Böhmen+Sachsen Mai 2008


Eine sehr gelungene "Plan B" Frühlings-Fahrradtour durch die Tschechei und Sachsen.

Camp am Lipno-Stausee
Camp am Lipno-Stausee


Samstag, 10. Mai:  

Wetter-Prognose für die geplante Dolomiten-Radtour ausgesprochen schlecht. Mittelmeer-Raum nicht besser. Dafür Richtung Nordosten exzellent. Ein  paar Landkarten einpacken, Fahrrad in den Zug nach Passau und losfahren. Start-Runde durch die schöne Passauer Altstadt bei grandiosem Wetter, klar, warm, wolkenlos. Durch grüne Laubwald-Hänge mit schönen Aussichten zum Hochufer. Quer durch das Vorwald des bayrischen Waldes Richtung Haidmühle. Ein Jäger verrät mir, wie ich durch sein Revier ohne Autos weiter komme. Obwohl ihn die Radfahrer eigentlich nerven ...

Vom Passauer Hochufer bis zur tschechischen Grenze liegt fast durchgängig ein ekelhafter Güllegestank in der Luft. Selbst im Wald. Nachtlager in einem schönen Stück Mischwald am Waldrand noch vor Haidmühle.

Sonntag, 11. Mai:  

Düse auf dem Bahndamm der ehemaligen Bayerwald-Bahn Richtung Haidmühle, Grenzübergang nur für Radfahrer und Wanderer. Auf der tschechischen Seite ist gerade ein neuer Bahnsteig gebaut worden, ab hier funktioniert die Bahn wieder, in Bayern sind die Gleise abgebaut worden ... Schönes skandinavien-artiges Hochplateau. Quer durch den Fichtenplantagen-Nationalpark zum Plöckenstein-See. Reichlich Radfahr-Verbote auf den fetten Forststrassen. Überall von schwerem Gerät zerfurchtes Gelände und Berge von frisch geschlagenem Holz. In den Kammlagen viel abgestorben, auch rings um den berühmten Plöckensteinsee-Talkessel. Ein Österreicher-Pärchen lässt sich mit den MTB's von Huskies ziehen. Ab und zu in den Strassengraben, wenn im Wald ein Erdhörnchen auftaucht. 
Mühsamer Abstieg vom Plöckenstein mit dem beladenen Rad auf dem Wanderweg durch ein felsiges Flussbett.Weiter zum idyllischen Lipno-Stausee. Grandioser Übernachtungsplatz ein Stück rechts hinter der Brücke bei Cerna auf  (noch nicht richtig geöffnetem) Campingplatz direkt am Wasser, unter dem Baum neben dem Boot mit Blick zum Sonnen-Untergang. Ein Österreicher-Pärchen ist ganz hingerissen von dem Platz.

Montag, 12. Mai:  

Start Richtung Cesky Krumlov auf perfekt abmarkierter Nebenstraßen-Radroute durch ländliches Idyll. Krumlov: Ein spektakulär schönes Örtchen in Moldau-Schleifen-Talkessel. Voll von Touris geflutet. Schönster Panorama-Platz ist der neue Jesuitenorden-Schulen-Lustgarten. Dort ein Schwätzchen mit einem Kalifornier, dem man vor ein paar Wochen sein mühsam aufgebautes Touren-Rad geklaut hat. 
Start nach Budweis, wieder über perfekt abmarkierte Rad-Nebenstrassen. In Budweis schenkt mir ein Polizist seinen Stadtplan, damit ich den Weg zum Camping finde. Sehr schön im Grünen gelegen, noch nichts los. Abend-Rundfahrt durch das südtirol-artig wirkende, mittelalterliche Stadtzentrum und die großzügigen Parks am Wasser. Abends noch Zelt umstellen in den unbeleuchteten Teil des Zeltplatzes.

Dienstag, 13. Mai:  

Am Bahnhof Ticket nach Prag kaufen, alle Fahrplan-Aushänge + Erläuterungen sind viersprachig ! Morgen-Stadtrundfahrt durch Zentrum und Neustadt-Fußgängerzone. Fahrrad einpacken, weil ich das zweite Symbol für Fahrradtransport nicht durchblicke. Tatsächlich haben fast alle tschechischen Schnellzüge einen Gepäckwagen, der auch Fahrräder mitnimmt !
Angenehme Zugfahrt nach Prag. Stadtrundgang und -fahrt. Heftiger Touristen-Rummel schon im Mai. Dunkle Wolken aus Richtung Südwesten. Ab und zu ein paar Tropfen. Überwiegend aber super Wetter. Durch die Parks zum  Panorama-Hochufer mit dem Metronom-Monster. Super-Blick von der Anhöhe. Die Wolken kommen immer näher und werden immer schwärzer. Zu den drei Camping-Plätzen in Troja. Alle ausgesprochen laut an der Strasse gelegen.

Gebe Gas, um den Wolken zu entkommen. Immer am Moldau-Ufer entlang, dem Rad eines MTBlers folgend durch das Steinbruch-Gelände statt außen rum. Ein Security-Mann ignoriert uns. Im Uferwald-Steilhang-Nationalpark auf den Single-Trails der Prager MTBler, wegen des Gepäcks teils riskant steil über der Moldau. Dämmerung und keine Chance auf ein Stück zum Zelten geeignetes Gelände. In letzter Minute ein sehr steiler Wanderweg durch eine mit alten Buchen bewachsene Schlucht ans Hochufer. Da läuft das volle Zersiedelungs-Programm, auf der Zufahrts-Strasse zu so einer Siedlung an ein abgelegenes Stück Hochufer, auf einer schönen kleinen Lichtung im Hochufer-Gebüsch Zelt aufbauen. 

Mittwoch, 15. Mai:  

An der Baustelle vorbeischleichen zur "Hauptstrasse", einer schönen Landstraßen-Linden-Allee. Fahre Richtung Norden. Die Strasse wird bald zum Feldweg, dann zum Waldpfad-Single-Trail, dann zur kaum noch erkennbaren Wiesen-Pfadspur durch den schönen Ufer-Laubwald. Kommt schliesslich an einer Strasse unten an der Moldau raus, die wiederum an der Fähre zum Bahnhof auf der anderen Seite endet.
Fahre weiter auf den Moldau-Ufertrails Richtung Norden bis nach Kralupy. Am Bahnhof Ticket kaufen nach Decin (wie das letzte Mal inkl. Rad 5 Ct/km). Ausgiebig Frühstücken am Bahnhof. Schöne Fahrstrecke nach Decin. Eis & Kaffe zum Start im Vorort-Zentrum Nähe Bahnhof. Dann über die Brücke ins schön renovierte Altstadt-Zentrum. Aufstieg ins Bergland auf der Straße Richtung Liberec, wie schon einmal vor fast genau zwanzig Jahren. Im Vergleich zu damals ist es mit der Idylle aber vorbei, die Strasse ist eine ziemlich krasse Verkehrshölle geworden. Abbiegen in die böhmische Schweiz durch idyllische Landschaft und schmucke Dörfchen mit schönen Fachwerkhäusern. Weiter oben dann unübersehbares Kammlagen-Waldsterben. O2 hat alle Telefon-Zellen in der Tschechei aufgekauft. Funktionieren aber irgendwie nicht ins Ausland. Mega-Ketten-Crash 2 km vor dem Camping in Mezna Louka. Zelt aufstellen, Rezeption ist schon zu. Kaum noch Essen-Vorräte an Bord. Die einzige Gaststätte rückt nichts mehr zu essen raus, auch kein Bierchen. Fahre rüber in den Ort Mezna, da gibt es noch was, in einer einzigen Pension. Ausgiebiges Essen in schöner Panorama-Lage. Der Nachbar-Tisch (voller Deutscher) unterhält sich die ganze Zeit über die günstigen Preise in Tschechien. Der Kellner kann erstklassig deutsch.

Donnerstag, 16. Mai:  

Beizeiten los, die Rezeption hat immer noch zu. Durch endlose, von Forstarbeiten zerfurchte Fichtenplantagen, immer auf den höchstmöglich gelegenen Radwegen rüber in die Sächsische Schweiz, nach Ostrau und Bad Schandau. Kaum was zu sehen unterwegs. Ein großes Rudel Wanderer auf dem Weg zum Winterstein. Kaffee-Trinken in Bad-Schandau. Am Nachbartisch wird gerade eine Bewerbung in Frankfurt geklärt.

Durchs Polenztal zur Waltersdorfer Mühle, noch ein Kaffee. Weiter zu Fuss (die anderen Radler radeln) durch den grandiosen Polenztal-Canyon zur Strasse nach Hohnstein. Dort tobt der totale Motorrad-Terror. Hoch nach Hohnstein, teils steil schiebend auf Wanderwegen, um dem Motorrad-Terror auszuweichen. Die Burg gehört jetzt den Naturfreunden. Weiter steil hoch zum Kaffee im Restaurant/Hotel "Zur Aussicht". Spektakuläre Panorama-Lage mit weitem Blick über das idyllische Örtchen, gewürzt mit Motorrad-Lärm. Weiter Richtung Brand, vorbei an Omas ehemaligem Haus. Riesiges Bauernfrühstück auf dem Brand bei schönem Panorama-Blick. Wieder mal dunkle Wolken aus Südwest, aber kein Regen. Kleiner Abstecher zum Panorama bei den Hafersäcken.

Start Richtung Bastei, wieder durch den Motorrad-Terror (nur Wochenende und Feiertags verboten) ins Tal, in Hohburkersdorf vorbei an Restaurant und Pension "Zur Rennstrecke". Über den Panorama-Hügel im N von Rathewalde nach Rathewalde, Wasser fassen im Friedhof. Ri. W raus aus dem Ort, hoch zur Strasse, in den Wald, längs der Wiese Ri. N. um dem Strassenlärm zu entkommen, Hochsitz an Hochsitz. Etwas abseits der Hochsitze an einer eingezäunten Schonung Zelt aufstellen.

Freitag, 17. Mai:  

Beizeiten auf, überall ein Rumgeballere, ein Jäger-Jeep fährt dicht vorbei, sieht mich zum Glück nicht. Start, am Wiesenrand steht ein Jeep, die Jäger laiufen gerade über die Wiese, um das Wild einzusammeln. Zum Bastei-Hotel, im Bar-Bereich als einziger Gast ein gediegenes und leckeres Kännchen Kaffe, die Hotelgäste sitzen alle beim Frühstück. Rundgang über die spektakulären Bastei-Felsen fast ohne Touris. Die kommen dann allerdings in Scharen, als ich wieder beim Fahrrad ankomme. Über den historischen Pflasterweg runter nach Wehlen, Radfahrerkirche am schnuckeligen Marktplatz. Leckeres Eis mit Sahne.

Weiter die Elbe entlang ins schön renovierte mittelalterliche Stadtzentrum von Pirna, sehr lebendig und angenehm. Lecker und überaus günstig Essen. Start Richtung Dresden. Vorbei an Schloss Pillnitz, das Hochufer hoch zum Fernsehturm, dann wieder runter. Zwischen zwei Elbbrücken erwischt mich dann der erste richtige Regen der Tour. Erst Pause unter der Folie, dann Fahren unter der Folie, zur Freude der anderen Radfahrer.

Rundfahrt durchs Stadtzentrum. Beeindruckende Frauenkirche, ringsum neue Wohnbebauung, auch die Baywobau ist dabei. Richtung Bahnhof dann sterile Kaufhäuser in Stahl-Glas-Investoren-Architektur. Wirkt alles irgendwie willkürlich zusammengestöpselt hier im Stadtzentrum. Falafel in der Fußgängerzone. Zurück zur Elbe, durch die Elbwiesen Richtung Norden aus der Stadt. Überwiegend auf Radwegen längs der Elbe bis zum abseits der (gut befahrenen) Strasse idyllisch am Bach im Buchenwald-Tal gelegenen Camping bei Scharfenberg. Es ist schon dunkel. Bin ziemlich geschafft heute.

Samstag, 18. Mai:

Früh los, weiter das Buchenwald-Tal hoch bis aufs Raps-Hochplateau. Downhill ins Stadtzentrum von Meissen. Frühstück in Bäckerei-Pension. Etwas weniger lebendig als Pirna, eindrucksvolles Stadtviertel rings um den Albrechtsdom-Berg, schöne Pension mit Gaststätte und Terrasse am Eingang. 20 Minuten Radeln nach Niederau, zweites Frühstück im Real-Supermarkt am  Bahnhof, Zeitung kaufen, Zug nach Leipzig. Gepäck am Bahnhof lassen, Fahrrad in Passage am Internet-Cafe. Ausgiebiger Rundgang durch das vor Leben strotzende Stadtzentrum. Neues Uni-Gelände im Bau. Bahntunnel zwischen Hbf. und Bayrischem Bhf mti zwei neuen S-Bahnhaltestellen im Bau. Dresden baut dafür eine neue Autobrücke.  Insgesamt sehr abwechslungsreiches, gut gegliedertes, harmonisches und lebendiges Stadtzentrum mit überwiegend gelungener Verbindung aus alt und neu. Dicke Wolken aus allen Richtungen, aber in der Stadt überwiegend super Wetter. Internet: Morgen Wettersturz. Entscheide mich für Rückfahrt nach München heute abend. Rad packen, 18:16 Start nach München, bei schönster Beleuchtung durchs grüne Saaletal. In aller Ruhe LVZ und ZEIT lesen. 0:30 Uhr im Bett.



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