Balkan Herbst 2010



Wie aus einer Griechenland-Bergtour eine Bulgarien-Reise wurde.






Vorbemerkung:  

Ziel der Tour war eigentlich eine längere Erkundung des griechischen Olymp-Gebirges. Nachdem ich aber eine Woche vor dem angedachten Start mit dem MTB von einer schmierigen Betonröhre gerutscht war, musste die ganze Aktion etwas nach hinten verschoben werden, weil nach dem Absturz rechtes Knie und Wirbelsäule angeschlagen waren.
Eine Probe-Bergtour ca. 10 Tage nach dem Sturz verlief dann problemlos, einige Tage nach der Probe-Tour ging es Last Minute und OneWay nach Saloniki.

Sonntag, 12.9.:

4:30 aufstehen, 5:22 U-Bahn, zum Glück kein Streik heute. 8:15 Start mit HI (gebucht als Condor-Flug) nach Thessaloniki. Viel Platz im Flieger, wechsle nach dem Start auf die sonnenabgewandte Seite, des grandios klaren Alpen-Panoramas wegen. Südlich der Alpen dann dicke Wolkensuppe bis Thessaloniki. Das Gepäck kommt unglaublich schnell.
Bus Nr. 78 fuer 70 Cent zum KTEL-Busbahnhof, dort fast noch den 12:15 Uhr Bus nach Katerini bekommen, bin 12:13 am Ticketschalter. Ticket kaufen bis Litohoro, 13:15 Start, 25 Minuten Pause und Bus wechseln in Katerini, 14:25 Start, schon nach wenigen Minuten im freundlichen Städtchen Litohoro.

Bekomme in Souvenir-Laden Super Olymp-Topo-Karte 1:25k von Anavasi. Der Laden-Chef spricht etwas deutsch und empfiehlt mir die 3-Euro-Karte aus lokaler Produktion. Dann kommt Claudia aus Erfurt herein und bringt dem Chef echte Thüringer Rostbratwürste vom Aldi, die vom Chef in höchsten Tönen gelobt werden, weil er sich früher nie hätte vorstellen können, dass die Deutschen gute Würste machen können. Ich bekomme auch ein Stück ab, schmeckt tatsächlich lecker. Anschliessend bekomme ich noch eine Menge Tips für die bevorstehende Bergtour. Heute ist der erste regenfreie Tag, gestern war die Stadt noch von den Regenmassen überflutet! Heute ist es nur noch wolkig.

Gegen 16:30 Uhr Start Richtung Mavrolongos/Enipeas-Canyon, der Rucksack ist viel zu schwer durch die 26 mcal Verpflegung. Reichlich geschlauchte Bergmarathon-Läufer humpeln mir entgegen, später gefolgt vom ausgeruhten Personal der Verpflegungs-Stationen. Nachtlager unterhalb der Schuttreiße unten auf dem ersten Biwakplatz am Fluß, Grillgeschirr hängt griffbereit am Baum. Jede Menge ca. 1cm kleine Frösche hier im Lager, dafür den ganzen Nachmittag kein Wanderer.

Montag, 13.9.:

Morgens Sonnne, es geht immer am Canyon-Hang auf und nieder, reichlich Höhenmeter. Die Wälder sind voll von einer Art Mini-Herbstzeitlose. Schöner Laubwald-Pfad, viele Panorama-Stellen, es lohnt sich, die kleinen Abstecher mitzunehmen!
Gegen 12:00 Uhr treffe ich den ersten Wanderer der Tour, es ist einer von der urigen Sorte. Im Laufe des Tages werden es insgesamt 10. Ab der Felsenkirche herrscht dann ein starkes Begängnis.

Es gibt sehr schöne Camp-Stellen um die Brücke vor dem Kloster, ist aber schon alles belegt. Schlage mein Lager dann ein Stück oberhalb auf der Wiese am Weg auf. 2 Lager gibt es schon, mit riesigen Planen als Schutzdach. Eins davon wirkt verlassen, ist aber biwakmäßig eingerichtet. Später kommen 3 wilde Typen mit Trillerpfeife ins verlassene Lager, scheinen jemanden zu suchen. Als das Trillern nichts hilft, ziehen sie wieder ab. Im anderen Lager wird derweil Holz fürs Lagerfeuer gehackt. Abends dann glasklarer Blick über den Talschluß hinweg auf die Olymp-Gipfel.

Dienstag, 14.9.:

Früh wieder glasklar, alles super beleuchtet. Olymp-Blick, aber Morgenrot, halbschariges Licht und Wolken von Osten. Die Gipfel ziehen rasch zu. Gehe in Warteposition, außerdem macht der Knie-Unfallschaden unerwartet wieder Probleme. Der Wind weht Lautsprecher-Gesänge aus dem Kloster herüber.

Lesen, die Super-Landkarte studieren, dann wird es zu kalt zum rumsitzen. Zelt abbauen, den Weg ein Stück hoch Richtung Prionia. Lasse mich dann im Felsengewirr am Fluss nieder. Die ganze Ecke vom Kloster bis hier ist ein Vogel-Paradies. Eine Monster-Spinne verbeißt sich in meinen Pullover. Ab und na scheint die Sonne, die hohen Berge sind aber dicht. Nachmittags zieht es langsam frei, abends alles wolkenlos, nur die oberen Bereiche der Gipfel sind dicht. Ausflug zur Wasserfall-Gumpe oberhalb der großen Wiese, wo die Straße endet, oberhalb der großen Lagerfeuerstelle. Sehr wenig Leute hier in der Ecke, kein Vergleich zu gestern. Erstaunlicherweise keine Koffein-Entzugserscheinungen! Nur gestern, aber nur ganz leicht.

Abends Umzug 
zu einer gut versteckten und schön hergerichteten Lagerfeuer-Biwakstelle in einen kleinen Felsenkessel. Es ist warm (15 Grad) und ich bin nicht richtig müde, wegen Ruhetag. 21.15 Uhr Licht aus, noch etwas Armee-Geballer in den Bergen, dann Ruhe. 

Mittwoch, 15.9.:

Morgens Top-Wetter, nur das Knie macht Probleme. Aufstieg nach Prionia, es zieht schon wieder zu. Kurz oberhalb, unmittelbar vor Prionia, noch ein schöner Biwakplatz. Belegt von drei frühstückenden jungen Griechen mit Hund, alle noch im Schlafsack und mit Mütze. Kaffe trinken in der Prionia-Hütte. Info vom Wirt, es gibt absolut kein Wasser am Aufstieg.

Treffe drei Amis, sind gestern von Prionia zum Gipfel und zur A-Hütte, heute wieder runter. Es sind alte Kameraden, einer wohnt in Katerini, einer ist NGO-Englisch-Lehrer im Kosovo und war im letzten Leben Manager, einer ist Diplomat in Algerien. Ich entscheide mich schweren Herzens gegen den weiteren Aufstieg, um die Knieprobleme auszukurieren. Fahre mit den drei Amis runter nach Litohoro. Unten auf dem Stadtplatz zwei deutsche Mädchen, wollen am Nachmittag von Prionia zur Hütte laufen. Abhängen auf dem Platz, Stadtrundgang, Internet, Wetterprognose 37 Grad! Heute aber noch sehr angenehme Temperaturen und leichte Brise vom Meer.

Abends raus aus der Stadt Richtung Meer, Gritsa-Camping. Ein wilder Schäferhund verfolgt mich, wird zum Glueck von streunenden Artgenossen abgelenkt. Finde dann auf halber Strecke, nach auf der Anhöhe, hinter einem riesigen MG-Bunker, am Rande einer weit offenen Fläche in der undurchdringlichen Macchia, einen Super-Panoramaplatz mit Blick auf Meer und Berge. Viele Vögel, Grillenkonzert, Macchia-Düfte, Halbmond, Panzerketten-Spuren vorm Zelt, kläffende Hunde, zum Glück ausreichend weit weg. Nachtruhe bei 22 Grad. 

Donnerstag, 16.9.:

6:30 Uhr raus, Sonnenaufgang überm Meer, Olymp komplett frei und schön im ersten Morgenrot. Laufe auf einer Fahrspur über den Truppenübungsplatz längs der Straße, die ersten Truppen-Transporter rollen mir 8:30 Uhr entgegen. Die Soldaten springen heraus und bauen zuerst gleich mal den Kommandeurs-Tisch auf. Laufe entlang der Riesen-Mülldeponie, über die ziemlich leere Autobahn (2+10+2 Spuren!) zum Meer, Bushaltestelle, kein Bus kommt. Zum nagelneuen Bahnhof, eine Stunde Laufzeit, liegt in der totalen Pampa, direkt am Autobahn-Zubringer, ohne Busanschluß, mindestens 6km von Litohoro, der schöne neue Fußweg an der Straße zum Bahnhof wuchert allmählich zu. Ticketautomat kaputt.

Habe noch eine Stunde Zeit, gründlich waschen und rasieren. In einer Stunde fuer 6 Euro nach Saloniki, Bus war zwei Stunden incl. Zwischenhalt für 8 Euro. Lokale Züge gehen jede Stunde bis Larissa, abschreckend ist nur die Lage des Bahnhofs.
In Saloniki Kaffee trinken, Gratis-Internet in Mobile-Shop in Straße parallel zum Bahnhofs-Hwy. Für 10 Euro internationales Ticket nach Sandanski, gültig bis Mitte Oktober.  Im Bahnhof sind die Ticket-Automaten, die Abfahrts-Tafel und alle Bahnsteig-Anzeigen kaputt. Der separate Auslands-Ticket-Schalter öffnet 16:00 Uhr.

17:37 Uhr Abfahrt nach Sandanski. Schwatz mit griechischem Infrastruktur-Bauingenieur, arbeitet seit 40 Jahren in dem Job. Fährt zu seiner bulgarischen Frau nach Sofia, 18 Euro, zweite Klasse. Seine Tochter ist in der ersten Klasse, das macht er aber nicht, weil er 3 Taschen voller Klamotten für den Textilien-Handel seiner Frau dabei hat und der Handel unrentabel wäre mit einer Erste-Klasse-Fahrt. Er ist ein großer Bulgarien-Fan, nur das Essen findet er in Griechenland besser. Er mag die Zigeuner nicht, im Nachbarabteil gibt es gerade großen Ärger zwischen den Zollbeamten und einer Gruppe Zigeuner. Der Zug hat nur zwei Waggons, einen erster und einen zweiter Klasse.

Schön beleuchtetes Grenzgebirge im 3-Länder-Eck. Häßliche Windräder rechts auf der Hügelkuppe an der bulgarischen Grenze. Ich darf in Kulata nicht raus, weil die Grenz- und Zollkontrollen noch nicht durch sind. Dann ist es dunkel und ich fahre weiter bis Sandanski. Am Bahnhof wimmelt es vor Taxis. Der später zugestiegene dritte Mann im Abteil hat auch eins bestellt und will dass ich mitkomme.

Vom digitalen Abfahrtsanzeiger in rotes Licht getauchter Warteraum. Vor dem Bahnhof eine Karte von Sandanski mit allen Busabfahrtszeiten der Region. Die Gegend inspizieren, Abendbrot auf der Bank am Wasserhahn. Auf der großen Wiese auf der Anhöhe über dem Bahndamm gegenüber Zelt aufstellen. Erster Anlauf scheitert, bin genau in der Ortungsrichtung von zwei Hunden. Weiter hinten scheint alles ruhig, bis ich fast fertig bin mit Aufbauen. Dann kläffen wenige Meter unter mir in der Schlucht zwei Köter los, eine Tür klappt mehrmals. Ich gebe mir größte Mühe, der Zeltaufbau wird lautlos und ohne Häringe fertiggestellt. Bald ist es wieder ruhig. 23:45 Uhr schlafen.

Freitag, 17.9.:

6:50 Uhr raus, nachts einige Züge und viel Hundelärm ringsum. Das Zelt hat hell im Mondlicht geleuchtet. Packen in 25 Minuten, Abmarsch unentdeckt von der Hundemeute. Schöner Sonnenaufgang unten im Flusstal.
Laufe durchs Gewerbegebiet auf dem langsam zuwachsenden, zugemüllten Fußweg. Wehre eine freilaufende Hundeattacke ab. Weiter bis ins Zentrum. Kurz vor der Fußgängerzone Brot und Tomaten kaufen, dazu leckere Grafensteiner Äpfel für 45 Cent das Kilo. Dann noch ein mindestens genauso leckerer Cafe Porto Rico für 30 Cent.

Gehe 300 Meter vom Busbahnhof, gleich neben dem Markt, ins Hotel Baschi, 12.50 Euro das Zimmer. Ruhig nach hinten, Balkon. Große Dusch- und Waschaktion. Essen auf dem Balkon, Ausrüstung zum Trocknen aufhängen.
Stadtrundgang, sehr angenehm ohne Rucksack und mit Sandalen bei allerbesten Temperaturen. Trinke noch einen Porto Rico, dann in der freundlichen Fußgängerzone ein leckeres Nußeis. Apfel-Essen im Park, zwei Neuntöter springen auf dem Weg herum. Es ist die absolute Idylle bei glasklarem Pirin-Blick und stahlblauem Himmel. Eine Stunde Gratis-Internet bei Vivacom am Kurpark.

Bin den ganzen Tag ohne Bandage herumgelaufen, abends Knieprobleme. Ein "Pirinsko" im "Prinzessi" auf dem Freisitz am Boulevard, 50 Cent. Stadtinfo am Boulevard, es gibt ein Internet-Cafe in der Nähe der Post. Dann zum Busbahnhof, super Verbindungen in alle Richtungen, ganz wie in alten Zeiten. 3 Gaststätten in dem kleinen Busbahnhof, davor das riesige neue und teure Billa-Einkaufszentrum.

Samstag, 18.9.:

Nachts quält mich eine nervige Mücke. Leckerer Morgen-Espresso im Busbahnhof, 25 Cent. 7:40 Uhr supermoderner Bus nach Roschen. Am Busbahnhof hat man keine Ahnung, wann ein Bus zurück geht. Fahren in ca. 1,5 h über die Dörfer hoch bis zum Ort Roshen, insgesamt 24 km. Die Rückfahrzeiten sind zwar perfekt ausgeschilder, es ist aber nicht klar, für welches Jahr.

Es gibt einen "Ecopath"-Rundweg über Zlatoliste-Melnik. Zweiter Morgen-Espresso aus einer "Silvia Rancilio" (!) im morgendlich verschlafenen, idyllisch gelegenen Ort. Die ersten Souvenir-Verkäufer sind gerade am Aufbauen. Laufe hoch zum Kloster, frage einen Mönch nach dem Weg. Er führt mich hin. Es gibt zwar EU-Sponsoren-Schilder für den Wanderweg, aber keine Wegweiser oder Markierungen. Es geht hoch zu einem tollen Panorama-Hügel mit Blick über das subtropische Schluchten-Gewirr bis nach Melnik, ein grüner Bryce Canyon! Ein deutsches Pärchen keucht mit großem Gepäck am Gipfel vorbei. Im Abstieg noch ein österreichisch-ungarisches Pärchen mit Hund und Melniker Gasthund.

Absolut grandiose Landschaft. Steige einen weglosen Seitencanyon aufwärts bis es kurz vor dem Kamm wegen den losen Felsbrocken im Steilgelände zu gefährlich wird, ich will kein Fall für die Geier werden.
Dann kurz vor Melnik ein wildwest-bryce-mäßig herrlicher, gut ausgebauter Pausenplatz mit Lagerfeuerstelle, Sitzgruppe, Campingflächen und sagenhaftem Panorama. Gleich dahinter, neben der "Alm", der alte, jetzt aufgegebene, Freisitz-Weinkeller, hinter dem wir vor Jahren noch gezeltet hatten. Es führt keine Straße bis zum Weinkeller...
Kurz vor dem Pausenplatz führt ein Hund ohne Schäfer seine Ziegen-Herde im Flußbett canyon-aufwärts. Er ist erst zufrieden, als ich seitlich auf den Pfad am Canyon-Rand ausweiche.

Melnik: Schön herausgeputzt, viele Hotels und Privatzimmer, einige Häuser scheinen noch von Einheimischen bewohnt zu sein, einige sind am verfallen. Schule und Post sind dicht. Nicht mal mehr ein Lebensmittel-Laden. Die wilden Campsites unten am Fluss sind jetzt eine große Hotel-Baustelle.

Frage herum nach einem Freisitz-Weinkeller in Betrieb, treffe dabei Todor und Kris, ein junges bulgarisches Pärchen. Zusammen gehen wir auf die Suche. Sie schleppen mich in ein Reichen-Haus-Museum mit einem riesigen Weinkeller-Labyrinth, Wein-Verkostung, Natur-Aircon im ganzen Haus und Natur-Kühlschrank im Keller mit Konstant-Temperatur von 7-10 Grad. Der Barkeeper erzählt uns, dass der Freisitz-Weinkeller vor 10 Jahren aufgegeben worden ist.

Beide (er 26, sie 24) schnaufen heftig beim Bergaufgehen. Es sind die Zigaretten. Sie sind aber sehr vorbildlich, stecken ihre abgebrannten Kippen ein und nehmen sie mit. Beschweren sich, dass ihre Landsleute das meist nicht tun. Sie schimpfen auch über die Graffittis im Weinkeller. Erzählen, dass es so etwas wie Ehegatten-Splitting in Bulgarien nicht gibt. Sie zahlen für ein Privatzimme in Melnik 7,50 Euro.

Es ist krachheiß heute. 17:20 Uhr Bus nach Sandanski. Unterhalte mich im Busbahnhof mit dem Standbetreuer, einem Lehrer der für 10 Euro Zimmer direkt am Park vermietet. Trinke noch ein "Pirinski" am Boulevard. Internet-Haus in der Nähe der Post, auf der anderen Seite in einer Seitenstraße. Waschen, 23:00 Ruhe.

Sonntag, 19.9.:

6:30 raus, packen, Kaffee am Busbahnhof, 8:00 Start nach Blagoevgrad, 9:05 da. Frühstück, 10:00 Bus nach Rila. Besuch beim Touristenklub, zwei freundliche ältere Herren zeigen mir die Ausstellung mit jede Menge Infos über die bulgarischen National- und Naturparks.

Im Ortszentrum fängt mich Musiklehrer und Klavierspieler Vasko ab, er will sein Zimmer vermieten, bekommt zu wenig Gehalt, zeigt mir sein Haus und gibt eine Probe seines Klavierspiel-Könnens. Espresso am Busbahnhof. Treffe ostfriesischen Pfadfinder, 33, er sucht verzweifelt eine Landkarte. Ich versuche ihm klarzumachen, dass er die nicht wirklich braucht und deswegen keinesfalls auf eine Rila-Tour verzichten muss. 

12:40 Uhr Bus zum Rila-Kloster, 20 Minuten zu Fuss zum Camping Sodiak, aufbauen auf der Wiese hinter dem großen neuen Gaststättengelände und den Bungalows mit Super Maljovitza-Bergblick. Ringsum die grandiosen Urwälder des Rila-Kloster-Naturparks. Der Pfadfinder kreutzt auch noch auf, will erst morgen loslaufen. Die Hintertür des Camps steht offen, auf der anderen Fluss-Seite durch den schönen Wald zum Kloster, unterwegs einem Sonntags-Picknicker den Grillanzünder abkaufen, damit der Pfadfinder Treifstoff für seinen Kocher hat. Kloster-Runde, frisches warmes Brot aus der Kloster-Bäckerei. Sonntägliche Menschenmassen, schwere Bausünden hinter dem Kloster. Testen den Kocher mit dem Grillanzünder, es funktioniert! Der alkoholbasierte Grillanzünder lockt Monsterinsekten an, die sich gierig auf die Füssigkeitsreste stürzen: Eine Mischung aus Kolibri und Riesenheuschrecke. Lange abendliche Debatte vor dem Zelt über die W-Diktatur.

Montag, 20.9.:

Nachts Regen und Gewitter, früh glasklar, aber kühl, absolutes Kaiserwetter. Der Pfadfinder startet Richtung Maljovitza, ich in Richtung der Felsenkirchen am Maljovitza-Hang. Gleich hinterm Camp auf der anderen Straßen-Seite im Wald ein Bärenfladen. Sehr schöner Wald, uralte Buchen, weiter oben knorrige Eichen. Der Pfad endet, man könnte noch viel weiter steigen, das Gelände ist aber zu unübersichtlich und felsig ohne GPS-notierten Rückweg.

Abstieg, komme am Naturlehrpfad raus, der endet oben an der scharfen Straßen-Linkskurve. Ab dort aufwärts Fichtenplantage. Steige am Fluss entlang der Picknickplätze abwärts, alles zugemüllt mit Einweg-Geschirr und -Bierflaschen. Weiter zum Kloster, heute sehr entspannt, wenig los. Bekomme Last Minute noch ein Brot. Sattes Grün am Gegenhang über dem Kloster im schönsten Abendlicht, dazu ein Espresso auf der Gaststätten-Terrasse am Lebensmittel-Laden. Am Abend dann die ganz große Kloster-Ruhe. Rückweg über den Campingplatz Bor, sehr improvisiert, aber sehr idyllisch gelegen und absolut ruhig und grün. Am Zelt heute keine Monster-Insekten, es gibt auch keinen Alkohol heute.

Dienstag, 21.9.:

Früh 10 Grad im Zelt, die ME-Daune ist zu kalt ohne Socken nach 9,5 Stunden im Schlafsack. Glasklares Bergwetter, sehr feucht. In gut 20 Minuten zum Kloster, 8:20 Uhr Bus nach Rila/Blagoevgrad, weiter 10:10 Uhr nach Sofia. Fährt zum Glück direkt durch bis zum Zentral-Busbahnhof.

Zum Bahnhof, im trüben Untergeschoss bei Eurotours Zimmer klären, Gepäck da lassen, kleiner Rundgang, werde 14:00 Uhr abgeholt. Omi mit Auto (ich könnte mitfahren) und Teeni-Sohn zu Fuß. Sohn und ich laufen zu Fuß zum Haus direkt am Basar. Sobald Omi verschwunden ist, holt Sohn die Baseballkappe raus und ich werde nach Zigaretten gefragt.

Schönes Zimmer mit Aircon in einer hostelmäßig betriebenen Wohnung in der Stamboliski 55, direkt am Beginn der Basar-Fussgängerzone, mit Blick über das Markttreiben. Große Dusch- und Zelt-Trocken-Aktion. Stadtrundgang, super Wetter. Markt, Keller-Espresso-Läden, Vitoscha-Boulevard, Weintrauben auf der NDK-Terrasse mit Vitoscha-Blick. Durch die Gassen östlich vom Vitoscha-Boulevard retour, 4 Gb SDHC Micro SD kaufen, wird von der Kamera als schreibgeschützt erkannt. 
    
Mittwoch, 22.9.:

Morgens Internet am Boulevard kurz vor dem Bahnhof, 1 Euro pro Stunde. Dann in die Sofia Mall, Buchladen, ein paar von den guten Domino-Landkarten kaufen. Es gibt keine englischsprachigen Reiseführer für Rumänien oder Bulgarien. Bei der Moschee Blick in die Abgründe der U-Bahn-Baugrube: Wie in Saloniki diverse Ausgrabungen, ätzende Branntkalk-Gase brennen schon oben am Grubenrand im Hals, unten wimmelt es vor Bauarbeitern.

Heute ist autofreier Tag, das ganze Viertel zwischen ZUM und Uni ist für den Verkehr gesperrt, es laufen diverse Fahrrad-Aktionen, die meisten Aktionen allerdings lt. bulgarischem TV am NDK, wo ich heute nicht bin. Dann wieder mal Gratis-Internet mit Wetter-Prognosen anschauen bei Vivacom im ehemaligen Post-Gebäude.
Leckeres Kjufte am Basar, Ubuntu-Linux im Internet-Cafe am Bahnhof, erstaunlich gute Fonts! Schlüssel-Übergabe-Vereinbarung für morgen früh mit dem Mädchen aus Zimmer 1.

Donnerstag, 23.9.:

Die morgendliche Schlüsselübergabe platzt natürlich. also bleibt der Schlüssel an der Zimmertür stecken. Espresso vorm Haus, zum Bahnhof, 9:25 Uhr Direktzug ohne Zwischenhalt bis Vratza, beginnende Laubfärbung in den Balkan-Bergen und den grandiosen Iskar-Durchbrüchen bei Lakatnik und beim Cerepis-Kloster. Heute schon ab Sofia der bislang klarste Bergblick der ganzen Reise!
Im Zug Schwätzchen mit einem Pensionär, war bis vor 20 Jahren in Deutschland, bekommt 300 Euro Rente, ist nicht viel im heutigen Bulgarien, er wohnt in Sofia und hat Haus und Obst und Gemüse in einem Dorf 30 Zug-Kilometer hinter Vratza.

Gehe zum Busbahnhof und Einkaufen bei Billa, Cafe-Pause in der schönen Fußgängerzonen-Allee. Äußerst schwierige Suche nach dem Internet-Cafe, alle schicken mich zu irgendwelchen Wifi-Cafes. Werde dann fündig im "Dom Technika", im Untergeschoss im "Matrix". Weiter gehts zur Naturpark-Infostelle am Ortsausgang, dann zum Alpinisten-Haus in der Klamm. Der Chef meint, auf der anderen Seite des Felsens hinter dem Haus ist die Camp-Stelle. Dort steht dann sogar eine überdachte Picknickstelle auf der Camping-Wiese am Fluss, dummerweise ist die Straße daneben kein ruhiges Bergsträßchen mehr wie vor 14 Jahren...

Die Felsen über dem Camp sind grandios beleuchtet vor dem Hintergrund des stahlblauen Himmels, schon aus der Stadt heraus eine super Kulisse. Stelle fest, dass ich mein Taschenmesser bei der Brotzeit in der Stadt versiebt habe. Wandere nach Zelengora über die (von Kühen und Pferden zugekackte) Wiese mit der Quelle, wo wir das letzte Mal gezeltet haben. Viele Mountainbiker benutzen den Weg auf dieser Fluss-Seite. Hoch bis Zelengora, ein leckeres Schumensko vor der Gaststätte oberhalb des Dorf-Zentrums bei herrlichem Panorama-Blick.

Abends im Camp kaum Abnahme des (Schwerlast-) Verkehrs. Beschließe morgen wieder abzuhauen. 21:20 Uhr Licht aus, 14 Grad.

Freitag, 24.9.:

Nachts ein dauerkläffender Hund und reichlich Verkehr. 11 Grad im Zelt, ME-Daune war optimal. Morgencafe in der ausgedehnten, gemütlichen Fußgängerzone. Matrix-Internet-Cafe, Wetterprognose, Entscheidung gegen Rumänien und für Veliko-Tarnovo. Anruf im Hostel Mostel in Veliko Tarnovo, Zelten auch ohne Voranmeldung kein Problem. Pick Up vom Bahnhof in Gorna Orjahovitza wäre sogar inklusive! Frühstück am Bahnhof.

Bus nach Mesdre, Pleven wäre besser gewesen, lange Wartezeit in Mesdre. Dafür angenehme Atmosphäre, eine Allee mit 5 Baumreihen verbindet Bushaltestelle und Bahnhof, die beiden mittleren Steifen sind Fußgänger-Boulevard, daneben nur eingeschränkt befahrbar. 14.58 Uhr mit dem Varna-Zug bis Gorna Orjahovitza. Vom Bahnhof in G.O. vor zur Querstraße, rechterhand die Bushaltestelle nach Veliko Tarnovo. Bus Nr. 10 geht bis ins Stadtzentrum. Entlang der Strecke eine sehr schöne Laubwald-Felslandschaft. Laufe zum Hostel Mostel am Fuß vom Zarewetz-Hügel.

Ein freischaffender IT-Lehrer aus Salzburg macht hier seit 4 Monaten Dienst, das Hostel gibt es seit 2 Jahren. Zelten + Frühstück + Abendbrot + Freibier + Freikaffee + Freitee + Freisaft + Kühlschrank-/Küchen-Benutzung + Internet (2Rechner + Wifi!) kostet 7 Euro. Sehr schön hergerichtetes altes türkisches Haus.

Beim Abendessen Schwatz mit dem Salzburger, ist vor 4 Minuten nach seinem Urlaub gleich hiergeblieben. Er meint, in Deutschland lohnt es sich nicht, selbständig zu arbeiten, wegen der Steuern und Sozialabgaben. Danach Schwatz mit einer in London studierten Physiotherapeutin aus Italien, die in London eine Praxis hat. Ist schwer gegen das Kaffee-Trinken wegen des Kalzium-Verlustes und der damit verbundenen Osteoporose-Gefahr. Irgendwann schlägt jemand Alarm, dass die Lichtschau am Zarewetz beginnt, alles rennt zur Tribüne unweit vom Hostel, ich auch. Gegen 01:00 Uhr Ruhe. 

Samstag, 25.9.:

Ewig lange Frühstück, Schwatz mit interessanten Typen aus aller Herren Länder. Mittag Aufbruch zur Wanderung nach Arbanasi auf dem Klippen-Wanderweg, eine Empfehlung vom Salzburger. Treffe am Zarewetz zuerst den Pfadfinder wieder, kurz darauf einen frischgebackenen Lehrer-Pensionär aus dem Ruhrpott, hat sich beim Renovieren des von seinen Aktien-Erlösen gekauften Hauses einen schweren Bandscheiben-Vorfall eingehandelt, ist aber schon auf dem Weg der Besserung und kann schon wieder leichte Wanderungen machen.

Gemeinsam steigen wir auf dem schönen Wanderweg hoch nach Arbanasi und hocken den ganzen Nachmittag bei tollem Essen und Panoramablick oben im Ort. Er ist seit 2 Monaten auf Balkan-Wohnmobil-Rundreise, seine Frau kann sich für diese Art des Reisens nicht erwärmen. Sehr interessantes Gespräch! Laufen dann die Straße retour nach Veliko Tarnovo, gerade rechtzeitig zum Abendbrot, das wieder ewig lange dauert...

Sonntag, 26.9.:

Nachts und morgens Regen, dann heiß. Wie üblich ewig langes Frühstück, der Pfadfinder hat gestern abend auch sein Lager hier aufgeschlagen. Ab Mittag Stadtrundgang, abends beizeiten ins Bett.

Montag, 27.9.:

Nachts wieder Regen, morgens Sonne. Abbauen, mittellanges Frühstück mit dem Holländer, dem Chilenen, den beiden sächsischen Sino-Studentinnen und Axel. Laufe dann auf der Gurko-Panorama-Straße zum Etap-Hotel, bin 5 Minuten vor Busabfahrt da. 11:25 Uhr Start nach Varna, langweilige Strecke über Schumen. Espresso am Busbahnhof von Varna, daneben eine fette neue Mall. Treffe einen Ing.-Pensionär, hat in D studiert und gearbeitet, sein Sohn arbeitet in Stuttgart als IT-Ingenieur, Privatzimmer für 7,50 Euro. Nehme an, wir laufen ins Zentrum, er wohnt mit seiner Frau unweit der Kathedrale. Ein Stundent hat das andere Zimmer dauer-gemietet.

Stadtrundgang, ausgedehnte Fußgängerzone, Meer, Park, Internet.
Abends muss ich für meine Herbergseltern den Gästezimmer-Fernseher einrichten, sie wissen nicht wie sie mit der Fernbedienung den Sendersuchlauf richtig hinkriegen sollen. Das Bett ist eine schreckliche Hängematte, Umzug auf die Neoair.


Dienstag, 28.9.:

Morgens zum Zentralbasar, dann zur Mall, ist erst zur Hälfte vermietet. Gibt in Varna viel weniger von den kleinen Espresso-Ständen als in Sofia. Super Wetter heute, morgen und übermorgen soll es hier regnen, plane Abreise Richtung Plovdiv. Ausgedehnte Runde durch die Stadt. Kaufe die ZEIT an einem Zeitungskiosk Nähe Park-Promenade, sehr selten in Bulgarien!

Mittwoch, 29.9.:

Rufe im Hikers Hostel Plovdiv an, Zelten ist ok, zur Sicherheit reserviert man mir noch ein Bett. Zug nach Plovdiv, schönere Strecke als die Hinfahrt nach Varna. Im Zug Schwatz mit einem Studenten, der mitsamt seiner 4er-WG nach Polizei-Einsatz aus seinem Wohnhaus in Plovdiv geflogen ist und jetzt temporär bei Bekannten untergekommen ist. Er zeigt mir den Weg in die Altstadt und die beste Döner-Bude von Plovdiv, seit dem Bahnhof regnet es erst leicht, dann immer stärker.

Im Hostel macht die Chefin mir gleich eine Kanne Kaffee und glaubt gar nicht, dass ich tatsächlich mein Zelt aufbauen will. Eine Stunde Kaffee trinken und mit der Chefin schwatzen. Müsli essen wegen Brotmangel. Ein Internet-Computer, ständig belegt, nach einer Stunde endlich frei. 12 Leute im Hostel, es gibt noch ein zweites Haus für nochmal 18 Leute. Heute sind es exakt 12 mit mir. In Regenpause Zelt aufbauen. Im Hostel ist es mucksmäuschenstill, alle hocken über ihren mitgebrachten Notebooks... Jede Menge verspielte Katzen im Hof.

Donnerstag, 30.9.:

Morgenrunde zum Uhrturm-Hügel, kristallklares Wetter, 360 Grade Berge, vor allem ein schönes Rhodopen-Panorama. Zurück ins Hostel, Frühstück. Panorama vom Ruinen-Hügel hinter dem Hostel, dann Runde zum Fluß und über die Fußgängerbrücke bis zum Casino. Schöne lange Fußgängerzone! Teatime im Hostel. Dann eine Runde durch die Nordstadt. Plovdiv, Stadt der Katzen und Sofia Stadt der streunenden Hunde, im Winter gefährlich.

Freitag, 1.10:

Stundenlang Frühstück, Schwatz mit einer deutschen Psychologie-Studentin (hat gerade ihren Bachelor absolviert und will nächste Woche des Studentenlebens wegen mit dem Master anfangen) und einem japanischen Sonderschul-Lehrer: Hat für seine Weltreise gekündigt, vorher 2 Jahre in der Behindertenbetreuung gearbeitet.

Kläre die Busverbindungen nach München, 4 Gesellschaften fahren ab Sofia, kostet zwischen 70 und 90 Euro. Wandere dann über den Hügel mit dem Soldaten-Denkmal, treffe oben den Japaner wieder. Freuen uns über die kompakte Großstadt ohne zersiedeltes Umland. Teatime im Hostel. Japaner: In Manila von Räuber überfallen, der aus einer Mülltonne auf ihn springt. Ist aber Teakwondo-Meister und konnte den Räuber schnell niederstrecken.  Der Japaner erzählt, dass die neoliberale Gehirnwäsche auch in Japan um sich greift.

Dann ein leckerer Döner bei Aleddin und ein Bierchen auf dem großen Platz. Und noch mal zu Aleddin, ein Falafel-Sandwich verspeisen.  Super-Atmosphäre heute in der Stadt bei allerbestem Wetter. Weder Sofia noch Varna können da mithalten.

Samstag, 2.10:

Morgens Schwatz mit dem Japaner, ich muß ihm erzählen wie einfach und problemlos es ist, mit dem Fahrrad auf Reise zu gehen. Er ist außerdem sehr angetan von der Option Zelt+Hostel. Interessante Unterhaltung mit einem Engländer, der seit einigen Monaten in Bulgarien ist und an der Küste ins Gastronomie-Geschäft einsteigen wollte. Macht er aber nicht wegen der mafösen Strukturen, die das Geschäft hier dominieren.

Bus nach Sofia durch schöne Laubwald-Hügel. Busticket nach Vidin kaufen, Kaffee trinken, Internet, Essen. Die Fahrt via Vratza dauert knapp 4 Stunden, geht quer durch das von wildem Laubwald-Dschungel überzogene Balkan-Gebirge. Vidin: Großes Bulgarien-Abschieds-Essen in einer freundlichen Gaststätte. Da mit mir eine große Gruppe mit vorbestelltem Essen aufkreuzt, dauert es bei mir etwas länger und als ich fertig bin ist es draußen dunkel.

Auf der Suche nach einem brauchbaren donau-nahen und ruhigen Camp gerate ich in ein Wohngebiet statt ans Donau-Ufer und stehe plötzlich vor einem freundlichen kleinen und ziemlich neuen Hotel. Da bleibe ich dann gleich. Rundgang durch die Stadt und am Fluß entlang. Es ist eine sehr ruhige Stadt, nur in einer Gaststätte an der Donau steppt der Bär.

Sonntag, 3.10:

Früh ist es bewölkt, außerdem ist es draußen nass. Nachts hat mich eine Mücke gequält. Ich versuche am Donau-Ufer entlang zur Fähre zu laufen, das funktioniert aber nur bis zur Baba-Vida-Festung, dann gerate ich in einen riesiges verwildertes und ehemals abgeschranktes Gelände. Weit drinnen werde ich dann von freilaufenden Hunden zurück gejagt, muss mich im Gebüsch gut verstecken und einen Umweg über einen halb zugewachsenen asphaltierten Pfad nehmen um unbeschadet wieder aus dem Gelände heraus zu kommen.  Muss auf der Straße das riesige Festungs-Gelände umrunden, brauchbare Camp-Möglichkeiten gibt es erst wieder auf dem Ödland kurz vor der Grenze. Gehzeit von der Stadt bis zur Grenze im besten Falle deutlich über eine Stunde.

Stundenlanges Warten an der Fähre, kalt, windig, zunehmender Nieselregen, es ist der (Wetter-)Tiefpunkt der ganzen Reise. Es gibt kein Cafe zum Reinsetzen, nur einen Duty-Free-Shop mit Necafe-ToGo-Verkauf. Unterstellen geht nur sehr notdürftig. Übersetzen mit Regencape, auf der Fähre gibt es nicht mal ansatzweise was zum Unterstellen. Fahren vorbei an der Baustelle der neuen Donau-Brücke.

Calafat: Geld abheben bei der Unicredit, scheint auch in Bulgarien ganz vorn dabei zu sein. Rundgang, Straßen-Schachbrett-Muster, Cafe, Obst, Döner. Reichlich Pferde-Kacke auf den Straßen. Am Bahnhof jede Menge Bettel-Kids, piranha-mässig überfallartige Begegnung
wie 1998 in Agra, eine Jacke wird aus dem Rucksack geholt, ein ganz Kleiner ist brav und besorgt mir die Jacke zurück. Plötzlich erscheint ein Opi, vor dem die Kids Respekt haben, sie ziehen sich zurück.

Kein Klo am Bahnhof, der Schalter öffnet erst kurz vor Abfahrt. Statt des Zuges geht um 15:37 ein SEV-Bus bis zu einem kleinen Pampa-Bahnhof. Unterwegs gewaltige Straßen-Neubauten. Wir fahren in einem eiskalten, zugigen Uralt-Zug auf uralten Gleisen. Neben mir sitzen Typen mit 2,5 (!) Liter-Bierflaschen. Nach ca. 3,5 Stunden und 87 km trotz SEV pünktlich auf die Minute um 18:37 in Craiova.

Entscheide mich wegen des Wetters, der späten Stunde und dem abgelegenen Bahnhof gegen Baile Herculane und für den Nachtzug nach Temeswar.
Im tollen neuen Bahnhof von Craiova gibt es eine Schicki-Micki-Bar, ein paar Snack-Kiosks, aber keine richtige Gaststätte zum Reinsetzen und auch keine Gepäckaufbewahrung. Die Innenstadt von Craiova ist zu weit weg, laufe ein wenig durch das Bahnhofs-Viertel. Hier und da ein wenig Essen, später fängt es wieder an zu regnen. Im Bahnhof gibt es keine vernünftigen Bänke, nur ein paar unbequeme Hocker mitten in der Halle. Hocke mich auf meinen Rucksack an die Wand und lese in der Zeit.

23:40 mit einer guten halben Stunde Verspätung Uhr Start Richtung Temesvar. Habe zwar eine Sitzplatz-Zwangs-Reservierung, interessiert aber nicht im Zug. Nehme ein freies Abteil, nur die Tür geht bei jeder Bremsung auf. Schuhe ausziehen und auf der Bank vor mich hindösen.

Montag, 4.10:

Gegen 02:00 Uhr nicke ich kurz ein und habe plötzlich das Gefühl, das meine Schuhe weg sind. Schaue nach unten und tatsächlich sind die Schuhe weg. Da hält der Zug auf einem kleinen Bahnhof und einer springt aus dem Zug... Die Schaffnerin bietet mir eine Bank in der ersten Klasse an.
5:00 Uhr in Temeswar: Trekkingsandalen und zwei paar Socken sind gerade so erträglich bei der Morgenkälte. Kaufe ein Ticket nach Budapest, trinke einen Espresso, drehe draußen vor dem Bahnhof eine Runde, dann gehts schon los.

Budapest-Keleti: Lange Schlangen bei den Auslands-Tickets, hier werden die Tickets noch manuell ausgestellt, man muss eine Nummer ziehen und sich anstellen. Drehe draußen eine Stunde eine Runde. Riesige U-Bahn-Baustelle vor dem Bahnhof.  Die Stadt und der Bahnhof wirken wenig verändert, komme aber nicht bis zur Innenstadt. Supermarkt, ein paar Sachen kaufen um den Kühlschrank zuhause aufzufüllen. Im Bahnhof die aktuelle Sueddeutsche kaufen. 13:35 Uhr mit dem Railjet nach München.


 
HOME