische Outdoor-Typen im Studentenalter (1x m. und 3x w.) mit Jeep kommen ins Cafe. Dunkle Gewitterwolken in Richtung Barhal. Ein Rentner-Opi mit Rauschebart erzählt von seiner Zeit in Deutschland. Ein Bus aus Trabzon fehlt noch, das Dolmus fährt eine Stunde später los.

Fahrt auf schmaler Piste durch einen spektakulären und zunehmend grünen Canyon bis Barhal. In der Mitte der Strecke liegt noch ein richtiger Ort, Sarigöl. An den Hängen kleben kleine Anwesen mit Lastenlift, unten Bewässerungskanäle parallel zum Fluß. Halsbrecherische Ausweichmanöver.

Kurzer Stop im Ort, Schwatz mit einer Gruppe Tschechen, die gerade die Durchquerung ab Ayder mit Kackar-Besteigung beendet haben, mit GPS in 5 Tagen.
Pension Karahan 1km vom Ort bergan auf der Piste Richtung Karagöl, rechts 50m den Hang hoch, Gepäck-Lastenlift. Erfahren bei Ankunft, dass die Pension "full" ist ... Bekommen dann nach einigen Mißverständnissen das Zimmer der Tochter unter der Terrassen-Küche.
Die alte georgische Kirche ist gleich neben der Pension. Kleiner Ausflug die Straße hoch Richtung Karagöl. 19.20 Uhr super-leckeres (vegetarisches) Abendbrot. Angela versucht dann zu schlafen, ist aber unmöglich wegen dem Getrappel oben auf der Terrasse, sogar die Fenster klappern davon, sie ist ziemlich entnervt deswegen.

Ich schwatze noch mit holländischem und israelischem Pärchen. Die Holländer erzählen, daß sie schon ab Samsun die Küste entlang gefahren sind und daß die Küste schon ab dort komplett zubetoniert ist. Laut dem Rough Guide der Israelis sind die ganzen Staudamm- und Straßenbauten komplett schuldenfinanziert, 90% der türkischen Staatsausgaben gehen mittlerweile in den Schuldendienst. Je ein Staudamm ist noch geplant in der Mitte zwischen Artvin und Yusufeli, ein zweiter flußab direkt vor Yusufeli.
Die Israelis waren schon am Karagöl-See.  Sie erklären den Holländern und mir den Weg ab der Straße, wo das 7.00 Uhr Sammeltaxi hält. Die Holländer machen morgen eine Tagestour zum Karagöl, die Israelis nehmen das Dolmus 17.00 Uhr nach Yaylalere/Olgunlar (2200m). Spätabends kommt noch eine 14köpfige Gruppe Israelis, große Abendtafel. Irgendwer spendiert Rakija; 23.30 Uhr Nachtruhe. Angela kann immer noch nicht schlafen, großes Drama.

Sonntag, 18.9.: 

7.30 raus, Super Frühstück. Dramatische Debatten, Planung, Gepäck aussortieren zum Hierlassen, Einkauf. Entscheidung für Kacgar-Schleife + anschließende Karagöl-Tagestour. Teatime Kochertest mit Uzungöl-Kanistertankstellen-Benzin, klappt bestens. Auf der Terrasse auf's Dolmus nach Olgunlar warten, soll zwischen 15.30 und 17.00 Uhr kommen. Ab 13.00 Uhr dicke Wolken über dem Kacgar, ab 15.00 Uhr 20 Minuten Regen hier im Tal. Dolmus kommt 17.00 Uhr, beim Abmarsch verlangt plötzlich ein Typ vom Hostel 5 Euros für Rakija, die Holländerin kommt dazu, findet den Preis überzogen, der Typ ist beleidigt, will jetzt gar kein Geld mehr. Als wir schon im Auto sitzen, reicht er mir Last Minute noch den Daypack durchs Fenster ...

Wir fahren dann durch einen wildromantischen, bewaldeten Felsen Canyon hoch nach Olgunlar auf 2200 Meter. Einige Kilometer vor Olgunlar beginnt die karge Hochgebirgssteppe. Der Fahrer hat wieder mal eine Pension, allerdings in Yaylalere, einige km vor Olgunlar. Dort sollen wir bleiben, es gibt extra einen Stop, Tee wird spendiert, Eier werden ausgeladen. Weiter geht's, weil niemand hier bleiben will.

Sind in der Abenddämmerung in Olgunlar, halten vor der Pension eines Freundes unseres Fahrers, der gleich unsere Rucksäcke in seine Pension räumen will ... Mikka & Co. gehen aber in die Nachbar Pension, wir campen einen Kilometer oberhalb. Gegen 20.00 Uhr beleuchtet der Vollmond das karge, weite Tal.

Montag, 19.9.: 

7.30 raus, Kaffee, Frühstück, abbauen, da kommen schon unsere beiden Israelis auf Tagestour Richtung Dilber Düzü Alm. Sie wollen morgen auf dem kurzen Weg über Körahmet nach Ayder. Wir packen fertig und starten auch Richtung Dilber Düzü. Auf halber Strecke ein wildes Naturstein Wellblechdach Sommerdorf, eine Familie ist noch da, eine buntgekleidete Frau ist am Morgen mit ihrem Esel an unserem Zelt vorbei gezogen.

Finden dann gleich um die Ecke vor der eigentlichen Dilber Düzü Alm ein tolles Aussichtsplateau über dem Fluß, beschließen aber, nicht hier zu bleiben sondern gleich bis zum Deniz Gölü See aufzusteigen. Auch wenn es dort lt. unserem 16 Jahre alten Wanderführer angeblich nur Platz für ein einziges Zelt geben soll. Treffen auf der Dilber Düzü eine Griechin samt türkischem Guide mit Höhenmesser & North Face VE24 Zelt. Enorm anstrengender Aufstieg zum See bei grandioser Abendbeleuchtung.

Als wir den See in 3300 Meter Höhe erreichen, bin ich ziemlich platt. Es waren heute immerhin 1100 Hm mit unserem Mordsgepäck zu Fuß. Außerdem innerhalb von 24 Stunden satte 2200 Hm, zuviel für eine ausreichende Akklimatisierung. Angela fühlt sich noch topfit. Ein Zelt steht schon da, bestückt mit 2 israelischen Schwestern. Wir finden einige Meter weiter noch einen sehr guten, mauer-umrandeten Platz in bester Panoramalage.

Eine israelisch-kanadische Gruppe kommt gerade vom Gipfel zurück, schnappt ihre Rucksäcke und zieht eilig Richtung Nameless Lake auf der Suche nach einem warmen Campingplatz. Sie wissen nicht, dass es auf der anderen Seite noch Stunden in dieser Höhenlage weiter geht ... Ein türkischer Guide hatte wohl erzählt, daß es heute Nacht einen Temperatursturz auf -15 Grad geben soll. Kann ich aber beim besten Willen nicht glauben. Er wollte wohl eher die Leute von den wenigen zum Zelten geeigneten Stellplätzen fern halten, um seine Leute hier unter zu bringen. Oder es war ein schlechter Scherz. Tatsächlich bleiben die Temperaturen nachts sogar über Null ...

Dienstag, 20.9.: 

7:00 raus. Nachts Höhenprobleme, kaum geschlafen, dicker Kopf, Nase läuft. Stahlblauer Himmel, die Morgensonne scheint ins Zelt. 7.40 Uhr Blitzstart Richtung Gipfel. Steinmännchen-Wegsuche, wir verhauen uns, das kostet 30 min Umweg, bekommen später mit, dass das ein brauchbarer Alternativ-Weg gewesen wäre.

Der Wanderführer ist für den Weg zum Gipfel völlig unbrauchbar. Vorn am Hügel über dem Ufer entlang, hoch zum Bach, runter ins Ex-Gletscher-Tal, über die Endmoräne, über den Hügel gegenüber, dann Einstieg in die Wand und Steinmännchen suchen. Geröll-Kraxelei bis zum Gipfel.
Unsere Zelt-Nachbarinnen sind heute schon zum zweiten Mal oben, kommen uns 10 min vor dem Gipfel entgegen, sind 6.00 Uhr gestartet. Seit ca. 9.00 kommen aus Richtung Süden (!) Wolken auf. Die letzten 200 Hm zunehmende Pausen, zum Schluß aller paar Schritte. 12.40 Uhr, eine Minute nachdem wir auf den Gipfel mit letzter Kraft erreicht haben, verschwindet die Sonne das erste Mal hinter den Wolken. Sie kommt dann noch mal kurz, um jetzt für die nächsten 4 Stunden ganz zu verschwinden.

Super Panorama, Richtung Süden allerdings schon komplett zugezogen, eisig kalt. Die türkische Fahne flattert auf dem Gipfel. 90% Israelis im Gipfelbuch, Russen, Iraner, aber keine Deutschen. Abstieg nach 20 Minuten auf dem Gipfel, eine Minute nach dem Start setzen Graupelschauer ein, der Gipfel zieht zu, zum Glück gibt es keine Nebelsuppe. Im Abstieg ist der Pfad viel einfacher zu finden.
Angela hat beim Aufstieg irgendwo ihre Windjacke liegen gelassen, wir finden sie beim Abstieg aber nicht mehr. Von oben sehen wir, wie unten am Wand-Einstieg 2 Leute den Aufstieg abbrechen un umkehren. Schwieriger Rückweg-Aufstieg aus dem Gletschertal über den nassen Schlamm der Seitenmoräne. Eine Stunde vor Erreichen des Lagers Gewitter über uns. Dazu eine Mischung aus Graupel und Regen, wir brauchen die volle Regen-Montur. Am Paß liegen zwei gut gepflegte, frisch hingeworfene, steigeisenfeste Bergschuhe. Einer mit herausgerissenem Oberleder, einer mit einer halb abgerissenen Sohle.

Wir brauchen insgesamt 3 Stunden für den Abstieg. Unsere Nachbarinnen fragen uns unten, ob wir morgen zusammen losziehen können, weil die jüngere Schwester heute Fieber hat. Wir einigen uns auf Startzeit 7.00 Uhr. Für eine Stunde kommt nochmal die Sonne, dann immer wieder Graupel-Schauer. Angela liegt k.o. im Bett, mir geht's heute etwas besser als gestern abend. Wir haben uns beide einen leichten Infekt eingefangen, Nase und Hals schleimen. 21.00 Uhr Ruhe. Morgen die 4-Pässe-Tour.

Mittwoch, 21.9.: 

5.45 raus, noch leichte Restbewölkung. 6.15 Uhr Klasse Morgensonne. Heute war leichter Nachtfrost, ca. 5 Grad kälter als gestern früh, im Zelt waren es beim Aufstehen 6 Grad. 7.00 - 7.30 Uhr Windjacken Suchaktion am Felsen über dem See, ohne Erfolg, die Israelis sind schon los. Wir starten 7.30 Uhr, der steile Paß zum Nameless Lake geht sich erstaunlich leicht und flott.

Der nächste Paß ist dann schon etwas härter, es geht auf 3435 Meter hoch. Von oben versuchen wir, den Weiterweg zu verfolgen, wir können uns aber nicht zwischen den 2 wahrscheinlichsten Pässen entscheiden. Steiler und rutschiger Erd-Abstieg, fast alle legen sich einmal hin. Unter uns ein riesiges, weites Hochtal mit reichlich Gipfeln, Seiten- und Quertälern. Sehr schwere Orientierung ohne verünftige Karte. Die Israelis haben eine handgeschriebene Reisenotiz, wir die grobe Skizze aus unserem Wanderbuch, wo sich die Anzahl der Kämme abschätzen lässt.
Wir entscheiden uns für den teils mit Steinmännchen markierten Weg am unteren Ende um die zwei Quer-Rücken. Dann die große Frage, geht es noch über den nächsten Rücken über den weiten Paß oder über den zerklüfteten in der Nähe. Die Israelis sind sich uneins, wir plädieren für den ersten Paß, wegen der Entfernungs-Schätzung auf unserer Kartenskizze. Die Israelis schließen sich an und laufen vor, während wir uns trotz aufkommender dunkler Wolken (wieder von Süden) ein ausgiebiges zweites Frühstück genehmigen.

Dann geht's durch eine bizarre Trümmerwüste hoch zum Paß, markiert durch ein originelles, auf zwei Füßen stehendes Steinmännchen nach Art eines japanischen Schriftzeichens. Weiter auf teils exzellent ausgebautem  Panoramaweg (Seidenstraße ?) zum Paß / Plateau / Abstieg nach Yukari Kavron. Pause mit grandiosem Blick in den bunten Kavron Talschluß-Felskessel. Darunter liegt der Zeltsee. Wolkig, kalt.

Entscheiden uns gegen den Touri-Kommerz in Ayder und für das Abenteuer. Wir steigen den großen Grashang nach links ab, ohne Weg und ohne Markierung, aber gut zu gehen. Auf halber Höhe ausgiebig Teatime bis die Sonne hinter dem Bergkamm gegenüber unter geht.
Dann Abstieg zum Polovit Deresi Fluss. Zelten etwas erhöht auf der anderen Seite des Flusses in einer Auen-Landschaft aus unendlich vielen Quellen & kleinen Bächen. Abends ein kollosaler Sternenhimmel, aber nasskalte Luft hier unten am Fluss. Essen, 21.00 Uhr Ruhe.

Donnerstag, 22.9.: 

6.00 aufstehen. Nachts ist der Schnupfen voll ausgebrochen, außerdem ein tierisch verspannter Rücken, eingeschlafene Arme, bin nicht gerade topfit, geht aber. Alles erstaunlich trocken heute morgen, trotz der nassen Luft gestern abend. Kaffee kochen, 7.30 Start nach Apivanak. Interessanter Yayla-Architekturmix. Frühstück in der Sonne. Langer, monotoner Marsch in der Sonne auf der Piste nach Polovit. 3 Ortsteile, gut bewohnt, reichlich Kühe in der Umgebung, Stromanschluß aus dem Firtina-Tal. Trinken geht nur noch aus den reichlich vorhandenen Seit-Zuflüssen.

Weiter auf der Straße nach Hamlakit. Der Ort liegt direkt auf der Baumgrenze, der Übergang von der Steppe zu sattgrünem Urwald vollzieht sich auf 100 Meter ! Links aus dem Ort gehen die kahlen Berge hoch, rechts die mit buntem Laubwald bedeckten. Unmittelbar hinterm Ort beginnt dann ein grandioser Urwald-Panoramatrail, es ist der totale Kontrast zu den letzten Tagen.

Es ist der Verbindungspfad zwischen Hamlakit und der Yayla Hasindak. Links und rechts vom Pfad sind einige Bäume teils tief angeschlagen, einige gefällt, dazu einige kleinere Lichtungen. Ansonsten, vor allem auf der anderen Flußseite, ein absoluter Urwald, quer durch alle Vegetationsstufen, vom Erlengehölz am Flußufer über alte, flechtenbehangene Nadelbäume zwischen Moosfelsen bis zu den bunt leuchtenden Sträuchern oberhalb der Baumgrenze. Locker verteilt stehen die Urwaldriesen, von rechts kommt aller paar Hundert Meter ein kleiner Canyon mit frischem Wasser und teils Blicken bis aufwärts zur Baumgrenze.

Reichlich kaukasischer Riesenbärklau an den Wasserläufen, wird hier ca. 2,5 Meter. Haare waschen und rasieren, dann zieht Gewitter auf, 30 Minuten Regen, dann wieder Sonne. Plötzlich kommt der Weg auf eine Wiese mit Wasserhahn, Bänken, Tischen & Biwakplatz, dahinter steht in 200 Metern Entfernung auf einem schmalen Bergrücken vor einer tollen Gebirgskulisse die Yayla Hasindak. Ein Bilderbuch-Anblick.

Zelt aufbauen, packen für eine kleine Erkundungstour. Hoch auf den Höhenrücken, der sich aus dem Dorf heraus zieht, über die Nadelbäume zu skandinavischer Birkenvegetation auf der ersten Kuppe, buntes Gestrüpp auf der nächsthoheren Stufe und Steppe ganz oben. Vom Rücken Richtung Osten ein kanadisch wildes Tal mit Abendbeleuchtung vom Feinsten; das ist auch der Blick vom Dorf, weiter links geht's tief runter ins Tal Richtung Ayder.
Ein leichter Regenschauer im Sonnenschein krönt diese grandiose Szenerie noch mit zwei Regenbögen. Wir laufen den Bergrücken hinab ins Dorf, in Idyll aus schmucken Holzhäuschen. Eine Omi mit Sockenbaum vorm Hüttchen gibt uns Brot und verweigert kategorisch jede Bezahlung. Läßt sich mit einer zweiten Omi gerne fotografieren.

Wir gehen dann ganz runter auf den "Dorfplatz", da hockt schon der Rest der Yayla zusammen. Man will uns gleich einen Raum zum Schlafen geben und fragt, ob wir auch genug zu essen haben ("Fast Food") und wo wir schlafen und daß es einen guten Campingplatz gibt ...

Einer war bis 1984 in Deutschland, er lädt uns in seine Hütte zu Tee (Kaffee) und leckerem Kuchen, bei Petroleum-Beleuchtung. Alles von seiner Tochter zubereitet, die mit ihrem Mann + dem kleinen Sohn auch hier oben lebt. Seine Frau hatte hier oben einen Unfall und mußte mit dem Pferd über den Trail vor zur Straße gebracht werden. Sie war dann 2 Monate in Rize im Krankenhaus und kann jetzt nicht mehr in die Berge.
Er ist jedes Jahr 7 Monate in Istanbul und von Mai bis Mitte September 5 Monate in der Yayla. Morgen früh 8.00 Uhr fährt er zurück nach Istanbul, die anderen Dorfbewohner gehen in 2 Tagen, dann ist der Ort leer. Glück gehabt mit unserem Besuch !

Nach Ayder geht es hinterm Ort in nordöstlicher Richtung den Hang hinunter, Richtung Ausgang des kanadischen Tals, ca. 3 Stunden Weg. Gehen zurück zum Camp, WS-Mobilisation erfreulich erfolgreich, Essen kochen (Pichelsteiner Gemüse, feine Sache), in der Yayla ruft der Muezzin noch ohne Verstärker, sehr sympathisch.
Unglaublich warm hier oben  nach dem schrecklich nasskalten Abend gestern. 21.00 Uhr, 15 Grad. Gestern soll es hier heftig geregnet haben. 22.00 Uhr Ruhe.

Freitag, 23. 9.: 

7.00 raus, Kaffee, beschließen, keinen Ruhetag und keine Tagestour zu machen hier oben, sondern nach Ayder abzusteigen und dann nach Sumela zu fahren. Packen, essen, da läuft die Familie unseres Gastgebers schon ins Tal. Eine Omi folgt mit Rucksack 20 min später und macht vorn auf der Bank eine Pause. Wir gehen ins Dorf, da wird gerade die zweite Omi auf's Pferd gebunden und schon startet die zweite Familie das Türken, der einige Worte englisch kann und mit Gewehr losläuft.

Ein älteres Ehepaar bleibt noch, wir sollen noch Tee trinken, ziehen aber lieber los. Geraten aber auf den Höhenweg nach Pokut statt rechtzeitig nach Ayder abzusteigen. Dieser Weg ist noch grandioser als der von gestern. Wir beschließen trotz desolater Verpflegungslage, diesen Weg weiter zu gehen. Später lesen wir im Müller, daß der Weg von Ayder hoch nach Hasindak und weiter über Pokut runter nach Senyuva ausdrücklich als Wanderung empfohlen wird.
Finden mehrmals blauen, reichlich mit Beeren-Kernen durchsetzten Bärendung auf dem Weg. Phänomenale Höhenweg-Führung unter locker stehenden Urwald-Riesen mit weiten Blicken zurück nach Hazindak, Amlakit und Polovit.

Zunehmend aufkommender Nebel. Finden auf halber Strecke eine Wiese mit dem bislang schönsten Blick: Zurück auf die patagonienmäßig steil aufragenden Felsen der zentralen Kackar-Berge hoch über den tiefer liegenden, herbstlich bunten Urwaldbergen. Dazwischen winden sich Nebelfetzen. Treffen einen trekkingmäßig ausgerüsteten ca. 30jährigen. Er ist auf dem Weg zur Hütte seiner Eltern in Hasindak. Fragt uns, ob wir genug Brot haben.

Kurz vor Pokut zieht es total zu, der (teils mit Felsplatten ausgebaute) Weg führt uns (bis auf eine unklare Stelle) zuverlässig nach Pokut. Am ersten Gehöft sind vier Typen gerade beim Wellblech aufbringen. Einer lädt uns ohne Widerrede in die benachbarte Hütte zum Tee ein. Ein zweiter spendiert uns ein leckeres vegetarisches Kartoffelgericht inkl. reichlich Nachschlag, Joghurt, Brot, Weintrauben und noch mehr Tee. Wir sind pappesatt.

Freundliche Verabschiedung, wir machen uns an den Abstieg, vermeintlich nach Ayder, tatsächlich geht's nach Senyuva ... Treffen am Ortsausgang einen perfekt englisch sprechenden Macher samt Frau und nagelneuem Mercedes-Jeep, haben gerade frische Beeren aus dem Wald geholt und wollen uns einladen. Haben aber Verständnis, dass wir weiter wollen.

Direkt hinter Pokut beginnt eine roh ins Gelände geschlagene, überbreite LKW-Piste, die ganz frisch über den alten LKW Weg planiert worden ist. Nach einigen hundert Metern beginnen dann ausgedehnte Kahlschläge, die sich ca. 1000 Hm (!) nach unten ziehen. Es ist ein einziges Bild der Verwüstung, der Nebel paßt dazu und die kaum begehbare rohe Felsbrocken-Straße, die weiter unten in zerwühlten, roten Regenwald-Schlamm übergeht.
Einige Typen sind mitsamt ihres roten LKW damit beschäftigt, kleinere Hölzer, die noch von der großen Abholz-Aktion übrig sind, auf den LKW zu packen. Wir sollen einsteigen, verzichten aber dankend. Der dicke Truck hat ziemliche Schwierigkeiten, in den engen und steilen Kurven zu manövrieren.

Wir passieren das Holzfäller-Camp, in Plastikfolie gehüllt, mit Guckloch zum Reinschauen. Kurz danach eine eingefaßte Quelle, noch von der alten Almstraße, gebaut 1999. Weiter unten sind alle Quellen so verschüttet wie der alte Weg. Kurz vorm Tal, im Bereich des nicht abgeholzten Erlenwaldes, dann endlich ein Rohr rechts im Straßengraben, aus dem frisches Quellwasser kommt. Es wird langsam dunkel, wir sind schon ca. 1000Hm ab gestiegen, Start in Pokut war 14.30 Uhr.
Seit dem Start nirgendwo auch nur die Spur einer zum Zelten geeigneten Stelle, alles vom Abholzen und Straßenbau verwüstet.

Dann die ersten Häuschen, am Hang eins stockdunkel mit einer kleinen, geeigneten Zeltfläche. Dann ist aber doch jemand da, als wir ums (uralte) Haus gehen. Wir werden ins Hotel geschickt, angeblich nur 30 Minuten weiter ins Tal. Wir schleppen uns  mit letzten Kräften weiter runter ins Firtina-Tal, sammeln dabei unterwegs noch einen großen, freundlichen Hund auf, der uns bis zum nächsten Morgen bewacht. Wir zelten dann gleich hinter der Einmündung ins Firtina-Tal auf der Sitzgruppen-Freifläche zwischen Atatürk-Denkmal  und einer Teestube.
Bank umstellen, dann ist genug Platz. Sind nach ca. 1500 Hm Gepäck-Abstieg total platt. Unser treuer Hund verbellt jeden der Holzlaster, die noch bis tief in die Nacht aller paar Minuten das Firtina-Tal herunter kommen. 22.00 Uhr nach ein paar Insekten-Stichen Nachtruhe.

Samstag, 24.9.: 

7.00 raus, Toilette mit Spiegel & Seife gleich hinterm Zelt. Den Hund begrüßen, packen, der Chef der Teestube kommt und lädt uns auf einen Tee ein. Wandern dann ins Tal, schöne alte Steinbrücke, sattgrüne Schlucht, wilder Fluß, kaum Verkehr. Ein Restaurantbesitzer nimmt uns mit bis zu seinem Restaurant in Camlihemsin, einem netten kleinen Städtchen neben dem Fluß in einem schmalen Canyon.

Einkaufen, Batterien, Toilettenpapier, Lebensmittel, leckeres warmes Brot. Laufen zur Dolmus-Haltestelle am Ortsausgang, 5 Minuten später sind wir unterwegs nach Pazar. Nach einigen Minuten Fahrt das nächste Katastrophenbild: Die auf Eis gelegten Staudammpläne für das Firtina-Tal werden jetzt verwirklicht, der Bau des Dammes hat begonnen, Camlihemsin und das berühmte Firtina-Tal sind auch zum Abschuß freigegeben, genau wie die Urwälder und Canyons im Süden des Kackar.

Kurz vor Pazar an der Tankstelle in Ardesan raus aus dem Dolmus, Kocher betanken. 2 Minuten später Bus-Stop Richtung Trabzon. Längere Verpflegungs-Pause an der nächsten Tankstellen-Raststätte. Sehen unterwegs 2 Unfälle, einer ganz frisch, umgekippter LKW, dazu ein böse  zerquetschter PKW nach Frontalzusammenstoß, ein Typ mit zerfetztem Bein wird zum Auto gebracht.
Der Fahrer setzt uns Nähe Ortseingang Trabzon ab, direkt am 10 Minuten später startenden Bus nach Macka. Man will uns gleich ein Taxi nach Sumela bestellen ... Wir bleiben in Macka, suchen das lt. Müller gute und günstige Hotel, das hat nach Auskunft des Chefs der Teestube daneben seit 6 Monaten geschlossen, ist pleite. Jetzt ist das günstigste Hotel ca. 60 ... 70 Lira.
Zufällig (?) fährt gerade der Chef des Sumela-Campings bei ihm vor, wir steigen gleich in seinen Jeep, machen noch einen kurzen Stop zum Brot kaufen, dann einige km raus aus dem Ort zum Camping Restaurant am Fluß, wo wir di einzigen Camper sind.

Mühsames Starten der Gas-Therme, dann ausgiebiges Duschen & Wäsche waschen. Innovative Plastikbeutel-Wäscheklammer-Lösung von Angela zwischen den Bäumen vorm Restaurant, alles kein Problem. Die dicken Wolken liegen ca. 150 Hm über uns. Zum Glück gibt es heute kein Dolmus mehr bis hoch. Sehr angenehme Temperaturen hier, 22 Grad trotz dicker Wolken, noch um 18.30 Uhr. Schon den ganzen Tag schwülwarm.
Der Camp Chef kommt, er hat den Dolmus-Fahrer nach Sumela angerufen, daß er uns morgen am Camp abholt, ca. 10.30 Uhr. Ab 21.30 Uhr Gewitter & heftiger Regen, Wassereinbruch an der Naht oben über dem Eingang durch den Reißverschluß. 23.00 Uhr Ruhe. Gelegentlicher Straßenlärm wird vom Fluß übertönt. 


Sonntag, 25.9.: 

7.00 auf, große Trockenaktion, der Chef spendiert uns zwei Kaffee. Ausgiebig Frühstück, der Chef läßt uns noch zwei Tee bringen. Bis auf die dicken Socken sind alle Klamotten trocken durch die Morgensonne. 10.20 Uhr an die Straße, Dolmus kommt nicht bis 10.50 Uhr, trampen, erst PKW, dann Pickup, Fahrt durch wildromantische Fels- und Waldlandschaft, gespickt mit Urwaldriesen.

Sumela-Ankunft: Einiges an Kommerz im Tal, viele Reise- und Kleinbusse. Aufstieg zum Kloster mit Rucksack, großes Hallo bei den entgegen kommenden Massen aus aller Herren Länder. Mit dem Erreichen des Klosters setzt ein heftiger Schauer ein. Wir sitzen bequem und trocken auf einer Steinbank unter den Rundbögen; Brotzeit.
45 Minuten später Regenende, kalt, neblig, feucht, wolkig, windig. Den oberen Weg entlang zur Straße. Am Abzweig in die Berge kommen uns LKW's voll mit Kühen & frierenden Bauern entgegen. Beschließen  trotzdem Aufstieg. Alle paar Minuten kommen uns LKW's mit Bauern und Kühen und Fahrzeuge mit Wochenend-Ausflüglern entgegen.
Alle grüßen uns begeistert bis auf ein Auto mit jüngerer Besatzung, die wollen uns erzählen, daß es oben nicht weiter geht.

Wir gehen noch bis zum Beginn des Alm-Geländes, dort herrscht ein ziemliches Wirrwarr alter und neuer Straßen. Ich suche 30 Minuten lang einen brauchbaren Zeltplatz, 15 Minuten davon im wieder einsetzenden Regen. Überall liegt Picknick-Müll. Wir gehen im Wald entlang der alten Straße links vom Fluß 5 Minuten flußaufwärts hoch, statt der neuen, häßlich in den kahlgeschlagenen Westhang gefrästen Straße zu folgen.
Rechts vom Weg am Fluß ein schöner Zeltplatz auf Moos unter Bäumen. Es kommt kaum Regen unten an, erst später kommt dann doch etwas durch. Kein Essen kochen, nur Brote. Lesen & Planen. 22.00 Uhr Ruhe.

Montag, 26.9.: 

6.00 wecken, 6.40 raus, kalte Füße, hatte keine Socken an, nachts in die warme Daune gewechselt, ca. 10x nachts Arm-Probleme. Kaffee + Keks, packen, 8.00 weiter aufwärts am Fluß, durch schönen alten Nadelwald bis zur Furt an der Alm. Rüber waten, Frühstück.
Hoch zur Straße, Aufstieg, links der total vom Straßenbau zerstörte Almhang, rechts eine schöne Fels- und Wald-Wildnis + Fluß-Canyon. Dann zunehmend flache Steppe, weite Hochtäler, ein beeindruckender 3000er, eine kleine Siedlung mit quadratischen Häusern, Spitzdächern und Kuhdung-Ritzenfüllungen. Nicht eine Satelliten-Schüssel !

Immer noch viele Kühe und Schafe zu dieser Jahreszeit, weite Landschaft. Ein Mädchen schenkt uns ganz begeistert zwei der Matschbirnen, die wir schon gestern zusammen mit den grasgrünen Äpfeln von einem Autofahrer bekommen haben. Dann weiter, flacher einsamer Aufstieg Richtung Paß entlang des Baches, zwischen den beiden Straßen. Lager aufschlagen ein einer freundlichen Mini-Canyon-Ecke ca. 1 km vor dem Schlußanstieg in einer skandinavisch weiten und kargen Gras-Berglandschaft. Eine große Schafherde in einem Kilometer Entfernung. Nasse Schuhe, aufgerissenes Innenfutter, abgelöste Brandsohle. Aufbauen, Wasser desinfizieren, Süppchen kochen.
Heute früh schon ab 10.30 Uhr erste Wolken. Ab 14.00 Uhr verfolgen uns von hinten dichte Nebel und dunkle Wolken, einzelne Regentropfen holen uns immer wieder ein, aber kein Regen ! Ab 21.00 Uhr dann glasklarer Sternenhimmel.

Dienstag, 27.9.: 

6:00 raus, alles gefroren, dick Rauhreif auf dem Zelt, Schlafsack feucht. Super Wetter, der Talkessel und der 3000er leuchten golden im glasklaren Morgenlicht. Kaffee kochen, flott packen, 7.00 Uhr Start. Aufstieg zum Paß, Schild 2700 m. Waren ca. 150 m Aufstieg vom Lager zum Paß, Lager war ca. in 2550 m. Eine kleine Siedlung, weitgehend schon verlassen, Wasser kein Problem.

Dann hinter dem ersten kritischen Abzweig eine große Yayla, wir werden begeistert empfangen, man rüstet sich gerade für den morgigen Abmarsch. Fotos machen, Adressen tauschen, Tee und ein leckeres Riesen-Frühstück. Man studiert hoch interessiert unsere Landkarte und testet die Wanderstöcke. Dann kommen die Rucksäcke in den Jeep, Großvater (67 Jahre) fährt uns samt Essen für die Friedhofs-Renovierer (erster Weltkrieg) hoch zum Paß. Angela oder ich sollen den Jeep fahren ...
Oben muß ich Bilder vom Friedhof und vom unten liegenden Dorf machen und versprechen, dass ich die Fotos zu ihm nach Trabzon schicke. Auf der anderen Paßseite werden wir noch ein Stück runter gefahren, quer durch eine großartige, Südwest-USA mäßige, bunte Canyon- und Wüsten-Landschaft mit Espen an den erodierten Hängen.  Ein uraltes Dorf in einem Seitental. Bärenspuren auf dem Weg. Steigen ab in den Canyon, große Zelt- und Schlafsack-Trockenaktion, komplett waschen und rasieren im Fluß.

Talwärts kommt ein schönes Dorf inmitten einer grünen Oase. Freundliche Begrüßung, Kuhdung trocknet überall, eine Deutsch-Türke macht mit seinem Digital-Apparat Fotos von uns, ist gerade auf Heimaturlaub. Weiter unten dann wieder große und kleine Krallen-Tatzen im frischen Schlamm vom gestrigen Regen.
Viele gute Zeltplätze am Fluß. Am Rechts-Knick des Canyons eine üppig grüne Oase mit christlich-moslemischer Kirche und großem Dorf vor wilder Wüsten-Berg-Kulisse. Laufen um den Knick runter zur Hauptstraße, werden von winkenden Leuten zum Schlafen eingeladen, ziehen aber weiter. Waten am Dorfende durch den Fluß, einer sieht uns und kommt hinterher. Erzählt irgendwas und ist offensichtlich ziemlich erstaunt, daß wir nicht im Dorf schlafen, sondern in den Bergen campieren wollen.
Verabschiedung und Aufstieg in einen Wüsten-Canyon voller Zikaden-Stimmen und mit schön gerader Zeltfläche. Aufbauen, kochen, die letzte Suppe brennt an. Wir essen das letzte Brot mit Butter, den letzten Käse, dazu das letzte Stück Gurke, etwas Schokolade und ein halbes, 4 Tage altes Gebäck.

20.00 Uhr: Angela schläft schon, ich schreibe. Dann nähern sich Stimmen, halten vor dem Zelt, in deutsch befiehlt man uns, heraus zu kommen. Kriechen im Scheinwerferlicht aus dem Zelt. Draußen sind 2 Zivilisten und eine Gruppe im Kampfanzug mit Kalaschnikows.
Wir müssen die Reisepässe zeigen. Einer der Zivilisten ist der Bürgermeister, der zweite ist der Bruder der Frau des Bürgermeisters, kann deutsch, wohnt in Mainz. Erklärt uns, daß es hier viel zu unsicher ist. Entschuldigt sich für die Störung vom Commandante. Wir sollen abbauen und Gast beim Bürgermeister oder beim Commandante sein. Besser aber beim Bürgermeister, wegen der besseren Verständigung.

Packen, absteigen, großes Hallo bei der Flußdurchquerung, unser Dolmetscher holt sich nasse Füße, wir sind fein raus mit unseren Stöcken, hüpfen von Stein zu Stein. Oben an der Straße stehen noch 5 Typen mit Kalaschnikow und sichern den Einsatz; Gendarmerie, zuständig für alles außerhalb des Ortes.
Werden dann zum Bürgermeister gefahren, rein in die gute Stube. Man ist gerade dabei, große, weiße  Zucker-Bohnen auszupuhlen, die Aktion geht bis 22.30. Wir können gerade noch die Zubereitung eines großen Gastmahles abwenden. Es gibt dann ein leckeres Kartoffelgericht, Käse, Brot, Butter, Honig, Tee. Der Bürgermeister ist 46 Jahre, seine Frau schluckt Schmerztabletten.

Terroristen haben vor 4 Wochen einen Soldaten umgelegt, deshalb die Nervosität wegen uns. Wir sind dem Typen, der uns gestern nachgestiegen ist, aufgefallen, weil wir nicht in Straßennähe übernachtet haben, sondern nachts noch ins Hinterland abmarschiert sind. Das war wohl nicht ganz die Norm gewesen ... Er hat deshalb die Gendarmerie und den Bürgermeister alarmiert. 23.30 Uhr Rückzug in unser Gemach.

Mittwoch, 28.9.: 

7.00 raus, zum Frühstück gibt's leckeren gebratenen Fisch (Angela hatte gestern erzählt, dass sie fischessende Vegetarierin ist), Brot, Fladenbrot, Butter, Honig und Marmelade. Beidseitiges Foto-Shooting vor dem neuen, vor 2 Jahren gebauten Haus mit den Riesen-Zimmern.
Mit dem (privaten) Mukhtar (=Bürgermeister) Van vor zum Abzweig nach Pirahmet / Erzincan, vorbei am 300-Insassen-Gefängnis der Region. Zufällig kommt gerade der Commandante mit seiner Mannschaft vorbei, steigt nebst Subcommandante aus, Fotoshooting, Adressen-Tausch. Der Commandante möchte gerne eine Ansichtskarte aus München.

Wir fahren weiter nach Pirahmet, bei Bekannten Pflaumen essen. 9.30 Uhr Fernbus-Stop Trabzon-Erzincan. Lipton-Tee vom Steward für alle. Vorbei an Wüstenbergen und der neuen Aserbaidshan-Pipeline am zweiten Paß. Nach zwei Stunden in Erzincan. Sofort kostenloser Shuttle zum Bahnhof, der nächste Zug nach Shivas geht 16.30 Uhr. Wir fahren gleich wieder mit dem Shuttle retour zum Busbahnhof, vorher gibt's noch eine kleine Stadtrundfahrt: Modernes, sauberes und sympathisches Stadtbild vor beeindruckender Bergkoloß-Kulisse. Im Süden sind die bizarren Munzur-Berge gut zu sehen. Die sind aber angeblich noch zu gefährlich wegen anhaltender PKK-Aktivitäten, soll wohl das Zentrum des PKK-Terrors sein.

Wir fahren deshalb weiter auf der Nord-Route, heute bis Sivas. 3 Stunden Fahrt + 30 Minuten Pause an der Raststelle der Busgesellschaft, mitten in der Pampa gelegen. Wir fahren auf einer vierspurigen, teils noch im Ausbau befindlichen, kaum benutzten Schnellstraße durch meist menschenleere Landschaften voller Wüstenberge, im ersten Teil der Strecke durch absolute Schutthalden-Mondlandschaft. Später kommen dann wenigstens mehr landschaftliche Formen dazu und gelegentlich sogar ein noch bewaldeter Hang. Parallel zur Straße über weite Strecken die frisch vergrabene Aserbaidshan-Pipeline.

Sivas: Dolmus ins Zentrum, Hostel suchen, Stadtrundgang. Sehr lebendig, total von Studenten dominiert. Reichlich Internet-Cafes auf der anderen Seite des Parks, eine Stunde Surfen in einem verräucherten Cafe, beaufsichtigt von einem Türkisch-Berliner auf Urlaub. Er findet Sivas genau richtig zum Wohnen, nicht zu groß und nicht zu klein. 22.00 Uhr Ruhe.

Donnerstag, 29.9.: 

7.15 raus, nachts volles Rohr eine Moschee gleich nebenan. Frühstück, Dolmus, Busticket, Tee mit Ex-Gastarbeiter, jetzt Geschäftsinhaber, im Busbahnhof. Airan trinken, Memos schreiben, 10.00 Start nach Amasya. Wolken, etwas Regen. Gegen 14.00 Uhr da, Hotel suchen, wie so oft ca. 50% Preissteigerung seit Müller 2004.

Amasya: Spektakuläre Lage in einer wilden Felsen-Umgebung, heller Fels, nördlich des Flusses um den Burgberg noch überwiegend alte türkische Häuser, teils renoviert, teils abrißreif. Früh eine Sandale gerissen, unser Schuster an der Ecke repariert sofort und klebt auch gleich noch die Brandsohle an die Bergschuhe. Macht insgesamt 1 Lira !
Abends mittelmäßig essen in der Altstadt. Südlich vom Fluß: Unsere Hotelgasse ist Fußgängerzone.

Freitag, 30. 9.: 

7.30 raus, Ruhetag. Weit links vom Ali Kaya den Hang hoch, Kaffee kochen. Reichlich Tee- und Walnuß-Einladungen während des Aufstiegs.Vorzügliches Mittagessen mit Panorama im Ali Kaya: Erstklassiger Fisch, Salat, Pommes, Ayran, Brot. Aufstieg durch die "Wildnis-Erschließungszone" mit reichlich Baustellen und neuen Villen zum Canyon bis kurz unter den Rim, üppig grün, weiter unter vielen (unbekannten) Obst- und Fruchtbäumen, dazu Vogelgezwitscher wie im Frühling.

Weiter unten begeisterte Kinder-Massen. Baum-Entastungs-Aktion, die alten Holz-Strom-Masten werden durch neue Stahl-Masten ersetzt. Werden über ein privates Grundstück umgeleitet. Überall sind Walnußernte und -Trocknung im Gange. Ab 15.30 Uhr bewölkt. 17.00 Uhr wieder ok. Abends stundenlang Internet, emails aufarbeiten etc. Vor unserem Hotel wüten zwei Laden-Betreiber bis 23.00 Uhr mit dem Trennschleifer.

Samstag, 1.10.: 

7.15 raus, Dolmus-Bus-Bahnhof, gleich ein Bus nach Havza. In Havza 1,5h Aufenthalt: Guter türkischer Kaffee, Eis, ungemein leckerer Hackfleisch-Lahmacun, Weintrauben, Tee-Einladung.
11.30 Start Minibus Kastamonu. Flotte Fahrt über holprige Strecke, rechts ein Stausee mit Kiefern-Kalk-Gebirge, zwei längere Stops, 1x in Boyabat (
Schuhputzer- & Simit-Verkäufer-Kinder-Gruppen auf Kundensuche), 1x in Tasköprü (Tee vom Wirt geschenkt).

Kastamonu: Relaxte Atmosphäre, ruhiges Panorama-Zimmer im 5. Stock im Hotel Selvi, mit Riesen-Terrasse davor. Aufstieg zur Burg durch die schöne, ausgedehnte Altstadt mit (alten) Ziegeldächern und schönem Blick auf die Stadt in der Spätnachmittags-Sonne.
Sehen in der Stadt ein Bild vom "Küre Dagi Milli Park". Großer Wochenmarkt, ziemlich unpassende Mehretagen-Stahlkonstruktion in der Altstadt, "kaufen" 4 Paprikas (geschenkt). "Kaufen" 100g türkischen Kaffee, geschenkt ... 22.00 Uhr Ruhe.

Sonntag, 2.10.: 

7.15 raus, Kaffee und Eier kochen, super-leckeres rundes Weißbrot zum Frühstück, Tomate, Honig. Seit 2003 nagelneuer, großzügiger, sehr moderner Busbahnhof etliche Kilometer nördlich. Einer bringt uns zum Stadtbus, der Busfahrer war 5 Jahre in Nürnberg, spendiert uns Tee, 3 min später ist Abfahrt. Der nächste Bus nach Agli geht erst 12.00 Uhr. Lesen, Obst und Brot kaufen, Cafeteria, Fotos vom Busbahnhof machen, ein Taxifahrer ist ganz begeistert von meiner F717, will gleich wissen, wieviele Dollar das Teil gekostet hat. Bestellen in der Cafeteria Kaffee sade, ist aber trotzdem etwas Zucker drin.

12.00 Uhr geht der Minibus nach Agli, bis Agli trotz grüner Linie in der Karte nur öde Steppe. Wir fahren noch weiter bis zum Abzweig nach Senpazar, weiter geht nicht. Ist schon etwas grüner hier. Kaum Verkehr. Autostop bis Senpazar durch eine schöne Fels- und Wald-Landschaft. Wir laufen weiter Richtung Cide, eine Familie nimmt uns noch ein Stück mit bis zu einer Brücke über einen Fluß, der in einen wilden Dschungel-Felsen-Canyon führt, zumindest am Anfang, später nicht mehr einsehbar. Wir wollen gerade loslaufen, als ein nobles Auto mit einem jungen türkischen Pärchen hält. Wir fahren hoch zum Paß, oben steht ein Schild mit "Küre Daglari Milli Park", ringsum toller subtropischer Wald und Canyon-Blicke. Gleichzeitig ist der Paß der Beginn einer grandiosen, weiträumigen Landschaft aus Kalkfelsen und üppigem Dschungel. Besonders eindrucksvoll ist der Kammbereich.

Wir fahren auf einer neuen, wie üblich brutal in den Berg gefrästen Straße und kommen nicht mehr auf die alte Straße von Azdavay, wo wir laut unserer Karte hätten einmünden müssen. Ist wohl eins der vom WWF befürchteten Straßen-Projekte.
Steigen aus am weiten, sichelförmigen Strand von Cide, breiter Fußgänger-Boulevard, dahinter eine kaum befahrene, breite Straße. Noch keine Anzeichen für den bevorstehenden Autobahnbau. Ausgiebige Brotzeit an der Landzunge am Strandbeginn. Wir laufen los, ein weinrot gekleideterTyp mit rotem Fahrrad lädt uns zum Tee ein, ist ein Rentner aus Essen, dazu kommt noch ein Rentner-Kumpel aus Berlin. Er meint, die alte Straße nach Kastamonu war schmal und schlecht, mit der neuen Straße wird aber alles gut ... Er meint auch, daß die neue Autobahn auch in Cide über den Strand führen wird.

Wir sollen unbedingt bei ihm übernachten, laufen dann aber weiter. Ein Klein-Transporter nimmt uns mit bis zur Bucht von Gideros. Wir laufen runter zum Wasser, ganz unten eine Kneipe mit einem Tisch voller Gäste und einem Tisch der Wirts-Familie. Wir werden gleich eingeladen zum Tee, Fettbrot, Äpfel, Walnüsse. Der Patriarch kommt zu Fuß die Bucht herab gestiegen. Sollen erst hier unterm Vorbau zelten und morgen nicht vergessen, die Tür zu schließen. Sollen dann aber bei seinem ein Bier nach dem anderen trinkenden Kollegen übernachten.

Kleiner Rundgang, dann ist der Kollege weg, sollen doch wieder zelten. Zelt aufbauen, dann kommt erst die Frau vom Kollegen und will uns etwas erzählen. Dann kommt noch der Patriarch mit dem Sohn vom Biertrinker vom Boot zurück. Wir sollen wieder abbauen und zum Kollegen gehen. Das tun wir dann auch. Es gibt ein bescheidenes Zimmer beim Kollegen und eine Knoblauchsupper + ein leckeres Fischessen. Dazu Fernsehen (>100 Programme), aber kein Wasser aus der Leitung. Der Biertrinker schläft friedlich seinen Rausch aus, während wir essen. Wird dann aber doch noch wach und bekommt noch ein Knoblauch-Süppchen am mobilen Hocktisch.

Großes Haus, sehr schlichtes Interieur, eine scheue kleine Tochter, ein Sohn mit "Good Bye"-Marotte. Überaus freundliche Leute. Eine katastrophale Matratze und zuviel Tee im Blut.
Ruhe.

Montag, 3.10.: 

Nachts legt selbst hier eine Moschee los, begleitet von mehrstimmigem Hundegeheul, das noch bis Sonnenaufgang anhält ... Dazu Regen. 7.15 raus, packen, dann wird die Familie wach (bis auf den Vater). Man fragt uns nach Tee, bereitet aber ein gigantisches Frühstück mit reichlich vorzüglichen Bratkartoffeln, Oliven, Eiern,  Feigen-Konfitüre und natürlich Tee & Brot. Dazu unsere Butter und Gewürze. Danach sind wir echt genudelt.

Zum Abschied steht der Chef extra auf. Es hört auf mit regnen ! Der Sohn kommt mit hoch zur Straße, er will nach Cide. Der Verkehr geht gegen Null am Montag vormittag. Wir laufen die schöne, üppig grüne Kalkfelsen-Küste entlang, bis es reicht. Stoppen dann einen Klein-Transporter. Als wir einsteigen, beginnt es wieder zu regnen.
Mit Angela auf dem Schoß sitzen wir zu viert in der engen Fahrer-Kabine. Fahren bis Kurucasile. 2 km vor Kurucasile kommen wir durch die Siedlung Kapisuyu, gelegen an einem spektakulär schönen kleinen Sandstrand unter Kalkfelsen, eingerahmt von bis runter ans Meer reichendem subtropischem Regenwald.

In Kurucasile geht es zum Möbelhaus des Beifahrers, Tee trinken, Digitalfotos anschauen am Computer. 12.00 Uhr im übervollen Minibus nach Bartin. Es gibt keine Direktverbindung mehr nach Amasra seit dem Bau der neuen Beschleunigungs-Strecke 6 km vor Amasra.
Wilde Buchten-, Pässe- und Kurvenfahrt, steigen aus am Abzweig in einer ziemlich verwüsteten, weithin sichtbaren Tagebaulandschaft. Es ist der Amasra-Abzweig der in bester türkischer Bauweise so unästhetisch wie nur möglich direkt aus dem Gebirgskamm gefrästen Beschleunigungs-Strecke.

Eine gute Stunde Fußmarsch, meist im Regen, bis zu einem Aussichtspunkt über Amasra mit beliebter Quelle. Ein Sammeltaxi von Cakraz überholt uns, zumindest von dort scheint es also noch eine Direkt-Verbindung zu geben. Es ist kalt und stürmisch geworden. Kaffee kochen am Aussichtspunkt an der Quelle. Frei herumstehende bequeme Stühle + ein Tisch mit Top-Amasra-Blick, sehr komfortabel.

Eine 5-Kinder-Familie mit Kleinbus und Wasserkanister fragt uns, ob wir mit runter in die Stadt wollen. Wir wollen natürlich, es geht runter zum Osthafen. Dort stürzen sich die Pensions-Schlepper auf uns. Wir gehen aber in die Kale Ev Pension, gelegen ganz oben am Bucht-Ende: Schlafzimmer, Gemeinschaftsküche und -Wohnstube mit TV. Heute alles für uns allein, kostet 30 Lira. Dazu eine Riesen-Terrasse mit tollem Bucht-Panorama, gekrönt von den Abraumhalden des für die Umgehungs-Straße abgetragenen Berges.

Terrassen-Teatime, Stadtrundgang. Mülltonnen-Katzen werden von 3 Hunden unter den Autos gejagt. Deutliche Wetterbesserung, außer uns noch etliche Franzosen. Eine Kitsch-Meile mit viel Indianer-Kunst. Schöne verwinkelte Mehrbuchten-Lage der Altstadt, an den Hänge ringsum viel Neustadt-Beton-Gewucher unter üppig grünen Bergen.
Abends das eigentlich für die Küre-Berge gedachte letzte Outdoor-Essen kochen mit unseren reichlichen Brot-Reserven. Duschen, schlafen, draußen ist es weiter stürmisch.

Dienstag, 4.10.: 

8:00 raus, Kaffee, packen, Terrassen-Frühstück. Minibus Bartin auf der alten Straße. Nobel-Dolmus Richtung Safranbolu, erste Hälfte viel urwüchsiges Laubwald-Gebirge und eine schöne bunte, urwüchsige Fluß-Aue. Dummerweise kurz hinter Bartin die nächste Staudamm-Baustelle ... Auf halber Strecke Teegarten-Stop, Tee von der Busgesellschaft spendiert, wechseln dann in nagelneuen, super-noblen Minibus mit Lendenwirbel-Stützen, die Sitze haben noch ihren Plastik-Bezug.

In Neu-Safranbolu bringt uns ein freundlicher Türke (englisch-sprachig) zum Dolmus-Stand Richtung Alt-Safranbolu. Finden am Hissar-Hügel eine freundliche Pension mit feudalen, alt-osmanischen Zimmern. Alles in japanisch beschriftet, beim Losgehen hocken unten lauter Japaner. Gehen hoch auf den Hügel, dort gibt es im Ggs. zum 2004er Müller keinen Teegarten mehr, dafür sind jetzt 0,5 Lira Eintritt fällig.
Über der tollen Altstadt thronen die Beton-Neubauten. Stadtrundgang, ein Mädchen läuft uns "Foto Foto" rufend hinterher, ein freundlicher Junge in Schuluniform zeigt uns das Internet-Cafe. Unmengen Kitsch-Stände in allen zentralen Gassen. Im Internet Cafe viel Rauch und schnelle PC's, aber keine englische Sprachumgebung installiert. Da kann auch der Cafe Chef nichts machen. Arcor email geht wenigstens zu lesen, bei web.de geht nicht mal das.
Die Japaner bilden die absolute Mehrheit der Touris in der Stadt, ein Teil der Läden ist schon in japanisch beschriftet.

Mittwoch, 5.10.: 

4:00-4:30 dröhnen draußen die Ramazan-Trommeln, danach legen die Moscheen los. Ich krame die Mini-Daune raus, es ist zu kühl im Fleece-Schlafsack, 18 Grad. 7.45 raus, packen, umfangreiches Pensions-Frühstück um 8.30 Uhr, nachdem uns die Tochter des Hauses gehört hat: Rührei, Oliven, Käse, selbst gemachte Marmelade, sehr leckere Tomaten. Die Tomaten werden Samstag auf dem Markt direkt vor der Pension gekauft und wenn sie nicht schmecken, wieder zurück gegeben. Die Tochter war in Japan in 10 Orten und konnte dort die verschiedenen Gemüsesorten geschmacklich nicht auseinander halten, alles nur Wassergeschmack.
Sie hat seit der Eröffnung der Pension vor 5 Jahren nebenher englisch, japanisch und etwas koreanisch gelernt. Als die erste Japanerin zum Frühstücken kommt, parliert sie ganz locker in japanisch. 50% der Safranbolu-Besucher sind Japaner. Die Türken müssen während des Ramazan 4:00 Uhr aufstehen, frühstücken, sich waschen, beten und dann wieder versuchen zu schlafen. Deshalb ist sie heute so spät aufgestanden. Ein wichtiger Sinn es Ramazan ist es, den Hunger der Armen zu verstehen und danach ein Schaf für die Armen zu spenden. Sie und ihre Geschwister sind von ihrem Vater dazu erzogen worden, nur Saisongemüse und -obst zu essen, der Chemie und des Geschmacks wegen und auch wegen der Vorfreude.

Kaiserwetter heute. Mit dem Stadtbus in die Neustadt. Minibus nach Karabük, schön in den Bergen gelegen. Bus nach Zonguldak durch eine spektakulär schöne Canyon- und Fluß-Auenstrecke zwischen Laub- und Mischwald-Dschungel, einige wenige Ortschaften. Die allgemeine türkische Landschafts-Zerstörung ist aber auch hier in vollem Gange, zum Glück ohne Staudamm, dafür mit Autobahn.

Zonguldak: Gelegen auf grünen Hügeln, dazwischen Kohlelager und Förderanlagen. Auf offener Straße Wechsel in den Bus nach Eregli. Kurze Schleife hoch zur neuen Uni-Klinik, dann durchs grüne Hinterland, Straße ist im Ausbau.
Kurzer Aufenthalt in Eregli, dann Minibus nach Akcakoca, Strecke auch im Ausbau, fahren bis ins Zentrum zum Platz an der futuristischen Moschee. Laufen 30 Minuten Richtung Westen zum Camping Tezel, ist leider geschlossen dieses Jahr: "Hope soon back with a new project". Ein Shop-Inhaber fährt uns zu einem Pensions-Besitzer in ruhiger Lage über der Küste, 50 Lira für eine ganze Ferienwohnung, nicht schlecht. Bietet uns außerdem noch an, hinter seinem nagelneuen Fisch-Restaurant zu zelten. Wir entscheiden uns für's Zelten, auf einer Wiese 50 Meter vom Meer direkt bei den Klippen.

Rundgang mit kleinem Hund, einige sitzen im Auto zum Sonnenuntergang an der Klippe, draußen liegt alles voller Müll, oben ist die schönste Hochufer-Strecke von eingezäunten Eigenheimen okkupiert.
Reichlich Eisvögel am Flüßchen neben unserem Zelt. Fischessen im Restaurant, war leckerer im Ali Kaya. Duschen in der Personal-Dusche hiterm Material-Lager. Ich bekomme 2x Besuch beim Duschen. Der junge Koch fragt, was ich hier mache ("Einladung vom Chef"), der Ältere schaut nur. Den ganzen Tag stürmische See, abends 18 Grad.

Donnerstag, 6.10.: 

Die ganze Nacht Hundegebell, ab 4.00 Uhr dann begleitet von den Ramazan-Trommlern, ab 5.30 von den Moschee-Lautsprechern. 8.00 raus, ausgiebig Frühstück in der Sonne. Die Enten und die Frösche quaken im Fluß, die Eisvögel toben durch die Gegend, die Nebelkrähen plündern die Maiskolben im Garten, der kleine Hund rennt durch die Gegend. Der Hausmeister (?) schließt den Restaurant-Dusch-&-Material-Keller auf, duscht sich selbst und wirft die Waschmaschine an. Wir nutzen das stille Örtchen.

Hoch zur Straße, 5 Minuten später Minibus nach Kocaola, durch Haselnuß-Hügel, teils schon zur Rennstrecke ausgebaut, teils noch idyllisch. In Kocaola  sofort Anschluß, Minibus nach Karasu, zugebaute, langweilige Strecke. Dort 1,5 Stunden Aufenthalt, Obst kaufen. Alle Tee-Salons am Busbahnhof haben offen, aber kein Angebot, Ramazan.
Ein Teeshop-Besitzer zeigt uns hinter dem Busbahnhof einen berstend vollen Teesalon mit vollem Angebot. Gehört einem Ex-D-Gastarbeiter, der uns gleich einen Tee ausgibt, bevor er sich mit seiner Säge aufs Dach verabschiedet, wird gerade aufgestockt.

Dann Obst essen auf dem Busplatz, bis einer kommt und es uns verbietet: "Hadsh, Ramazan !". 13.10 Uhr Bus nach Kaynarca, das bislang älteste Fernbus-Modell. Langsame Fahrt durch Agrarlandschaft. 14.10 Uhr in Kaynarca, Stop vor Teesalon, ein älterer deutschsprachiger Herr kauft uns eine Orangenlimonade, wir dürfen trinken, er nicht, Tee darf er uns allerdings nicht bringen ...

Minibus nach Kandira. Ab dort geht nichts mehr, ein Minibus-Fahrer bringt uns (kostenlos) zur Straße nach Agva. Etliche Schulkinder begleiten uns. 2 Typen (einer aus Artvin !) nehmen uns mit bis Agva, Fahrt durch eine sehr dünn besiedelte, wald- und wiesenreiche Gegend voller Steinbrüche. Man verteilt Haselnüsse und ist ganz begeistert von unserer bisherigen Reiseroute. In Agva 2 Campingplätze, einer ohne Schatten, groß, 5 YTL pro Person. Einer direkt benachbart in einem Kiefernhain, wenn ich das Schild richtig interpretiere, nicht für Autos, Caravans, für uns kostenlos erlaubt.

Aufbauen, Strandspaziergang, schöner weiter Sandstrand, Dünen, Klippen, grüne Hügel. Einkaufen, Bus nach Istanbul klären, "Stadt"-Rundgang, viele kitschige Wochenend-Häuschen, insgesamt beschaulich und angenehm. Der erste Schwarzmeer-Küsten-Badeort, der wie ein richtiger Küsten-Badeort wirkt. Reichlich aggressive Mücken zum Sonnenuntergang. Verarbeiten  zum Abendbrot die letzten Koch-Essenvorräte, 21.00 Uhr Ruhe.

Freitag, 7.10.: 

7.30 Uhr raus, wärmer als gestern abend: 21 Grad. Rascher Aufzug einer dunklen Wolkenfront, die ersten Tropfen fallen beim kaffee-Trinken. Haben zum Glück schon gepackt, laufen im leichten Regen zum Bus. Gibt leider kein Spülwasser im Bus-WC ...

3 Stunden Fahrt bis Istanbul, dann eine Stunde im Stadtgebiet. Fähre nach Eminönü, Tram nach Aksaray, Hotel suchen, "Davos 2" wird ausgewählt.
Rundgang: Russen-Textilviertel, Ramazan-Markt (noch halbleer), Iskender Kebab in authentischer Lokanta, gut gefüllt zum Sonnenuntergang. Angela vegetarisches Essen in Freisitz. Gehen nochmal zum Ramazan-Markt an der Hagia Sophia, ist jetzt voll im Gange. Leckere Desserts, ZDF-Sportstudio-Bühne vor dem Hintergrund der blauen Moschee, morgen 21.00 Uhr Länderspiel Türkei-Deutschland. Oktoberfest-Stimmung, in der zweiten Reihe hinter den Ständen war das große Tafeln schon lange vor Sonnenuntergang in vollem Gange. Tram ins Hotel.

Samstag, 8.10.: 

Recht ruhige Nacht, 7.45 raus. Frühstück, vorpacken für den Flug. Tram Divan Yolu, in der Tram Schwatz mit Uni-Professor, kann es überhaupt nicht fassen, daß wir Agnostiker sind, wo doch schon die Abfolge der Jahreszeiten zeigt, daß es einen Gott gibt ... Agnostiker sind für ihn genauso schlimm wie Atheisten, "because they are in doubt". Er meint, daß eine Physiotherapeutin in Deutschland mehr verdient, als er als Professor. Er hält die Deutschen für schlecht, weil sie die türkenfeindliche Merkel haben siegen lassen.

Buchen ein "privates"  Airport Shuttle für morgen früh 4:30 Uhr ab Hotel. Illy Espresso an der kleinen Fußgängermeile in Sultanahmet. Teatime im Topkapi-Teegarten, Schwatz mit Ex-Chefarzt der Herzchirurgie aus Hannover/München, Bergsteiger, Globetrotter, Kunstliebhaber und Orientkenner. Ist mit Frau, Reisegruppe und Orient-Express auf dem Weg nach Damaskus.
Er ist Teilnehmer des jährlichen europaweiten Ost-West-Herzchirurgen-Symposiums während des Kalten Krieges in de DDR und Bergsteiger-Freund des Organisators dieses Symposiums, des Hallensers Schubert.  Schuberts Frau hat nach seiner Pensionierung in Könnern (!) ca. 1985 eine Praxis eröffnet.
Er bedauert den Verfall der schönen mittelalterlichen Häuser in Halle während der DDR-Zeit. Hält die islamischen Völker geistig entwicklungsmäßig für steckengeblieben in der Zeit des Baus der Moscheen. Danach kamen keine Impulse mehr ala Renaissance, Rokoko etc.

Laufen dann zur Galata-Brücke und rüber nach Taksim. Sehr angenehme Teatime hinter dem Ufer-Fischmarkt in einem freundlichen Teegarten. Laufe durch die Fußgängerzone bis hoch auf den Berg und retour, es ist proppenvoll heute am Samstag nachmittag.
Über die Brücke zurück auf die Sultanahmet-Seite. Auf dem großen Platz stehen die Armen in einer riesig langen Schlange vor dem großen Zelt und warten auf die Ramazan-Verköstigung. Hoch zum Festplatz an der Blauen Moschee, ist heute abend berstend voll. Tram nach Aksaray, mäßiges Essen in Touri-Lokal. Schokokekse kaufen, Geld zurück wechseln, packen, freche Kakerlaken beobachten.
Gegen 23.00 Uhr Freudenfeuerwerk, die Türken haben die Deutschen 2:1 besiegt.

Sonntag, 9.10.: 

Nachts Kopfschmerzen, 4.00 Aufstehen, 4.20 Uhr stehen wir unten. 4.35 Abfahrt, kurz nach 5:00 am Flughafen. Frühstücken, einen letzten original-türkischen Kahve trinken. In der Buchhandlung gibt's  einen Bildband voller Bilder von Coruh-Canyon, Pokut und Firtina-Tal ganz ohne Kahlschläge und Staudämme ...
Pünktlicher Abflug, leckeres Frühstück, pünktlich in München. Edeka-Einkauf, nach Hause, Super-Herbstwetter, Isar-Spaziergang und -Fotos bei buntem Herbstlaub.


HOME