Balkan Herbst 2014
Einmal kreuz und quer über den Balkan
Vor den Gipfeln des Zentralbalkans
Freitag, 26.09.2014
Mittag Feierabend, Grundsatz-Planungsrunde
mit Cappucino am Viktualienmarkt. Entscheidung fällt erst mal für eine
Tagesbergtour bei dem grandiosen Wetter zur schönsten Laubfärbungszeit. Für die Reise
bleiben zwei Startpunkte im Rennen: Ljubljana und das Dreiländereck BG/GR/TR.
Samstag, 27.09.2014
Beizeiten aufstehen, letzte Prüfung der
Wetterprognosen. Entscheidung für morgen Start in Burgas, Flugbuchung. Dann mit Boxer Aufbruch in
die Wolfsschlucht bei stahlblauem Himmel und grandioser Laubfärbung. Abstieg über
Schildenstein und Jagdhütte. Abends noch Boxers neues Ultrabook begutachten und ein Hostel für die erste
Nacht buchen.
Sonntag, 28.09.2014
In Ruhe fertigpacken, zum Flughafen. Als
ich am CheckIn nach Fensterplatz frage, kommt als Antwort, das es nicht nötig
ist, weil es sind nur ganze 9 Passagiere in der Maschine. Ich frage warum.
Antwort: Weil im Oktober keiner mehr nach Bulgarien fährt.
13:40 pünktlich Start. Im Flugzeug ein
dickes Sandwich und guter Kaffee bei grandiosem Alpenblick. In Burgas sonnig
bei 18 Grad, die letzten dunklen Wolken ziehen gerade ab. Stadtbus vom
Flughafen ins Zentrum, hält gleich um die Ecke vom Hostel, das in einer ruhigen
Gasse gleich hinter der Fußgängerzone liegt. Habe den ganzen 6er Schlafsaal für mich, der Herbergsvater
meint, dass noch eine amerikanische Lehrerin aus Sliven kommt.
Ausgiebiger Stadtrundgang mit Besuch von
Bahnhof und Busstation. Bin am Überlegen ob morgen noch ein Tag Burgas oder griechische
oder bulgarische Rhodopen. Ist schon verdammt früh dunkel.
Montag, 29.09.2014
Entscheidung gegen Burgas, weil Donnerstag
ein Tag Schlechtwetter angesagt ist. Zug nach Plovdiv, im Zug guter
Internet-Empfang, Fahrt auf der Nordroute direkt entlang des Balkangebirges.
Surfe ein wenig zum Thema Balkan-Nationalpark und entscheide mich, schon 60 km
vor Plovdiv auszusteigen, in Karlovo. Ein liebenswürdig relaxter, schön grüner Ort
direkt unterhalb des Stara Reka Canyons. Cappucino auf dem zentralen Platz mit
schönem Blick über üppiges Grün auf die unmittelbar aus der Stadt aufsteigenden Berge.
Ins Hostel, sehr modern und geräumig, aber
extremer Autolärm. Soll ab um 7 ruhig werden. Einkauf auf dem Stadtmarkt.
Reichlich Katzen in der Stadt.
Runde Richtung Canyoneingang durch den Park
am wilden Fluß. Den richtigen Aufstiegspfad identifizieren und gleich zwei
Israelis mitteilen, die kein GPS dabei haben. Einer der Beiden kann kyrillisch
lesen aber nicht verstehen. Ich verstehe den Inhalt der Warnzettel auch nicht,
die überall am
Pfadeingang hängen. Sie meinen, Bulgarien ist unter den Israelis eher ein
seltenes Ziel. Die meisten reisen dahin, wo alle hinreisen.
Döner zum Alpenglühen im Stadtzentrum, 3 Katzen und
ein Hund wollen mitessen. Duschen und Memos schreiben.
Dienstag, 30.09.2014
Erster Espresso auf dem Platz, Brot kaufen,
zweiter Espresso auf dem Platz, Start. Aufstieg um das Wasserkraftwerk herum
und unter den Rohren des Pumpspeicherwerks hindurch. Schon bald am Eingang des
Reservats. Dann entlang des grandiosen Wildflusses durch den schönen Wald.
Neuseeland-Impressionen!
Dann die idyllische Hubanetz-Hütte mit
Speisekarte. Handgebrühter türkischer Mokka. Schwatz mit Bulgarem, der auf dem Botev zelten will
mit seinem Kameraden.
Weiter aufwärts durch die einzigartige
Idylle zur nächsten Hütte, Balkanski Rosii. Werde von drei kläffenden Hüttenkötern
begrüßt, darunter
ein Kleiner, besonders Wütender, ohne Leine. Hoch zur Levskii-Hütte, hat gerade noch Sonne.
Beschließe Aufstieg zum Paß, wegen der fortgeschrittenen Zeit im höchstmöglichen
Tempo. Am Waldrand sitzt schon einer und erfreut sich an dem schönen
Panoramablick auf die ab hier sichtbaren hohen Berge. Verlaufe mich auf dem Weg
zum Pass und lande 5 min nach Sonnenuntergang auf einem kleinen Panoramahügel über dem Paß.
Pferde auf beiden Seiten, gehen ist behindert durch die Mikro-Krüppelkiefern.
Bleibe auf dem Hügel, da hier Gras ist und Panorama
und die Pferde weit weg. Warm anziehen hilft nicht, bin sehr schneĺl ausgekühlt, auch essen
macht es nicht besser. Erst im Schlafsack mit vorgewärmter Jacke um die Füße wird es
besser.
Mittwoch, 1.10.2014
Nachts lärmen die Pferde um das Zelt. Gegen
Morgen wieder saukalt, die aufgehende Sonne taut mich wieder auf. Der Botev zum
Greifen nah in der klaren Morgenluft. Schöner Panoramaweg über den
wilden Wäldern des Dschendena-Reservats, wo die Laubfärbung gerade einsetzt.
Überquere eine Botev-Schlucht nach der anderen, die von der Schneeschmelze
angeschwollenen Sturzbäche entpuppen sich als ernsthaftes Hindernis ohne Stöcke.
Eine israelische Familie macht Rast am letzten Wasserfall vor der Hütte. Ist wohl
doch kein so großer Geheimtipp mehr hier unter den Israelis.
Erreiche die Raj-Hütte in spektakulärer Lage unter den
Botev-Südabstürzen mit dem höchsten Waserfall Bulgariens. Lauwarmer Kaffee aus
Plastikbecher, eine bulgarische Kletterer-Gruppe rüstet sich für den Aufstieg. Pause in der enorm
warmen Sonne, ein Zelt steht auf dem weiträumigen Zeltgelände. Verzichte auf
den Aufstieg zum grandios in der Mitte des Reservats gelegenen Aussichtshügel, die
Wetterprognose für morgen lautet dicke Suppe.
Abstieg Richtung Kalofer wieder durch schönen
alten Buchenwald bis zum Ende der Forststraße, wo es ein grandioses Panorama über das
Reservat mit seinem Aussichtshügel auf die gewaltigen Südabstürze des Botev-Massivs. Die Straße entlang wird das Panorama immer
besser, die perfekte Beleuchtung dürfte aber vormittags sein. Verpasse vor lauter Begeisterung den
Abzweig rechts in die Schlucht, dummerweise gehen die Winterwegweiser immer schön
die Piste entlang. Zur Strafe gibt es heute kein Wasser mehr und Straßenhatscher
bis Kalofer.
Finde dann noch ein schöne Campingwiese
ohne die hier im Weidegelände reichlich herumlaufenden Pferde. 15 Minuten
später stürmt mein bulgarischer Freund auf die Wiese. Begeisterte Begrüßung, dann fängt
er gleich damit an, Feuerholz fürs Lagerfeuer klein zumachen.
10 Minuten später kommt sein Kamerad mit
Stirnlampe den Weg entlang und pfeift ihn zurück und sie verschwinden wieder in
der Dunkelheit. Komfortabel warm heute.
Donnerstag, 2.10.2014
Noch ein langer Hatscher auf ausgespülten
Forstpisten bis Kalofer. Nettes und entspanntes Städtchen am Fuß der Berge,
Espresso am großen Platz. Obst, Gemüse und Flohmarkt. Bus nach Karlovo, weiter nach Plovdiv. In die
Altstadt ins "Old Town Hostel", sehr gediegen, 4er Raum, bislang ist
noch eine Kanadierin drin.
Runde durchs Zentrum, Karamel-Cappucino, es
ist Wahlkampf. Auf den Denkmalberg, am Bahnhof und Yug-Busbahnhof vorbei. Pflastermüde ins
Hostel, duschen. Muß der Kanadierin die Eigenheiten Europas erklären. Ihr
Bruder beschäftigt in seiner Firma nur Philippinas zum Mindestlohn. Sie findet
das nicht gut und fragt ihn immer, wer denn seine Produkte noch kaufen soll bei
dem Lohn. Möchte auch wissen warum die Bulgaren so gut drauf sind obwohl sie so
arm sind im Vergleich zu den Polen und Tschechen, die keine so gute Stimmung
verbreiten. Dann kommen noch 2 Australier sonnenverbrannt aus dem Rila, es wird
viel zu spät.
Freitag, 3.10.2014
5 Uhr der versprochene Lärm der
Straßenreinigung, 8 Uhr raus, Morgen-Espresso und Frühstück serviert im netten Innenhof. Wetterprognose
ist ungut für den Südwestbalkan, laufe zum Bahnhof und fahre erst mal nach Sofia. Wetter
ist ganz ok, nur die Berge hängen in der Suppe. Mit Bahnhofs-Wifi zuvor noch in
Ruhe eine Nacht in Sofia gebucht, da der Zug von Burgas kommt und eine halbe
Stunde zu spät ist. Kaum gebucht, ruft mich der Herbergsvater an und will
wissen, wann ich komme, weil das Hostel im Moment nicht ständig besetzt ist.
Der Zug gewinnt noch Einiges an Verspätung hinzu bis Sofia.
Sofia: Es ist kühl, der Bahnhof wird im großen Stil
umgebaut. Ins Alegra Hostel, Sofronii Vrachanski Str. 145, ruhige Nebenstraße Nähe
Bahnhof. Viktualienmarkt ist zur Hälfte in neue Gebäude umgezogen. Große Runde
durch die Stadt, die Globalisierung ist nicht mehr zu übersehen. Fußgängerzone Vitoscha
ist zur Hälfte neu gepflastert. Die häßlichen Hochhauskästen hinterm NDK sind
immer noch nicht fertig.
Planung, Wetterprognose schlecht Richtung
Albanien/Kosovo, beschließe Weiterfahrt über die neue Donaubrücke bei
Vidin.
Samstag, 4.10.2014
Bus nach Vratsa durch die schon deutlich
herbstlaubbunten hohen Lagen der Berge, Gipfel mal in Sonne, mal in dicken
Wolken. Stadtbummel durch das freundliche Vratsa bei grandiosem Wetter. Dann
kommen von Südwesten reichlich Wolken und ich fahre mit dem Zug weiter nach
Vidin, statt noch einen Tag in die Berge zu gehen. Dort ist wieder
Super-Wetter. Auf dem Stahlponton-Uferweg Richtung Tangra-Hotel, das Zimmer
geht dummerweise zur Straße raus, ist auch nicht so schön neu wie das Hotel vom
letzten Mal.
Runde durch den Uferpark und das Baba Vida
Gelände, am Ende über die geländerlose Mauer bis zur großen Industrie-Ruine mit dem
Fitness-Studio. Danach kommt ein Damm mit Sumpfgelände und blutrünstigen Mücken, es ist
Sonnenuntergang. Rette mich in die Stadt, prüfe die Busse für morgen, es
gibt nur einen Einzigen über die Brücke, um 14.15 Uhr. Zug gibt's auch nur einen, um 12:25 Uhr. Die Brücke hat auch
eine Fußgänger- und Fahrradspur.
Sonntag, 5.10.2014
Planungsrunde im Hotel, entdecke erst
danach die schöne Terrasse mit Hollywoodschaukel und Donaublick. Cappucino im
Hafencafe über der Ponton-Trasse. Bei schönstem Wetter Runde durch das schon
gut belebte Stadtzentrum. Der Zug wartet schon, abgesperrt hinter Gittern. Der
Ticketkauf war eine Prozedur, hinter mir wächst eine lange Schlange. Tor wird
geöffnet, Ausweiskontrolle, ab gehts über die Brücke und durch das endlose Flachland des südlichen Banats.
Craiova: Super Wetter. Der nächste Bus nach
Baile Herculane geht Sonntags erst 18:00, buche in Craiova Zimmer in Pension
Corinna in absolut ruhiger Lage mitten in einem schön grünen
Wohngebiet. Auf dem Weg zur Pension schleudert mir aus einem Kreisverkehr
heraus ein Auto auf 2 Rädern entgegen, mit kreischendem Geräusch in einer Wolke
aus stinkendem Gummiqualm. Hechte hinter das nächste Auto, zum Glück verfehlt
er mich.
Die Pension ist als Pension nicht zu
erkennen, Hausnummern gibt es nicht, nur Block-Nummern. Eine Frau hilft mir,
ruft mit dem Handy an und bringt mich zur Pension. Der Manager kommt 10 Minuten
später angefahren und will die genaue Startzeit wissen für morgen früh, wegen der
Schlüsselabgabe.
Drehe eine Runde durchs Zentrum, auf dem
Weg reichlich streunende Hunde. Die Fußgängerzone wird gerade mächtig vergrößert,
überall wird
gebaut und renoviert. Coffee to Go allüberall, meist von Tschibo. Dazu die üblichen Schnellbäckereien. Der
Nationaltheater-Park ist nicht mehr, stattdessen eine gigantische Baugrube. Auf
dem Rathausplatz Auto-Verkaufsausstellung, abends musikalische Wasserspiele.
Dahinter ein großer Supermarkt, bis 20:00 Uhr offen.
Montag, 6.10.2014
7:00 Schlüsselübergabe, Start Richtung Zentrum,
Anruf + SMS vom Corinna Manager, "Samsung Charger", muss nochmal
retour. Zum Bahnhof, 10 Grad und wolkig. Ticket kaufen, dann exzellenter Kaffee
in einer verräucherten Bar am Bahnhofsvorplatz. Ansonsten überall nur
ToGo-Kaffee und Automaten, alleine im Bahnhof stehen 5 Automaten direkt nebeneinander.
8:52 Uhr Start Richtung Temeswar. Das Bordrestaurant des internationalen
Express ist leergeräumt. Hinter dem Eisernen Tor kommt die Sonne raus und es
geht weiter durch eine schöne herbstbunte Hügellandschaft, durchsetzt mit
Heuschobern und kleinen Feldern. Dann die weite Ebene von Timisoara. Vom
Bahnhof quer durch die Stadt mit ihren riesigen Parks, dem Kanal und den schönen
Altbauten. Überall wird das Zentrum renoviert, viele Innenstadt-Straßen und
-Plätze sind aufgerissen, genau wie in Craiova. Viele Allen in der Stadt, fast
wie in Bulgarien. Ins gemütliche Hostel am anderen Ende der Innenstadt, die Tram 1 wäre fast
direkt zum Hostel gefahren. Zelten geht nicht, gibt nur noch Platz in 10er
Dorm.
Teatime im Garten, Schwatz mit griechischem
Bandleader, sein Samsung ist eine Woche nach Kauf im Eimer, er ist stinksauer,
weil gerade auf Europa-Tournee mit seiner Band, die komplett hier im Hostel
abgestiegen ist.
Fortsetzung der Stadtrunde, riesige
Uni-Areale, 23 Grad, lecker essen beim Libanesen. Duschen im Hostel,
gelangweilte Asiaten hocken den ganzen Tag mit ihren Tablets im Hostel. Ein Franzose
mag keine frische Luft und macht die Balkontür immer wieder zu ("it will
get colder"). Obwohl er noch gar nicht ans Hinlegen denkt. Erhat sich natürlich das
Bett neben dem Balkon ausgesucht. Das Wetter lässt mich Haken schlagen: Richtig
gut wird es nur Richtung Adria. Gibt 2 Verbindungen am Tag Richtung Serbien und
auch nur bis Vrsac, dem Grenzübergang. 0:30 ins Bett, vorher noch das Oberlicht öffnen, ist nur
von meinem Bett zugänglich.
Dienstag, 7.10.2014
6:56 schaue ich auf den Wecker und überlege bis
7:00 ob ich den Frühzug riskieren soll. Bin dann 7:15 abmarschfertig, zum Glück habe ich
gestern ein Strassenbahnticket gekauft und es kommt auch bald eine Nummer 1 Richtung
Gara Nord. 7:41 am Bahnhof, vordrängeln am ersten Schalter, ist nicht der
Richtige. Zweiter ist es auch nicht , Dritter ist es. 7:46 habe ich den
Bahnsteig 7 gefunden und der Schaffner auf dem Bahnsteig sagt, dass es der
richtige Zug ist. 7:48 Abfahrt. Setze mich zufällig zu einem älteren Amerikaner
aus Hawaii, zufällig weit und breit der einzige Ausländer. Er kam mit dem
Nachtzug aus Bukarest. Weitgereister Pensionär, hat nach der Geburt seiner
Tochter 20 Jahre Reisepause eingelegt, ist seit 6 Jahren Pensionär und zieht seit
3 Jahren wieder los. Ist nach Pensionierung und Trennung von seiner Frau von
Northern Wisconsin zu einem Kumpel nach Hawaii gezogen. Will sich Jugoslawiens kulturelle
World Heritage Sites ansehen. Erzählt von der Dominanz des großen Geldes in den
USA, der Ohnmacht der Politiker und des kleinen Mannes gegenüber den allmächtigen
Milliardären. Und das es pauschal 300k$ kostet, einen Fußgänger zu töten.
Deshalb fahren die Amis so umsichtig.
Der Zug geht bis Vrsac, dem ersten Bahnhof
hinter der serbischen Grenze. Dort gibts Tickets nur gegen Dinar, Richard hat
schon ein durchgehendes Ticket. Die Einheimischen verraten mir 200m vom Bahnhof
einen Supermarkt, der eine Wechselstube hat. Am Bahnhof gibts dann nur ein
Ticket bis Pancevo, 17km vor Belgrad, danach Schienensperrung. Türkischer
Morgenkaffee im Pub gegenüber vom Bahnhof.
Zug bis Pancevo. Suchen gemeinsam mit einer
rumänischen Familie die Bushaltestelle, werden auch fündig und sitzen 5 min später im
Bus. Super Wetter seit der Grenze. Belgrad Lasca Busbahnhof: Cappucino und
angeblich (freies) Internet, trotz gutem Signal und gelungener Verbindung kein
Empfang. Dummerweise geht mein o2-Internet-Tarif nur in der EU. Gehen rüber zum
BAS-Busbahnhof. Richard will entweder in Belgrad übernachten oder gleich in den
Kosovo. Ich habe im Zug was über Novi Pazar und sein spektakuläres Kloster gelesen, am Weg nach
Kosovo. Und den Kosovo will ich eigentlich auch sehen.
Nehmen kurz entschlossen den nächsten Bus
nach Novi Pasar. Grenzwertige Entscheidung, da ich Sonntag wieder in München sein muß.
Im Bus stellt sich raus, dass wir Tickets für den17:00 Bus bekommen haben und
nicht für den13:05 Uhr Bus. Außerdem fahren wir voll in Richtung bedeckter
Himmel, nach einer Stunde ist die Sonne weg. Ich glaube, ich habe den Bogen überspannt mit
der Reisegeschwindigkeit. Es geht durch üppig grüne Laubwaldhügel mit
bginnender Laubfärbung. In der Kopaonik-Region werden die Berge wilder und
trockener, teils über hunderte Quadratkilometer mit Kiefern aufgeforstet, teils
verkarstet.
Nach 5,5 Stunden in Novi Pasar, gehen im
Zentrum ins "Hostel KAN". Rundgang durch die gut belebte
Fußgängerzone, schon ein sehr moslemisches Ambiente hier mit den typischen
Männerkaffees und reichlich Moscheen. Richard ist Vegetarier und findet keine
Gaststätte. Essen dann ganz lecker im ehemaligen
TOP-Hotel Vrbac zusammen mit 2 Basketballmanschaften. Drehe dann spätabends noch
eine Runde durchs Zentrum, es ist berstend voll mit flanierenden Massen.
Mittwoch 8.10.2014
Drehe eine Morgenrunde durch den Ort bei
tiefhängenden Wolken, finde auch die im Lonely Planet erwähnten kasbah-artige
(Plattenbau-) Architektur. Treffe Richard in der Fußgängerzone, Morgenkaffee
und Internet. Wetter soll hier und im Kosovo so bleiben heute lt. wetteronline,
aber in Montenegro ist es top. Setze mich in den 9:30 Uhr Bus, der bis an die Küste nach
Ulcinj fährt. Schon lange vor der Grenze wird der Himmel blau und die Fahrt
geht durch grandios bunte Laubwaldberge und entlang spektakulärer Schluchten
nach Rozaje, vor dem Ort noch zwei fette Müllkippen bis zum Schluchtgrund. In
Rozaje erster Stop und als die Einheimischen merken daß ich deutsch bin, werde
ich erst mal ausgefragt und muß erzählen, wie mir Montenegro gefällt.
Rozaje selbst liegt schon oben in der Zone
der Weiden und Fichtenplantagen.
Bald nach Rozaje fahren wir wieder runter
unter die Wolken. Nächster Zigarettenstop ist Berane, 13 Grad um 12 Uhr. Danach
wieder wilde Laubwald-Canyons, teils von Straßenbau-Abraumhalden verschandelt.
Rechtzeitig vor dem Abzweig in den Tara Canyon klart es auf und ein grandioser
Blick öffnet sich in Richtung Durmitor. Dann auf der rechten Seite am
Straßenabzweig Richtung Richtung Moravicka Oberlauf ein phänomenales Panorama
auf die wilden Kalkspitzen der Sinjajewina-Berge mit den bunten Herbstwäldern
darunter. Ein Stück unterhalb dann ein Blick auf den Mrtvica Canyon, bevor unterhalb
des Klosters der spektakuläre Moravicka Canyon beginnt. Im unteren Teil wird
auf der gegenüber liegenden Seite des Flusses gerade eine neue Straße in den
Canyon gefräst, die volle Augenweide.
Hole mir in Podgorica noch eine
Ticket-Verlängerung bis Sutomore und buche ein Zimmer über das Bus-WLAN. Bei bestem
Abendlicht raus aus der Stadt mit kristallklarem Blick auf das gesamte
Gebirgspanorama. Ganz spektakulär wird es bei der Fahrt über den
Seen-Damm und die Brücke mit den Sümpfen, dem See und den Gebirgsketten dahinter.
In Sutomore keine Chance, die Herberge zu
finden, ist auf Google Maps falsch eingetragen. Auch die Leute wissen es nicht,
einer meint, es muss kurz vor dem Tunnel sein. Bei Anrufen hebt keiner ab. Zwei
Frauen lösen das Rätsel, eine hat dann den deutschen Vermieter am Telefon, der
gerade in Stuttgart ist. Er schickt seinen Schwiegervater mit dem Auto, eine
der Frauen bringt mich zum Treffpunkt. Wir fahren dann tmit seinem Mercedes
Rennwagen tatsächlich in ein Wohnviertel kurz vor dem Tunnel. Habe dann die
riesige Pension mit dem ganzen Obergeschoß für mich. Supermarkt und Schwätzchen
mit Daddy halten. Hat in einer Stuttgarter Dichtungsmasse-Chemiebude gearbeitet,
muss jedes Jahr zur Lungenuntersuchung, die meisten seiner Ex-Kollegen haben die
Rente nur ein paar Monate erleben dürfen.
Donnerstag, 9.10.2014
Laufe über den kleinen Burghügel Richtung
Strandpromenade. Oben ein kleines Haus mit Zisterne und bellendem, aber
friedlichem Hund. Gleich vorm Haus der erste Tiefblick auf die schöne Steilküste. Mit
reichlich Haushaltsabfall verziert. Hinterm Haus ein Pfad dicht am Hund vorbei zu
einer schönen Biwakstelle mit einem noch besseren Blick auf die bunte Steilküste. Reicht
aber als Biwakwiese vom Panorama her nicht an die Schlangenwiese bei Petrovac
von 2005 heran. Über die alte Burgruine runter in den Ort, Cappucino an der schon
ziemlich ausgestorbenen Promenade. Planung mit Wifi. Bahnhof, Bushaltestelle.
Bus nach Budva kommt 30 min verspätet von Ulcinj. Ist völlig normal, meint eine
Frau. Kollosaler Bauboom und starke Zersiedlungstendenzen, verglichen mit 2005.
Überall in den Hängen leuchten die Steinbrüche und frisch aus dem Fels
gefräste Baustellen. Bus fährt sogar bis Kotor, ich auch.
Unter Kotors gewaltigen Fjordwänden einen
Espresso trinken, die Wirtsleute versuchen 100% Aufschlag zu ergaunern. Bus
nach Herzeg Novi, einmal um den Fjord bei schöner Spätnachmittags-Beleuchtung.
In Herzeg Novi wartet schon eine Omi mit Zimmer-Offerte am Busbahnhof, einige
Minuten später sitze ich in einem schön ruhigen Zimmer mit Gartenblick.
Fototour über die Panorama-Hügel der Stadt mit ihren parkartigen Friedhöfen. Dann eine Runde
entlang der ausgedehnten, aber fast ausgestorbenen Panorama-Uferpromenade mit Abendsonne
am Lovcen. Im Dunkeln dann durch die mit Boutiquen ausstaffierte Fußgängermeile
mit Vollmond über der Burg.
Freitag, 10.10.
Exzellenter Morgen-Espresso im i-Service
Kaffee, knoble mit der Chefin das Internet-Passwort aus. Morgenrunde durch das
Zentrum, Frühstück im Kirchen-Park. 9:30 Bus nach Dubrovnik. 2 Stunden später da,
Busbahnhof ist gleich am Hafen, wo gerade ein Kreuzfahrtschiff-Hochhaus angelegt
hat. Stadtbus zur Altstadt, dauert wegen Dauerstau gut 20 Minuten. Die Altstadt
hat sich radikal gwandelt seit der letzten Tour: Gigantische Touri-Massen und
der Mega-Kommerz, selbst die Stadtmauer kostet jetzt, 14 Euro. Zahlbar nur in
Kuna oder mit Kreditkarte.
Nach einer Stunde reicht es. Die Idee,
morgen von hier zurückzufliegen, wird zu den Akten gelegt. Laufe zurück zum Hafen,
das ist dann auch der wirklich lohnende Teil des Ausflugs, man bekommt einen
guten Eindruck von der Stadt und ihrer schönen Lage zwischen Küstenbergen
und grünen Inseln
und Halbinseln.
Kaufe ein Busticket nach Mostar und trinke
im Bus-Cafe den besten Cappucino der ganzen Reise. Hostel buchen in Mostar, 16:00
Start, am Meer entlang geht es erst mal Richtung Norden. Zwischen den Küstenbergen
und dem grünen Insel-Labyrinth wirkt das Meer wie ein Fjord. 3 Grenzübergänge mit
6 Kontrollen auf 80 Kilometer. Hinter Neum landeinwärts oberhalb einer brettebenen
ehemaligen Sumpflandschaft mit vielen Kanälen. Gegen 20:00 in Mostar. Laufe
durch das moderat belebte Stadtzentrum zum "Centro Guesthouse", muß
im Shangri La fragen, wo es sich versteckt, ist äußerlich nicht als Herberge
erkennbar. Entpuppt sich als exzellente Unterkunft. Rundgang durch die Altstadt
über die
Steinerne Brücke ans andere Ufer. Bis auf ein paar Japaner ist es menschenleer,
ein paar Gaststätten sind offen.
Samstag, 11.10.2014
Beizeiten raus, es war mit geschlossenem
Fenster viel zu stickig. Packen, Geld und Schlüssel auf den Nachttisch, über die Brücke und
runter zum Fluß unter der Brücke. Morgendliches Vogelkonzert. Durch das
Wasserfall-Gaststätten-Labyrinth wieder in die Altstadt, vor zum Busbahnhof. Ticket
für den
7-Uhr-Bus nach München kaufen, 80 Mark. Verpflegung beim Bäcker gegenüber. Zwei vorzügliche
Espressi. 7:20 Uhr Start. Hält nochmal am Busbahnhof in der Weststadt und ein
weiteres mal am Rande der Stadt. Auf der neuen Straße westlich raus aus der
Stadt und ins Hochland. Erste Rast nach 2,5 Stunden am Motel Kripton,
Morgensonne und klare Luft.
Dann das Städte-Highlight Jaice mit seinem
malerischen Burgberg im laubwaldbunten Talkessel. Schon bald hinter Jaice eine
malerische Tal- und Canyon-Landschaft, überzogen mit einèm bunten Pelz
aus Laubwald. Diese herrliche Gegend zieht sich bis kurz vor Banja Luka. Die
erste Hälfte des Canyons ist mit von einer Kette von Wasserkraft-Stauseen
verschönert worden.
Sitze neben einem klugen Bosnier, der mich
in die Interna von Bosnien-Herzegovina einweiht und auch eine interessante
Außensicht auf Deutschland hat. War 30 Jahre in Berlin. Einen Bären schießen
kostet 20.000 Euro, Strafzettel ohne Quittung 5 Euro, wer nicht seine
Nationalistenpartei wählt, der gilt als Verräter. Seine Stadt hat seit dem
Krieg 2/3 der Einwohner verloren. An der kroatischen Grenze ist der Bus voll bis
zum letzten Platz. Im Bus 27 Grad, kein Aircon. Dafür bei der kroatischen Einreise 30
Minuten anstehen, weil die Grenzer gerade Pause machen. Sowas hat mein Nachbar noch
nie erlebt. Nach der Grenze geht die Bustemperatur auf 30 Grad. Dann zum Glück 30 min Pause.
Bestelle Cappucino am Tresen. Wirt schüttet reflexmäßig unter meinen Augen Instantpulver in die Tasse. Auf
frischer Tat ertappt, bekomme ich dann doch noch einen Richtigen.
An einer Tankstelle bei Zagreb werden 20
Minuten Pause angekündigt. Daraus werden dann 1,5 Stunden, weil wir auf noch 4 weitere
Busse warten, zwecks Fahrgasttausch. In einer einstündigen chaotischen Aktion werden
alle Fahrgäste aller Busse ausgetauscht, teils sogar mehrfach. Die Wellen der
Begeisterung schlagen hoch. Mein Nachbar ist ganz entsetzt, auch sowas hat er
noch nie erlebt. Schlafen, so gut es halt geht.
Sonntag, 12.10.2014
Zu guter Letzt fischt der Zoll in Traunstein
unseren 3er-Buskonvoi raus und lotst uns auf seinen Hof. Alle müssen mit
Gepäck raus und alles geht durch den mobilen Scanner. Ein LKW mit Scanbrücke umgreift
die Busse und durchleuchtet sie. Erst nachdem alle 3 Busse fertig sind, dürfen wir
weiter. Macht unterm Strich nochmal 45 Minuten Verspätung. 2:20 Uhr fahren wir
weiter. Der Zöllner hat meinem Nachbarn erzählt, dass sie letztes Jahr 44
Pistolen aus einem Bus geholt haben. 2 kroatische Busse, davon einer mit "Arbeitertransport"-Aufschrift,
waren vor uns auf dem Hof und dü
rfen ihn nicht verlassen. Sind dann 3:35 Uhr in
München auf dem Busbahnhof, der sich als nächtliche Partyzone entpuppt.
Mit der nächsten S-Bahn zum Stachus, weiter mit dem Nachtbus zur
Hofmannstraße. 5:00 Uhr im Bett.
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