Mallorca Herbst 2013
Biwak, Beach und Ballermann - kleine Insel mit großen Kontrasten
Am Anstieg zum Le Ofre
Do., 3.10.:
Vormittag noch
planen, letzte Teatime, 12:02 U-Bahn zum Zug nach Memmingen. Mini-Flughafen mit
Güllegeruch und Monopol-Cafekette. Fast nur Schwaben im Flugzeug, ich bin der
Einzige mit Rucksack. Es gibt Saft und Sandwich an Bord. Lonely Planet lesen, habe
vergessen die Schreibrechte zu setzen, kann nicht markieren, nur Bookmarks
gehen.
Lonely Planet wird immer substanzloser.
Ankunft Palma: Schwülheiß wie in Bangkok! Bus zum Hostal Tierramar, der Chef muss erst geholt
werden, ein Engländer. Bekomme ein Super Aircon-Zimmer, absolut ruhig, 100m vom
Strand und 15 min vom Ballermann.
Spaziergang den Strand entlang zur Partymeile.
Oktoberfest im Megapark, noch mehr los ist beim Bierkönig in der
Schinkenstrasse. Abseits der Partymeile geht's aber eher beschaulich zu. Viele
Vereins-Grüppchen.
Gute Klima-Anlage im Zimmer, hilft beim Schlafen gegen
die abartige Schwüle.
Fr., 4.10.:
Wetterbericht schlecht für die Tramuntana, weiter im NO
besser. Entscheidung für Alcudia, auch wegen der Feria.
Ausgiebig Frühstück im Hostal, Bus nach Alcudia. Hier
wird gerade für die Feria aufgebaut. Laufe immer längs der schönen West-Küste, gegenüber
Formentor ist diesig, aber sichtbar. Extrem schwül, Schweißausbrüche schon vom
Geradeausgehen.
Aufstieg zu Ermita Victoria, Public WC und reichlich
Wasser. Mega-Almstraße bis zum Pfad-Abzweig. Dann ein schöner Steig durch die
Westwand. Die Abendsonne leuchtet schön in den Felsenkessel. Dann ein
spektakulärer, wie ein Schwalbennest an den Fels gemauerter, extrem schmaler
Durchschlupf zum Bunker-Mirador. Super Panorama, unter mir das Militär, gegenüber Formentor.
Kraxel-Tour zum Kanonengipfel, teils schwere Wegfindung
durch den Felshang. In der Dämmerung oben, immer noch ein fabelhaftes Panorama,
bis rüber zum Cap Ferrutx. Wolkenwalzen über der Tramuntana und Formentor. Biwak
neben der Kanone ausrollen. Dann nähert sich aus der Tramuntana ein Gewitter,
schweren Herzens alles wieder einrollen. Heikler Nachtabstieg runter zum
Bunker. Zunehmender Wind, Zelt statt Biwak. Essen, schlafen.
Sa., 5.10.:
Früh etwas Regen und ein Bergjogger. Nachts kein
Gewitter. Glasklarer Formentor-Blick. Über den Hangpfad zurück zur Forststraße,
hoch bis zum Pfadaufstieg auf den höchsten Berg der Halbinsel. Sind einige
deutsche und Schweizer Wanderer unterwegs hier, mehrheitlich organisiert. Dazu
ein paar spanische Bergjogger. Schönes Gipfelpanorama, ein großes Schutzhaus
mit intaktem Dach.
Abstieg
über den nicht als Wanderweg ausgewiesenen
Südwest-Panoramagrat, einem Bergjogger folgend, umgehe aber den
Kletterabstieg
vom Gipfel südseitig. Weiter durch die Villen-Siedlung nach Alcudia, es
zieht
sich. Großeinkaug im Supermarkt. Halligalli im Ort, die Feria ist in
vollem Gange. Schaue
mir das Treiben eine Weile an und fahre dann mit dem Stadtbus raus nach
Can Picafort. Lager im Wald hinterm Beach bei den Salinen.
So., 6.10.:
Grandioser Sonnenaufgang über Cap Ferrutx, viele
Strandjogger. Durch den Küstenteil des Albufera-Parks, viele neue
Besucher-Lenkungsseile, alte Pfade werden zugepflanzt.
Dann durch die Salinas, der Pfad endet im Sumpf. Weiter durch
das halb aufgebogene Tor des Bergwerksgeländes zur nördlich davon verlaufenden
Straße und über den an der richtigen Stelle halb niedergelegten Zaun. Die
Straße entlang bis zum geschlossenen Tot des Albufera und drüber klettern wie
vor mir die Biker. Auch drinnen im Park wieder alles voller Zäune, selbst quer
durch die Sümpfe. Auf einem Watchtower ein englischer Birdwatcher, der etwas
von 'good for Red Marchers' erzählt. Gehe vor zum Hauptkanal, hier gibt es die kostenlosen
Besucher-Permits. Viel los hier vorn. Verlasse den Park am Hauptausgang und
nehme den nächsten Bus nach Alcudia. Ausgiebiger Fest-Rundgang, am Ende über die Stadtmauer.
Bus nach Inca. Sympathische und absolut untouristische
Stadt. Rundgang und guter Espresso im Zentrum. Bus nach Lluc auf spektakulärer Bergstrecke, oben mit
Regen und Regenbogen. Zelt aufbauen, es hat gerade mit Regen aufgehört. Als ich
den letzten Häring einschlage, fängt es wieder an. Essen im Zelt, bis es wieder
aufhört. Idyllische Lage des Camps in einem Wald- und Felsenkessel.
Schwatz mit holländischem Reiseradler-Pärchen, sie sind
außer mir die Einzigen im Camp. Waren heute mit den Bikes in Sa Calobra und
wußten nichts von der grandiosen Mini-Schluchtwanderung, die man von unten
machen kann. Abendlicher Rundgang durchs Kloster, das Herbergs-Restaurant ist gut besetzt.
Mo., 7.10.:
Morgens regnet es bis 8:30 Uhr. Prognose: Heute immer wieder Sonne
und Regen im Wechsel, ab morgen besser. Beschließe deshalb, mir heute
Soller anzuschauen, hat eine deutlich bessere Wetterprognose, liegt
auch fast auf Meereshöhe und Lluc schon fast auf halber Gipfelhöhe.
Leckerer Espresso am Camp, dann eine spektakuläre Busfahrt vorbei am
Calobra Canyon und durch die Hochtäler zwischen den höchsten
Bergen der Insel, am Ende gehts tief runter in den Talkessel von
Soller. Unten dann wieder das volle Subtropen-Klima mit Sonne satt und
ein sagenhafter, glasklarer Blick auf die wilden Berge rings um Soller.
Über das Idyll von Zentralplatz zum Hostal Nadal, da geht heute nur was
mit Reservierung, morgen wäre ok. Ziehe weiter zum Margarita, da sind
noch zwei Zimmer frei. Die Herbergsmutter beklagt sich über ihren
schwerhörigen 75jährigen Mann, der vor 20 Jahren ein Hörgerät von ihr
bekommen hat und es bis heute nicht nutzt, weil es damals gefiept hat.
Sie erzählt, dass es hier im Kessel von Soller das ganze Sommerhalbjahr
über nicht ein einziges Mal richtig geregnet hat.
Zelt zum
Trocknen aufhängen. Draußen knattern die Mopeds durch die malerischen
Gassen. Rundgang mit vielen Fotos, oben schwarze Wolken, unten super.
Hochbetrieb an der historischen Straßen- und Eisenbahn. Beschließe, 2
Nächte in dieser herrlichen Stadt zu bleiben und morgen eine Tagestour
auf den Le Ofre und in den Biniaraix Canyon zu machen. Sehr schöne
abendliche Atmosphäre am Hauptplatz eine Minute vom Hostal.
Di., 8.10.:
Morgen-Espresso an der Placa, gefolgt von der bislang
leckersten Ensaimada aus der Bäckerei gleich neben dem Planet Cafe.
9:05 ein berstendvoller Bus Richtung Cuber-Stausee, Engländer, Franzosen, Deutsche. Nicht ein Pkw am
Trail-Start.Top-Wetter.
Der Trinkwasser-Stausee ist nur noch ein halbleerer, trüber
Tümpel. Niemand geht die wilde Runde über den ersten Berg, ist
auch nur in
der OSM-Karte, nicht im Rother.
Rechts überm See thront majestätisch der Puig Mayor,
gekrönt von einer Radarkuppel, verschandelt von Straßenbau-Abraumhalden.
Hoch zum Le Ofre Pass, weiter links hoch zum Gipfel.
Feines Wetter, aber zunehmend Wolken. Reichlich organisierte Wandergruppen;
lerne, dass die beiden Stauseen 10 Prozent von Mallorcas Trinkwasser liefern
und dass man als Kletterer sowohl mit als auch ohne Genehmigung auf den Puig
Mayor kommt.
Abstiegs-Abkürzung des rechten Weges auf den
reichlich vorhandenen Wildpfaden, man kann die Felsabbrüche gut umgehen, komme
fast genau am Pass raus.
Die Sonne ist hinter den aufziehenden Wolken verschwunden, als ich in den spektakulären Canyon
einsteige. Weiter unten dann sehr kunstvolle Trockenmauern und -Wege und
-Terrassen. Sehr gut Bwk-geeignet, Wasser gibt es auf 370m, einige Spanier
kommen mir mit voller Ausrüstung entgegen. Das Wasser des Flusses wird in einem
PVC-Rohr abgeleitet, das gut getarnt in einem Mäuerchen den Wegrand bildet.
Schöne Landschaftsbilder unten zwischen Canyon und Ort.
Dann, 19:20 Uhr, ich bin schon in der Stadt, das grandioseste Naturereignis der
ganzen Mallorca-Tour: Wenige Minuten vor Sonnenuntergang unterstrahlt die Sonne
die Wolken und taucht die Berge in ein leuchtendes Erdbeer-Rot, ein Alpenglühen
so intensiv wie ich es noch nie auch nur annähernd gesehen habe. Ich schaffe es
gerade noch rechtzeitig auf einen Parkplatz, wo man das komplette Bergpanorama
sehen kann.
Dann auf dem Hauptplatz das Ereignis mit einem Schoko-Eis
begehen.
Mi., 9.10.:
Wetterprognose wieder schlecht für die Berge,
Entscheidung für einen Tag länger in Soller und Tagestour weiter unten.
Ausgiebig Placa-Frühstück, 10:10 Uhr Bus hoch nach Valdemossa. Sehr schönes
Bergstädtchen, total touristifiziert. Nieselregen, kalt. 14:00 Bus nach Deia,
hier unten ist's wieder warm, schöner Hügel-Rundgang, von unten dröhnt der Verkehr. Abstieg zur Cala Deia,
die Sonne kommt raus, sommerliche Temperaturen in der idyllischen Bucht.
Dann auf wilden Hangpfaden entlang der spektakulären
Felsenküste, immer wieder über umgeworfene Bäume und Bauern-Zäune. Schlage mir
den Kopf blutig an einem dicken und widerspenstigen Ast. Wegführung teils
ziemlich ausgesetzt und mit toten Abzweigen zu abgerutschten Stellen, es gibt
alte Markierungen.
Ende an der super beleuchteten Felswand, weiter hoch auf
Privatstraße, ist zum Glück offen. Am Pass erstklassiges Tramuntana-Panorama,
ist aber schon dämmerig und reichlich Autoverkehr und links und rechts nur
Zäune und keine Abkürzungen oder Pfade zu finden in der Dunkelheit. Wird ein elend langer Straßenhatscher,
bin aber rechtzeitig vor Schließung des Eroski unten, um mich nach dem
Wassermangeltag mit reichlich Obst einzudecken, wird dann auf dem Hauptplatz
verspeist.
Do. 10.10.:
Früh Übelkeit und Schwindel, erster Aufstehversuch
scheitert kläglich. War wohl doch eine leichte Gehirnerschütterung gestern oder die Dehydration oder Beides.
Muss alle Tourenpläne für heute begraben. Packen und Zimmer bezahlen. Madame
mosert, dass ihr Mann mir das Doppel-Zimmer für 25 statt 35 Euro gegeben hat,
er wird extra herbei zitiert, um es zu bestätigen.
Cortado und Ensaimada auf der Placa, bekommen mir noch gar nicht. Zimmer
für morgen im Tierramar buchen via Hostelworld, bei Hostelbookers schon nicht
mehr im Angebot, für heute geht bei beiden nichts mehr. Bus nach Palma,
25er Stadtbus raus zur Platja. Zum Tierramar, es gibt auch für heute noch ein
Zimmer, sogar zum Internet-Preis. Duschen und 2 Stunden Erholung und Lesen auf dem Balkon, dann
kommt die Sonne raus und ich raffe mich auf und starte in die Stadt. Die
bombastische Kathedrale unter stahlblauem Himmel, wandern durch die schmalen
Gassen und über breite Boulevards, gesäumt von Mode-Kaufhäusern und -Boutiquen.
Rüber ins frisch gentrifizierte St. Catalina mit seiner Kneipenszene. Abendrot
überm Hafen vom Mirador am Kunstmuseum aus.
Fr. 11.10.:
Ausgiebig Frühstück, Schwatz mit dem Holländer-Pärchen,
haben ihr Zimmer per Telefon gebucht, nachdem in Hostelworld nichts zu holen
war. Sie wollen im Dezember 5 Monate auf Tour von Thailand bis Vietnam. Der Typ
war 30 Jahre bei Shell und ist gerade frisch in den vorzeitigen Ruhestand
gegangen, weil er noch was vom Leben haben will. Taxi bestellen beim
Herbergsvater für morgen 5:30 Uhr.
Rundgang durchs Zentrum und den östlichen Teil der
schönen Altstadt, es wimmelt nur so vor
Deutschen hier. Keine Sonne heute, dafür immer wieder Nieselregen. Abends noch
einen Spaziergang vom Hostal bis zur Partymeile. Im Megapark auf dem
Oktoberfest ist es nur noch halb so voll wie vor 8 Tagen, beim Bierkönig ist es
noch rappelvoll.
Sa., 12.10.:
5:00 raus, 5:25 Taxi, 7:25 Abflug. Glasklarer Blick über
die verschneiten Westalpen beim Flug über die Seealpen. Graue Suppe und
Schneeregen bei der Ankunftt in Memmingen. Endlich kann ich mal meine
warmen
Klamotten einsetzen. Anrufsammeltaxi anrufen, zum Bahnhof Memmingen,
Alex bis Buchloe, DB bis München. Bis auf einen Tag alle Reisenotizen
komplett mit dem Note nach dem
Zwei-Daumen-Verfahren eingetippt!
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