Toskana Mai 2010



Nach Wochen der Kälte und Nässe ein grandioser Radel-Saisonauftakt in der Toskana.




Innovativer Recycling-Zaun



Montag, 17.5.:  


9:30 mit dem Zug nach Bologna. Beim Rad-Einpacken Pedalen nicht abgekriegt, vor einem Jahr ging es noch. Zum Glück muss ich nicht ins Flugzeug. Im Zug herrscht Remmidemmi, eine Gymnasiasten-Gruppe ist auf Pilger-Reise nach Assissi.

16:20 in Bologna. Tolle Atmosphäre, südländischer Trubel, T-Shirt-Wetter nach 3 Wochen Nässe und Kälte. Starte auf der SS66 Richtung Florenz, starker Verkehr. Südlich von Pianoro biege ich dann auf eine idyllische Nebenstrecke Richtung Osten ab, fahre bis Zena. Dazwischen eine ES-Neubaustrecke durch ein eigentlich idyllisches Tal, im 10-Minuten-Takt röhren die Geschosse durchs Tal.

In Zena wirds dann dunkel. Beleuchtung raus, auf extrem ruhiger Nebenstrecke gehts Richtung Süden. In letzter Minute vor der totalen Dunkelheit dann ein schöner Lagerplatz rechts am Auenwald unterhalb der Felswand. Ein unzufriedenes Reh schickt mich bellend auf die andere Seite der Wiese. 18:00 Uhr, 21 Grad. 22:00 Uhr, 14 Grad. Extrem helle Sternschnuppe beim Abendessen.

Dienstag, 18.5.:

Grandioses Morgen-Vogelkonzert. Laute Stimmen und die Sonnen-Hitze treiben mich aus dem Zelt. Friedlicher Morgen-Kaffee mit Blick in die Auwald-Felsen. Nach dem Start auf der idyllischen Straße Unmengen Rennradler, das waren die Stimmen heute morgen.

Stahlblauer Himmel, sattes Dschungel- und Wiesen-Grün, absolut verkehrsarme Strecke durch einen schönen Fluss-Canyon, Natura 2000 Gebiet. Dann raus aus dem Canyon, oben schöne Panorama-Strecke. Teatime hoch über einem wilden Felskessel  mit 3fach-Wasserfall nach Überwindung der gigantischen Leitplanken-Konstruktion. Wassermangel! 13:30 netter Picknickplatz mit Trinkwasser. Memos schreiben, 23 Grad in 500 Hm. Dann wieder steil runter ins Tal von San Benedetto. Gelbe Straße, relativ ruhig, viele Motorräder, es geht Richtung Raticosa-Paß.

18:00 Rückzug auf eine umzäunte, am Rand aber pfadmäßig offene Wiese, rechtzeitig vor Erreichen der großen Fernstraße. Wasser vom Bach holen, zuviel Schwebstoffe fuer eine Chlorbehandlung. Wegen Brotmangel gibts leckeren Kartoffelbrei mit Curry-Geschnetzeltem. Den ganzen Tag nirgendwo Brot zu kaufen. Gegen 20:00 Uhr geht die Sonne hinter den Bergen unter, bin auf 645m, 20 Grad.

Mittwoch, 19.5.:

Von der Früh weg dicht bewölkt. Auffahrt zum Paß in Nebel und Wolken, vor Erreichen der Fernstraße jede Menge schöne Panorama-Biwakplätze in der offenen Berg-Heidelandschaft. Martialisch gekleidete Pilzsammler in zwei Jeeps, Pilzesammeln natürlich verboten wegen Azienda Faunistico.

Oben am Pass dann wilde Sturmböen mit Regenschauern, rette mich in das Cafe am Pass, Cappucino. Wirtin: Es wird zwei Tage regnen, dann soll es besser werden. Essig mit der tollen Aussicht vom Sterne-Pass. Ich verzichte auf die beiden Rother Touren (18+19) auf den Gipfel und in den Canyon und fahre statt in den Casentinesi-Nationalpark Richtung Florenz.
Am Futa-Paß klart es zunehmend auf, super Panorama nach Süden Richtung Nationalpark. Ein japanischer Reiseradler kommt mir entgegen. Weiter unten scheint schon die Sonne! Beim Abfahren klart es vollständig auf. Tolle Panorama-Abfahrt auf der Fernstraße Richtung San Piero, kaum Verkehr! Vor dem Ort ein neuer Stausee, großes Orientierungs-Chaos wegen der neuen Schnellstraße und den neuen Tunnel-Bauten. Höllischer Verkehr. Fahre erst ein Stück Richtung Florenz, biege dann links ab in die Berge nach Bivaglio. Finde einen schönen Biwak-Platz direkt auf der Passhöhe, in einem Waldstück an einer großen Wiese mit weitem Panorama. 22:00, 14 Grad im Zelt. 


Donnerstag, 20.5.:

Die Sonne wirft mich aus dem Zelt, zum Glück waren die 2 Tage Regen eine Fehlprognose. Morgen-Cappucino, Brot kaufen, 300 Meter hoch auf den Klosterberg, oben ein grandioses Panorama, vor allem Richtung Nationalpark und in Gegenrichtung. Etliche Rennradler, Florenz ist nicht, weit, man kann den Dom von hier aus sehen. Das Kloster mit seinen vielen Gebetsräumen, Ecken und Winkeln anschauen. Ein Mönch läuft die ganze Zeit mit enem Buch umher und liest vor sich hin.

Rolle über Omio runter nach Florenz. Selbst in den Außenbezirken stehen überwiegend schöne Altbauten! Stundenlanges Stadt-Anschauen, lange Siesta bei den Massen auf der grünen Wiese vor der Santa Maria Kirche, der beste Siesta-Platz im Stadtzentrum. Mittagstemperatur war 21 Grad, ab und an dunkle Wolken, aber meist Sonne. Auf der Stadt-Panorama-Straße um die Gärten herum südlich raus aus der Stadt. Oberhalb vom schön gelegenen Stadt-Campingplatz an der großen Aussichts-Platform. Längere Pause, um das Super Panorama anzuschauen. Weite Sicht über die Stadt und die Berge bis hoch zum Kloster. Unmengen Touris aus aller Herren Länder, vor allem Japaner und Amerikaner.

Weiter Richtung Süden auf dem breiten Fussweg im Schatten der Bäume der weitläufigen alten Parks. Dann durch die große Autohölle bis weit hinter Florenz. Last Minute Biwak kurz vor Chiesanuova auf einer kleinen Passhöhe im Wald. Extrem steiler und vom Regen schlammiger Aufstieg auf einer ausgespülten Holzrück-Piste bis zum kleinen (Waldbrand?)Kahlschlag auf der Anhöhe mit ganz gutem Panorama. Ein kleines Wildschwein kommt neugierig durch den Busch angepirscht.

Unter mir liegt das Lichtermeer des Talkessels von Florenz bis Pistoia, der Himmel ist orange gerfärbt. 22:30 Uhr, 17 Grad, 180 Hm. Der Lärm aus dem Talkessel dringt bis hier hoch.  

Freitag, 21.5.:

Die Sonne zwingt mich wieder zum Aufstehen. Es zieht dann von Nordwest schnell zu. Schöne Fußgängerzone in San Casciano, alles voller Plauder-Runden am Vormittag. Internet, 4 Euro pro Stunde. Siesta im Park mit schönem Panorama, heute schwere Beine.

Weiter nach Montelupo, leckeres Eis im Zentrum. Rechts am Arno entlang, heftiger Verkehr, selbst auf kleinen Nebenstraßen. Biege bei Empoli nach Vinci ab, dann gleich links nach Cerreto Guidi, glasklares Appeninen-Panorama im Norden. Bis Massarella nur ausgeräumte Landschaft, viel Chianti-Wein. Nördlich von Masarelle vogelreiches Überschwemmungs-Sumpfgebiet, die ganze Gegend ist altes Sumpfgebiet voller Gräben. Hinter Massarello links im Wald am Rand einer schönen Lichtung Zelt aufbauen. Käuzchen und Glühwürmer am Zelt, im Dorf Gesänge und Trommeln. 22:15 Uhr, 18 Grad.

Samstag, 22.5.:

Weiter durch angenehme Landschaft, teils durch Ex-Sumpfgebiet wie gestern, viele große Vögel. Altopascia, Araber-Internet-Cafe, nur 2 Euro/Stunde, dafür direkt an Highway-Auffahrt gelegen. Kaufe Rückfahrticket für nächsten Donnerstag. Sumpftraverse - Collina - Abstecher nach Capannori - Lucca. Am Ortseingang Einkauf beim Coop, Kunden-Toilette mit Warmwasser. Einmal durch die Altstadt und einmal auf der grandiosen 4km-Panorama-Mauer drumherum. Viel los heute, super Wetter, Klasse Sicht.

Im Höllenverkehr aus der Stadt zum Serchio-Fluß, am Fluss entlang. Riesen-Dämme, der Fluss ist kaum mal zu sehen. Hinter Filettoie Richtung Nord zum Lago Massaciuccoli. Nirgends ein brauchbarer Platz fuer die Nacht, links der Sumpf, rechts steiles oder privates Gelände.

Hinter Massaros wirds dunkel. das GPS zeigt mir links einen Weg weg vom Highway Richtung Sumpf. Volltreffer: Der Weg geht an einem umzäunten Fussballplatz vorbei, rings um den Platz ist ein breiter Streifen Schilf gemäht worden. Hinter dem Platz kann man gut und einigermassen gedeckt aufbauen. Schaue wegen der höllisch lauten Italo-Disco vorher noch ein wenig weiter, ist aber nichts brauchbares mehr. Keine Nachtmücken! 23:15 Uhr Nachtruhe bei 20 Grad, mit Ohropax erträglich. Glühwurm-Heerscharen rings ums Zelt, es ist sehr feucht.

Sonntag, 23.5.:

Nachts etwas Regen, morgens Sonne, Teichrohrsänger im Schilf, schöner Bergblick Richtung Apuanische, ein unerwartetes Idyll. Ein Motor-Drachensegler zieht mehrfach seine Kreise.

Zurück auf den Highway, rüber nach Viareggio, Pan Superstore im Norden vom Bahnhof an der Straßenbrücke über die Schienen, auch Feiertags offen. Über die Yachtwerften Richtung Süden in die Macchia di Migliarino. Grandiose Siesta an einem kleinen See hinter der breiten Küsten-Düne. Wieder dicke Wolke über den Apuanischen. Ein Gewitter in den Bergen. Ein kleiner Ausläufer lässt es hier unten 5 Minuten tröpfeln.

Nach 5 Stunden (!) Siesta geht es weiter Richtung Süden. Nach dem Ende der bewirtschafteten Badestrände, hinter der Viale Europa Partymeile, wilde Treibholzküste mit Super Apuanen-Panorama. Fahre weiter bis kurz vor die Serchio-Mündung. Dort die bislang urwüchsigste Küsten-Gegend. Und am Strand im Treibholz ein angespülter Korbsessel, wie geschaffen fuer den Sonnenuntergang.
Links vor mit die Serchio-Mündung, ab und an ein Fischerboot. Ein Angler. Vor mir der Sonnenuntergang und rechts das spektakuläre Apuanen-Panorama. Hinter mir die Macchia-Wildnis mit den abendlichen Vogelgesängen, ringsum reichlich Treibholz und angespülter Plastikmüll. Und dazwischen ich beim Abendessen auf meinem Sessel. 


Montag, 24.5.:

Die ganze Nacht schmettert ein Vogel neben dem Zelt, ohne Pause, Ohropax hilft nicht. Ich verschlafe, stehe 8:15 Uhr auf. Der Vogel singt immer noch.
Absolutes Kaiserwetter. Im höllischst-möglichen Verkehr nach Pisa zum Campingplatz. Zelt in der grünen Stammecke aufstellen, wie üblich Plastikmöbel organisieren, große Wäsche, Teatime, Duschen, Kaffee, Stadtrundfahrt. Tolle Atmosphäre heute, der schiefe Turm in bestem Abendlicht, beschwingtes Fahren so ohne Gepäck. Leckeres Schoko und Nocciola in der Traditions-Eisbar. Internet, Zugverbindungen ausdrucken. 22:15 wieder im Camp. Ich bin der Einzige im grünen, schattigen, und autofreien H-Sektor! Essen, planen, Ruhe.

Dienstag, 25.5.:

Vor dem Zelt Kaffee, Essen, Kaffee, planen. Blütendüfte und Vogelgezwitscher. Sessel und Tisch vor dem Zelt im grünen Idyll, die Auto-Camper drängeln sich draußen in der Sonne. Duschen, Tee, Abfahrt.

Pisa-Ehrenrunde, Bahnhof. Ticket nach Poretta Terme, 107 km/6,60 Euro und 3,50 fürs Rad. Im Zug nach Lucca Schwatz mit einem Deutsch-Italiener, der aus Essen mit seiner Frau nach Lucca gezogen ist, wo seine Verwandten wohnen, kann aber schlecht italienisch, musste sich mühsam per sms gegen Handy-Abo-Abzocke wehren. Er hat sein KTM dabei, plädiert für Scheibenbremsen. Ist Korsika Fan, war schon mit dem Rad da und auf dem kompletten GR20, auch als Reiseleiter für Frosch-Reisen.  Er wirkt gar nicht so, eher wie ein Goa-Typ.

Nochmal Umsteigen in Pistoia, dann bei Kaiserwetter auf der grandiosen Bahnstrecke durch die sattgrün zugedschungelten Apenninen-Berge bis Porretta Terme. Im Coop am Bahnhof die leckersten Erdbeeren der ganzen Tour.

Start Richtung Lizzano auf der "Abkürzungs"-Nebenstrecken-Paßstraße, bei fantastischem Wetter durch den grünen Laubwald-Dschungel. Aber nirgends ein brauchbarer Lagerplatz, überall Zäune, Häuser in Blickweite, Hangschrägen, bellende Hunde, misstrauische Autofahrer, einmal muss ich wegen der Wildschweine wieder abziehen. 
Erst wieder unten im Tal von Lizzano finde ich unterhalb der Straße unter einer alten Eiche auf einer schönen Wiese am Fluss einen schönen Panorama-Platz mit Morgensonne. Nur ein Reh bellt unzufrieden. Leckerer Kartoffel-Curry bei Fast-Vollmond. 22:30 Uhr, 18 Grad. Muss noch eine verirrte Biene aus dem Zelt werfen.

Mittwoch, 26.5.:

7:00, 12 Grad. Erst satt bergauf, dann auf prächtiger Höhen-Panorama-Strecke stundenlang leicht bergauf und bergab (ca. 750-900m), links begleitet vom Monte Cimone Massiv. Überall erstklassige Biwakplätze hier oben. "Strada Europea del Castagno", Schilder an jeder Ecke. 2 fanatische Reiseraderinnen in Castel d Aitone. Sie kommen völlig fertig auf dem freundlichen Marktplatz an, machen 5 Minuten Pause auf einer Bank unter den Arkaden und weiter gehts. Die Kilometer vor Ceregli sind ein einzigartiger Aussichtsbalkon Richtung Südosten, die schönsten Landschaftsbilder der ganzen Tour. 2 große, tote Schlangen auf der Straße. Reichlich Wasser den ganzen Tag. Überall Blütendüfte, viele kleine Picknick-Parks, perfekte Temeratur.

Fahre dann eine Abfahrt zu früh runter ins Tal, lande in Vergato statt in Marzabotto, das kostet mich eine Stunde zusätzlichen Autoterror in dem eigentlich sehr schönen Flußtal. Vor Sasso Marconi über die große Brücke, auf der gelben Straße südöstlich Richtung Pianoro wieder den Berg hinauf. Muss schieben, der Tag war ganz schön hart. Lager kurz vor Pieve del Pino am Waldrand oberhalb der Straße.
Alle Reste zusammenkochen. 22:30 Uhr, 21 Grad. Der Schlafsack ist heute deutlich zu warm.

Donnerstag, 27.5.:

5:50 Uhr raus, packen, Kaffee, Start. Gute Lagerplätze an der zweiten, kürzeren Straße von Sasso Marconi im offenen Wald an der Einmündung in die Höhenstraße. Fahre durch teils wilde Erosions-Landschaft, bin in gut einer Stunde im Zentrum von Bologna. Ausgiebiges Stadt-Anschauen, schiefer Turm(!), reichlich Cappucino, ZEIT kaufen. 11:55 Start nach München. In München am Bahnhof Schwatz mit der Schaffnerin und ihrem Mann, nehmen auch gerne ihre Räder in Urlaub mit, waren gerade erst auf Sardinien.


 
HOME