Balkan Frühling 2013
Drei auf einen Streich: Bosnien, Türkei und Bulgarien
Das Ufer der Neretva in Mostar
Freitag, 17.05.:
19:00
Uhr sollte es losgehen - aber statt Abfahrt gibt es Chaos am
Busbahnhof. Der Bus steckt irgendwo auf der Strecke nach München
im Stau. Nach einer Stunde Warten kommt am benachbarten Bahnsteig ein
Bus nach Mostar, der Fahrer meint aber, dass es nicht der richtige Bus
ist. Die elektronischen Anzeigen am Bahnsteig sind auf Chaos
programmiert, Durchsagen gibt es auch nicht.
Irgendwann sehe ich Bosnier, die mit mir gewartet haben, in den anderen
Bus einsteigen. Jetzt plötzlich soll ich doch in den Bus am
Nachbarsteig einsteigen. Nach dem Einsteigen geht es ewig nicht los,
die Fahrer laufen durch den Bus, zählen die Leute und prüfen
die Tickets, angeblich ist einer zuviel im Bus... Irgendwann geht's
dann doch noch los.
Unterwegs gibt's reichlich Pausen, der Raucheranteil im Bus liegt bei fast 100%. Der Bus ist fast ausschließlich mit Bosniern besetzt. Dazu kommen 2 Südamerikanerinnen mit einem Jungen und ich.
Samstag, 18.05.:
03:30
Uhr macht die EU-Außengrenze Streß. Wir müssen bei den
Slowenen aussteigen, den Ausweis zeigen, rüberlaufen zu den
Kroaten, wieder den Ausweis zeigen, in der Morgenkälte auf den Bus
warten und wieder einsteigen. Die Kontrolle an der bosnischen Grenze
ist im Bus.
Wir fahren in Kroatien nördlich an den Plitzwitzer Seen vorbei
durch eine üppig grüne, blühende
Frühlingslandschaft unter stahlblauem Himmel. In der idyllischen
Landschaft stehen immer noch reichlich Häuser mit
Schußwunden herum.
Dann geht's von Nordwesten nach Südosten auf einer landschaftlich
sehr beeindruckenden Strecke quer durch Bosnien: Ein sattgrüner
Laubwald-Pelz liegt über den Bergen, nur unterbrochen von einigen
neuen Kahlschlägen. Una-Schlucht und -Nationalpark, die
Karsthochebene im Nordwesten von Mostar, die beeindruckende
Panorama-Fahrt runter in den Kessel von Mostar.
Mostar: Nehme ein Privatzimmer neben dem Bahnhof, mit Fenster direkt
über der Bahntunnel-Einfahrt. Gibt aber nur 4 Personenzüge am
Tag und einige wenige Güterzüge, der letzte um 22:15 Uhr.
Ausgiebiger Stadtrundgang, die neue Fußgängerzone und
das historische Zentrum im Osten des Flusses sind moslemisch, die
Neustadt im Westen vom Fluß ist kroatisch. Der Hügel im
Westen der Stadt trägt mazedonien-mäßig ein riesiges
beleuchtetes Kreuz. Man sieht zwar in der Stadt noch viele
Schußwunden und einige wenige Ruinen, insgesamt ist aber alles
wieder gut in Schuß.
Die
Brückenspringer verhandeln mit den Touristen, ein Sprung kostet 25
Euro. Abends schweres Begängnis in der Fußgängerzone, die Cafes sind
voll bis zum Anschlag, man trinkt fast ausschließlich Wasser, Saft,
Cola, Espresso und Cappucino.
Sonntag, 19.05.:
Morgenkaffee
auf der Loggia mit Prachtblick über die Stadt und auf die
potthäßlich in die Bergflanken gefrästen neuen
Straßen mit ihren weit leuchtenden Abraumhalden.
Mit dem Stadtbus nach Blagaj. Wandere vorbei an der riesigen
Forellen-Mastanlage und den Restaurants unten an der Blagaj-Quelle.
Steige dann hoch zur Burg, die erste Hälfte über eine neue
Zufahrts-Straße zu einer neuen Kiesgrube im Tal unterhalb der
Burg, von links oben leuchten die Abraumhalden der frisch verbreiterten
Straße. Den alten Weg gibt's zum Teil noch. Dann Pfadabzweig
rechts hoch zur Burg, nur dank OpenStreeMap auf dem GPS gut zu
finden. Es ist heiß und diesig heute. Vor langer Zeit gab es mal
eine Renovierung der alten Gemäuer, Berge von vollen
Zementsäcken gammeln vor der Burg vor sich hin.
Ein quietschsüßer, Cappucino genannter, Karamel-Milchkaffee
im Ort. Der Fluß durch den Ort wird gerade zur Gewinnung neuer
Parkplätze in eine Betonröhre verlegt. Der Bus zurück
nach Mostar fährt exakt zu der Zeit, die mir meine Wirtin verraten
hatte. Die Abfahrtzeiten-Aushänge in Mostar und hier in Blagaj
sind widersprüchlich und beide falsch. In Mostar noch eine
Stadtrunde drehen und im Buchladen das Video von der
Brückensprengung anschauen. Abends eine leckere
"Bosnien-Spezialität" auf der unteren Terrasse des Babylon mit
Blick auf Ost-Mostar und die Brücke im schönsten Abendlicht..
Montag, 20.05.:
9:00 Bus nach Sarajevo durch den spektakulären Neretva-Canyon und
wilde Berg-Szenerien, wie im Buch beschrieben, im Prenj-Gebiet und
gegenüber auf der anderen Talseite. In Jablanac gibt's schon den
ersten weithin sichtbaren Kahlschlag, bis hoch auf den Gebirgskamm.
Sarajevo: Top-Atmosphäre, ausgedehnte Fußgängerzone,
ringsum suptropisch zugedschungelte Berglandschaft. Zum ersten Hostel
oben am Hang in Süd-Sarajevo, keiner da. Wieder runter in die
Altstadt, lasse mir vom Chef einer Pension ein ruhiges Privatzimmer
empfehlen. Während wir auf den Vermieter warten, fragt er mich,
warum seine Landsleute immer genervter und aggresiver werden, ob es die
vielen Autos sind, die neuerdings die Straßen verstopfen. Ich
sage, es wird wohl der Stress und der neue Kapitalismus sein. Leckerer
Cappucino unten am Platz. Ausgiebiger Stadtrundgang bei kristallklarer
Luft. Bis zum Sonnenuntergang ist es sehr warm, danach zu kühl nur
im Hemd.
Dienstag, 21.05.:
Starte den neuen Tag wieder mit Cappucino und Bergblick unten am Platz,
die Leute marschieren zur Arbeit Richtung Innenstadt. Ich marschiere
hoch zur alten Festung, unterwegs wird das Panorama auf die grandios
gelegene Stadt immer schöner. Vorbei an der Kaserne weiter zum
Grat mit den Sendemasten.
Lt. Open Streetmap vorbei am Campingplatz, tatsächlich gibt
es dort nur frisch gepflegte Panzer-Unterstände, einen
Ifor-Container und neben dem Container alte MG-Nester. Ringsum junger
Wald mit einem Alter von ca. 15 Jahren. Weiter auf dem Pfad neben dem
alten Schützengraben Richtung Grat, erst frische MTB-Spuren auf
dem Pfad, dann 3 frisch ausgegrabene Löcher in
Minengröße mitten auf dem Pfad. Dann weiter durch den
Hochwald, vorbei an einer kleinen MG-Festung, schon bewachsen mit
wieder ca. 15 Jahren alten Bäumen. Vor zur Straße, da
steht ein blaues PR-Schild des griechischen
Minen-Räumkommandos.
An zerschossenen Gebäuden vorbei vor zum Museum der 105ten
Brigade, ist geschlossen. Vorbei an den Sendemasten, dann auf der
Panorama-Panzerpiste runter in die Stadt, links und rechts
Stacheldrahtzaun, dahinter auf beiden Seiten langsam
zuwachsende Wiesen und junge Kiefernwäldchen.
Nachmittags mit der Straßenbahn raus nach Ilidza, durch die
Partyzone am Bahnhof, durch die 4 Kilometer lange 3-reihige
Platanen-Kastanien-Allee raus zu den Bosna-Quellen, gelegen in einem
herrlichen Auenwald, umgeben von einem großzügigen
Trinkwasser-Schutzgebiet.
Wanderung retour, arabische Schrift an Häusern und Geschäften. Mit der Straßenbahn wieder zurück.
In der Stadt sehr auffällig: Nur junge Frauen folgen dem Trend
zurück zu den Kopftüchern, und da auch nur eine Minderheit.
Wetterbericht: Ab morgen wird es grottenschlecht, Temperatursturz um 14
Grad und Dauer-Regen! Besser ist es nur am europäischen Süd-
und Südost-Rand. Die Bus- und Zugverbindungen ab Sarajevo sind
schlecht, die Flugverbindungen auch: Nur 6 Ziele werden angeflogen,
München, Wien, Zürich, Zagreb, Ljubljana und Istanbul. Nach
Istanbul gibt es vormittags einen 2-Stunden-Takt und damit ist die
Richtung klar. Flug buchen, problematisch ist nur das Ticket
ausdrucken, kein Internet-Cafe hat einen Drucker, drucke dann in einem
Hostel. Wäre aber nicht nötig gewesen, die Buchungs-Nummer
hätte gereicht.
Pizzeria mit WLAN-Anschluss, Kellner spricht perfekt deutsch, packt mir
die zweite Hälfte der gigantischen Medium-Pizza zum Mitnehmen ein.
Die ersten Schauer gehen nieder, während die Pizza gegessen wird.
Mittwoch, 22.05.:
Morgen-Cappucino auf dem Platz, Bus 31a nach Dobrinje, laufe durchs
angeschossene Plattenbauten-Zentrum, daneben ist eine neue Mini-Moschee
im Rohbau fertig. Geld bei der Unicredit-Bank zurück tauschen,
noch was zum Essen im Mercator kaufen, Kirschen und Erdbeeren bei den
Kleinhändlern am Straßenrand, die sich freuen dass ich ein
paar Brocken bosnisch kann.
In 15 min zu Fuß vom Stadtzentrum zum Flughafen-Checkin, noch ein
leckerer Bosnien-Cappucino mit den Flughafen-Angestellten in der
ehemaligen Kantine, die gerade umgebaut wird. Wetter: Dunkle Wolken,
aber noch nicht kalt. Und nur ein paar Tropfen Regen bislang. Sehr
entspannter Mini-Flughafen, nur muss ich mein Schweizer Messer den
Sicherheits-Angestellten überlassen.
Dann zwei Stunden Flug, meist über dichten Wolken.
Istanbul: Heiß und sonnig, bin im asiatischen Teil gelandet,
dauert ein Weilchen bis ich es raffe. Mit dem Volksbus nach
Kadiköy, einige Minuten später legt die Fähre nach
Eminönu ab. Klasse Wetter, Blick und Atmosphäre, gekrönt
von einem vorzüglichen türkischen Mokka.
Finde in den Gassen der neuen Fußgängerzone in dem ehemals
dunklen Viertel hinter dem Sirkeci-Bahnhof noch ein Zimmer in der
unscheinbaren "SUR Pansiyon", überall sonst ist alles ausgebucht.
Begrüßungs-Tee vom Herbergs-Vater, dazu WLAN.
Dann durch die Platanen(!)-Allee des Gülhane-Parks hoch zu den
großen Moscheen, überall wird schwer restauriert, in den
archäologischen Park wird mit Genehmigung des Kulturministeriums
eine großzügige Hotel-Erweiterung gebaut. Durch die
Sultanahmet-Touri-Hotelzone, leckerer Fisch oben in der Gedikpasa
Caddesi neben der protestantischen Kirche.
Dann nochmal an den in der Nacht schön beleuchteten Moscheen
vorbei. Keine Autos mehr auf der großen Hauptstraße runter
nach Eminönü! Der Hinterausgang des Gülhane ist zu. Ich
versuche unten durch das Werksgelände rauszukommen, das Tor ist
offen, aber ein Hund entdeckt mich und ich muss wieder hoch zum
offiziellen Eingang und die Straße wieder runter. Im Zimmer sind
25 Grad.
Donnerstag, 23.05.:
Runde durchs Textilviertel zur Suleyman-Moschee, eingeschränktes
Panorama, auch hier wird schwer restauriert. Dafür gibt es viel
Polizei und Fernsehen, es wird gerade ein Movie gedreht.
Cappucino-Versuch draussen in der Touri-Gastrozone. Entpuppt sich als
schaumarmer Karamel-Nestle-Milchkaffee, geht gleich wieder retour.
Stattdessen gibts dann Tee im Nachbar-Teegarten. Einige kurze Schauer,
während ich unter dem Schirm sitze. Überwiegend Wolken heute
früh, aber sehr warm.
Rüber nach Aksaray, das alte Viertel gibts noch, die Straßen
werden aber schon neu gemacht und draußen der große
Aksaray-Platz rings um die Metro ist eine einzige Großbaustelle.
Nehme die Straßenbahn Richtung Taksim bis zur Endstation
Funicular. Laufe hinten rum hoch Richtung Taksim-Platz, öde, viel
Verkehr. Oben im Park ein mobiles Camp der Polizeit mit Wasserwerfern.
Daneben eine gewaltige Baustelle, die Bauingenieure erzählen mir,
dass der Verkehr unter die Erde gelegt wird.
Laufe dann durch die Wucherpreis-Fußgängerzone runter zu den
freundlichen Teegärten neben der Brücke. Teatime wie beim
letzten Mal. Es ist sonnig, heiß und stürmisch. Weiter
über die Brücke an den Anglern vorbei in die Pension, Emails
lesen, wascshen, durch den Gülhane-Park zum Panorama-Teegarten,
dann hoch zum Topkapi-Park, ist seit 18:00 Uhr schon zu.
Noch eine Runde durchs Moscheeviertel, Begegnung mit dem Single Man
Scam, runter in die Pension, Schwatz mit meinem Zimmernachbarn, war 26
Jahre in Deutschland, ist seit 6 Jahren in Istanbul, war in Deutschland
"kein guter Junge", "Istanbul bald Welthauptstadt".
Freitag, 24.05.:
9:00 Direkt-Bus nach Burgas knapp verpasst, fahre 9:30 nach Kirklareli,
dort 5 min später gleich Anschluß nach Burgas. Schon lange
vor der Grenze die dicht zugedschungelten Laubwaldhügel der
Strandsha-Berge. Zähe Grenzabfertigung mit 2x Aussteigen aus dem
Bus, dauert 1.5h in Summe.
Burgas: Es regnet aus allen Rohren, kurz unterstellen im Busoffice,
dann mit Folie unter den großen Schirm vor das nächste Cafe,
reingehen ist nicht, geschlossene Veranstaltung, wenigstens gibt's
WLAN. Nach 20 Minuten ist der Regen vorbei. Stadtrundgang, kollosal
viel grün, beide Zimmer-Vermittlungen geschlossen, angeblich
gibt's ein "Haus des Gastes". Beide große Buchläden haben
die Strandsha-Wanderkarten nicht.
Bus nach Sozopol, kollosal viel neues Betongeschwür zieht sich
entlang der Küste. Sozopol: Finde auf Anhieb ein schönes
Zimmer, es ist noch nicht viel los im Ort Ende Mai. Rundgang, die
Altstadt besteht zur Hälfte aus Unterkünften. Leckere
Kirschen und Erdbeeren, klarer Fernblick über die Bucht nach
Süden.
Samstag, 25.05.:
Retour nach Burgas, 14:00 geht ein Express-Minibus durch bis Resovo an
den türkischen Grenzfluss. Der Bahnhof hat ein offenes WLAN! Durch
die Fussgängerzone zum schönen und ausgedehnten
Küstenpark, ist gut besucht am Vormittag. Kreuz und quer
durch die grüne Stadt. Eine 2 km lange Platanen-Allee bildet den
Kern der Fußgängerzone, in der Mitte ein ausgedehnter Park.
Und offenes WLAN allüberall.
14:00 Start nach Resovo, viele Bauruinen vor Primorsko, runter zur
türkischen Grenze am Fluß, Fotografierverbot, aber keiner
hält sich dran. Tomaten und Wasser kaufen im Mini-Supermarkt,
die Chefin wird extra gerufen, um zu öffnen. Dann geht's
längs der schönen Felsen-Steilküste einen kaum
sichtbaren Pfad entlang, 2x durch gut gemähte
Stacheldraht-Sperrzonen, eine reicht sogar lückenlos bis vor an
die Klippen.
Hinter dem schmalen Grasband oberhalb der Klippen zieht sich
windschnittiges Eichengebüsch als Waldrand, dahinter teils
Eichenwald, teils Kiefernplantagen. Stimmungsvolle Felsenküste mit
schönen Buchten, teils Fels/Kies, teils Sand. Camp aufschlagen in
der Silistar-Bucht, zusammen mit bulgarischen Wochenend-Picknickern.
Lagerfeuer, kollosales Vogelkonzert aus der Lagune hinterm Strand,
Hornissen-Attacken in der Dunkelheit. Dazu Riesen-Fledermäuse im
Tiefflug. Akuter Wassermangel, hatte hier mit Wassernachschub
gerechnet.
Sonntag, 26.05.:
Abmarsch mit Tagesziel Sinemoretz.
Entlang der schönen Lagune die Bucht entlang bis zum Waldrand.
Schwere Wegfindung im dichten Dschungel, reichlich stechende
Mücken am Waldrand unten in der Bucht. Oberhalb der
Steilküste ist der Weg dann wieder klar. Wasser-Rationierung.
Unmengen Hornissen in den Blumen, dazu stellenweise dichte
Schwärme von Juni-Käfern in bestimmten Büschen. In der
letzten Bucht eine Hassparole gegen die "TUI Suckers". Der
nagelneue TUI-Palast verschandelt die letzte Bucht des
Silistar-Reservats ganz gewaltig.
Erreiche ausgedorrt Sinemoretz. Fisch,Kartoffeln,Cola,Cappucino und
reichlich Obst im Ort. Laufe dann weiter zum Veleka-Delta. Drehe eine
Runde durchs wilde Delta. Von der Sand-Halbinsel gibt es keine Chance,
auf die andere Seite des Flusses zu kommen mit Gepäck. Muss
außen über die Straßenbrücke laufen.
Drehe eine Runde durch die extrem wilde und urige Auenlandschaft,
schaffe es trotz GPS kaum, mich wieder herauszufinden. Extrem dicht und
stachlig, es gibt alte Pfade, aber wenn man die verliert ist alles zu
spät.
Weiter geht's ziemlich zerkratzt nach Ahtopol, erst auf einer
Forststraße durch den Wald, dann wieder die Küste entlang.
Unterwegs reichlich Schlangen in braun, grau und schwarz (furchtlos).
Ahtopol immer noch ziemlich authentisch, am Ortseingang längs der
Küste einige Bauruinen und viele Neubauten, die Bucht im Ort ist
immer noch ein echter Fischerhafen. Den geplanten Yachthafen
gibt's zum Glück (noch) nicht. Schönes
Dachterrassen-Appartement für 10 Euro im "Amfora" im Stadtzentrum.
Große Wäsche, die Chefin ist begeistert von meiner
Wanderroute. Eis essen, Kirschen kaufen, WLAN am Busbahnhof,
Verbindungen auskundschaften, die Schuhe drücken.
Montag, 27.05.:
Espresso-Einladung von den Wirtsleuten, 8:00 Uhr Bus bis zur
Ropotamo-Brücke. Bin der erste Gast am Kleinboot-Hafen, bekomme
eine Privat-Tour mit dem Elektroboot stromaufwärts ins Reservat
für 3,50 Euro. Dichter subtropischer Dschungel auf beiden Seiten,
wie an der Küste viele Kormorane. Schaue mir dann die andere Seite
der Brücke flussabwärts an, dort liegen die großen
Boote für die Reisebusse, die flußabwärts fahren.
Wandere die Straße entlang, vorbei am mit Stahlzaun
verschlossenen Wasserlilien-Reservat. Zweige dann rechts den
Dünen-Wanderweg Richtung Meer-Pfad ab. Wandere über
Bulgariens höchste Düne (80m) zur
Ropotamo-Mündung. Ein Touri-Boot schippert vorbei und dreht vorn
an der Mündung wieder um. Von der anderen Seite geht eine alte
Betontreppe runter zur Mündung. Neue Ferienressorts leuchten vom
nördlichen Ende der Bucht. Insgesamt aber sehr idyllisch, der Pfad
zieht sich durch alten Küstenwald zwischen Küste und den
Ropotamo-Sümpfen, in alle Richtungen dicht zugedschungelte Berge
und klarer Himmel mit einigen Schönwetter-Wolken.
Später unten am Strand entlang, ein ausgetrockneter Delfin liegt
an der Küste. Am Ende der Bucht Bauruinen, Häuser und etwas
Beach-Leben. Weiter auf der alten Küstenstraße, aus der
aufgebrochenen rechten Spur wachsen schon Schilf und junge Bäume.
Keine Autos, nur ein Elektro-Wägelchen kommt von der anderen
Seite. Die Straße endet
schließlich an einer Schranke im "Santa Marina Ressort", Toilette
und Wassernachschub sind kein Problem. Die alte Straße führt
schnurgerade weiter die Küste entlang, links ausgedehnte
Feuchtgebiete und Seen, dahinter die neue Fernstraße und die
Dschungelberge.
Irgendwann
kommt die nächste Sand-Traumbucht, am Ende steht das
Dunya-Ressort, eine gigantische All-Inklusive-Anlage von mehreren
Quadratkilometern. 2003 hat man extra das
Agalina-Felsenkap-Naturschutzgebiet dafür verkleinert, so steht es
auf einer Tafel am Beginn des Rest-Naturschutzgebietes.
Sonnenverbrannte Urlauber aus aller Herren Länder lassen die Flaschen kreisen. An
der Bar versuche ich einen Espresso zu kaufen, geht aber nicht, bekomme
stattdessen eine Riesen-Portion leckeren Espresso geschenkt. Die alte
Küstenstraße geht mitten durchs Ressort, dessen Teile per Tunnel
verbunden sind. Auf die Straße zu kommen ist ein echtes Problem, geht
nur über einen Riesen-Umweg über den Haupteingang.
Weiter
geht's die alte Straße entlang, bei schönstem
Wetter, phänomenaler klarer Fernsicht, links Sümpfe und
Berge, rechts das Meer. Irgendwann dann wieder nagelneues
Betongeschwür bis hinein nach Sozopol, rechts nur unterbrochen
durch ein paar geschlossene Campingplätze mit zerfallender
Infrastruktur. Bei einem der Plätze steht das Tof offen, in einer
der Hütten werkelt jemand, ich darf für 5 Euro mein Zelt
aufstellen. Wir fahren dann noch zum nächsten Supermarkt.
Abendessen am Strand, dann ein Rundgang entlang
der bröselnden Gebäude. Der Campingplatz ist schön
bewachsen mit alten Bäumen, großen Hecken und hohem Gras.
Bewacht wird er von 3 liebenswürdigen Hunden.
Dienstag, 28.05.:
Werde um 5:45 Uhr geweckt, 6:15 Uhr ist Abfahrt zum Busbahnhof in
Sozopol. Email+Wetterbericht im Bahnhof, Planung. Druckstellen an den
kleinen und großen Zehen, Geld abheben, Bus nach Nessebar. Steige
in der Neustadt aus, kaufe ein paar ultraleiche Trekkingsandalen in der
Fußgängerzone. Sind zwar Größe 45, aber welche
Erleichterung!
Laufe zur Altstadt, Mega-Touri-Kommerz in den schmucken
Altstadt-Gassen, fast nur Westeuropäer. Es gibt keine Zimmer
für nur eine Nacht, passiert mir das erste Mal in Bulgarien. Finde
dann noch 2 Hotels, beide abgeschlossen, angeblich soll in 15 Minuten
jemand kommen. Nehme den nächsten Stadtbus nachSlantschev Brjag:
Frischer Beton ohne Ende, Appartement-Blöcke, Hotelburgen,
Partymeilen. Überwiegend Osteuropäer. An jeder Ecke ein mit
Alkohol gefüllter 24h-Supermarkt. Am Busbahnhof steht die letzte
baumbestandene Fläche der Stadt zum Verkauf an die Investoren.
Hotel Magnolia am "Palma-Basar", ein nettes kleines Hotel nicht weit
vom Busbahnhof, schönes Doppelzimmer mit Balkon zum Pool für
10 Euro. Links und rechts 2 ehemalige Hotels aus alten Zeiten, sind
jetzt scheinbar Plattenbau-Wohnblöcke. Zelt- und
Folien-Trockenaktion auf dem Balkon. Leckerer Espresso im "Coffe Club"
neben dem Hotel. Extreme Preisunterschiede zur Küste, kostet hier
30 Cent.
Runde durch den Party-Trubel, gigantische Ressort-Burgen an der
Küste. Essen & ein 50Cent-Pirinski am Basar. Planung. Wetter
Richtung Ruse und Rumänien soll schlecht werden. Deshalb
Entscheidung für Sofia und gegen Rusenski Lom und Rumänien.
Mittwoch, 29.05.:
6:30 Espresso bei den Coffee Friends, haben immer noch offen, sind aber
gerade beim Putzen. Wetterprognose & Email am Viacom WLAN, es
bleibt bei Sofia. Mit dem Bus wieder zurück nach Burgas, mit dem
8:50 Uhr Zug nach Sofia, südlich vorbei an den wilden Schluchten
des Balkan-Gebirges.
Sofia: Gleich zur Eurotours ins Untergeschoss, Zimmer klären,
Stambolov 55 ist noch im Angebot, Omi ist schon im Anmarsch, wird in 20
Minuten da sein. Gepäck bleibt bei Eurotours, Espresso.
Plötzlich überall Polizei, die Gitter rasseln runter,
Sperrbänder, alle werden eilig aus dem Untergeschoss gejagt,
"Bomba, Bomba". Mein zweites Bomba-Erlebnis in Bulgarien. Gehe erst mal
Essen, draussen umkreisen einen die Nutten. Nutze die Zeit, um ein
Busticket nach München zu besorgen. Finde im "Traffic-Market" am
Busbahnhof eine zweite Eurotours-Filiale, dort hat man mich schon
gesucht, seit 5 Minuten ist der Bahnhof wieder offen
Marschiere mit Omi in die Wohnung am Gemüsemarkt, der bulgarisch sprechende türkische Langzeit-Urlauber
gibt mir das WLAN-Passwort. Kaufe
Kirschen, Erdbeeren und Paprika. Stadtrundgang, via Pirotska zum
Vitoscha-Boulevard. Die Nord-Süd-Metro ist fertig, die Stationen
sind ausgesprochen schön geworden. Die U-Bahn-Preise sind in 6
Jahren um 50% gestiegen; das Land ist vom IWF gezwungen worden, seine
Währung fix an den Euro zu ketten.
Im südlichen Teil des Boulevards werden gerade die Schienen
herausgerissen und dafür wird
Fußgängerzonen-Pflaster verlegt. Runde um den NDK, zwei neue
Bürohochhäuser im Rohbau verstellen den schönen
Bergblick. Retour mit der Metro. Beide Matratzen kommen wieder
übereinander auf den Fußboden, dazu alle Decken. Viel zu
hell im Zimmer von der Marktbeleuchtung.
Donnerstag, 30.05.:
Super
Morgen-Espresso am Markt, Billa Butter kaufen, Frühstück im
Zimmer. Ausgiebiger Stadtrundgang, es gibt kollosal viele
Mülltonnen-Wühler, Super Wetter, Klasse Vitoscha-Blick vom
Boulevard. Im NDK ist Bücher-Basar, fahre mit dem Lift in die
oberste Etage, da ist aber die Galerie zu, außerdem werde ich
entdeckt und mit dem Lift nach unten geschickt. Steige eine Etage
tiefer aus, da steht die Tür zur rechten Galerie offen, weil Kabel
rausgehen. Grandioser Blick!
Dann ein kräftiger Schauer, Metro zum Bahnhof, Zimmer um einen Tag
verlängern. Nochmal Essen im Untergeschoss, die
Pirin-Fotausstellung im Stadtzentrum anschauen, an ein paar Hostels
vorbei in die Stambolov. Kindern hebeln die Gully-Deckel auf, um
Obstabfall rauszufischen, eine Omi mit Krückstock sammelt auf, was
noch am Straßenrand rumliegt.
Freitag, 31.05.:
Hole
mir im Serdika-Untergeschoss ein ÖV-Tagesticket für 2 Euro.
Nehme Tram5 und Bus 93 bis zur Endstation am Eingang des
Vitoscha-Naturparks in 850 Hm, dicht unterm Fernsehturm. Während
der Fahrt prächtige Tiefblicke auf Sofia und die Berge ringsum.
Mit dem Erreichen der Endstation ein heftiger Regen-Schauer. Bleibe im
Bus, fahre wieder ein Stück zurück, zweites
Frühstück beim Bäcker, mit dem 94er Bus Richtung Westen
am Vitoscha-Rand entlang nach Dragalevci.
Sonne, warm, dann das nächste Gewitter, diesmal richtig heftig,
die Straße wird zum Fluß, gehe erst mal essen. Mit dem 98er
Bus an den Boiana-Studios vorbei, haben die allerschönste Lage.
Fahre via Simeonov, wo die Hänge nicht mehr so steil sind und auf
den leereren Straßen viel Luft zum Biken in schöner Umgebung
ist. Weiter bis Bistritza, 4 Stadtbusse gehen bis hier raus!
Retour in die Stadt, am NDK Schwatz mit einem alten Bulgaren auf der
NDK-Panorama-Terrasse, beklagt sich, dass der Blick durch die neuen
Hochhäuser "spoilt" ist und die Hochhäuser anschließend
eh bloss leer herumstehen. Glasklarer Bergblick nach den Gewittern.
Schöner Regenbogen über dem Mineralbad. Das Tagesticket muss
für jede U-Bahn-Fahrt am Fahrkarenschalter neu "aufgeladen" werden.
Samstag, 01.06.:
Es
ist kühl, aber ansonsten ein super Wetter. Letzte morgendliche
Espresso-Runde über den Markt. Eine Karawane von 5 Bussen startet
um 9:00 Uhr nach Deutschland, mit unterschiedlichsten Endzielen, meiner
geht von Varna bis Paris, einer bis nach Malaga. Im Bus ist noch ein
zweiter Deutscher, sitzt zufällig neben mir. Hat seine englische
Frau besucht, die hier auf dem Land bei Karlovo ein Haus gekauft hat.
Alle rauchen wie die Bosnier, was wieder für ausreichend Pausen
sorgt.
An der bulgarisch-serbischen Grenze wird einer der Bulgaren mitsamt
Gepäck aus dem Bus geholt, der Typ hatte sich in Sofia beim
Gepäck-Abliefern rücksichtslos vorgedrängelt.
Das Wetter wird warm und es bleibt auch schön. Fahrt durch eine
schöne Canyon-Landschaft vor Nis, gewaltige Eichen-Auwälder
längs der serbisch-kroatischen Grenze, durchschnitten von diversen
Autobahnen, längs der Straßen hat schon die Umwandlung in
Plantagen begonnen.
2 Stunden Wartezeit an der kroatisch-slowenischen Grenze, deutsche
Reisebusse fahren an uns vorbei, wir dürfen nicht weiter
Irgendwann putschen die Raucher, dann geht es rechts vorbei über
die LKW-Spur doch noch los. Gleich nach der Grenze Raucherpause.
Sonntag, 02.06.:
Dauerregen,
Auweiskontrolle an der österreichisch-deutschen Grenze. Trotz
aller Grenz-Schikanen sind wir um 05:30 Uhr 2,5 Stunden zu früh in
München! S-Bahn zum Marienplatz, U-Bahn nach Hause. Kaffee
trinken, dann aber doch zu müde und noch 2 Stunden schlafen.
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