Apuanische Alpen Mai 2005


Einmal quer durch ein subtropisch grünes Juwel. Meist in sicherer Entferung von den kollosalen Bergbau-Verwüstungen.


Donnerstag, 18. Mai: 

Wetter-Aussichten für die Südalpen trüb und regnerisch. Buche Last Minute Flug via Travel-Overland / Bucher Reisen / Condor nach Pisa. Jetzt ist nur noch die Frage: Korsika oder Apuanische. 

Freitag, 19. Mai: 

Tourplanung, Entscheidung für Alpi Apuane statt Korsika. Wanderführer & Karte kaufen.

Samstag, 20. Mai: 

Packen, Last Minute Lebensmittel einkaufen, Entscheidung für reine Biwaktour mit 1x Biwakzelt + 1x 2er Biwaksack. als Campingplatz-Notlösung.

Sonntag, 21. Mai: 

5:30 raus, 6:22 U-Bahn, Ticket abholen bei Thomas Cook Schalter in Terminal 2. Abflug von den Lufthansa-Gates inkl. Zeitungen und Kaffee. Im Flugzeug Käsebrötchen und Nescafe. Vom Flughafen Pisa gleich Zug-Anschluß nach Pisa. Tickets gibt's nur nach Anstehen an langer Schlange am Schalter, kein Automat.

Fahren 5 Minuten bis Pisa. Leckerer Espresso an der Bahnhofs-Bar, dann Zug nach Pietrasanta. Gute halbe Stunde Fahrt, ausgestorbener Bahnhof, selbst das ziemlich neue WC ist geschlossen. Es ist heiß. Wasser tanken am Friedhof. Innovative Plastikbehälter-Gießkannenlösung.
Laufen auf wenig befahrener Straße hoch nach Capezzano. Die Straße geht urplötzlich in einen urigen Pfad über, der bis kurz vor die "Siedlung" S. Anna fürht. Dann frischer Beton auf dem Pfad, autogerecht verbreitert. Neue sechseckige, feuerverzinkte Stromleitungsmasten nach Art von Mobilfunkmasten. Schon bald geht es weiter auf einem tollen Laubwaldpfad, super Wetter. Nirgends frei fließendes Wasser.
Kurz vor Farnocchia ein alter Pfad rechts hoch zu einem großen, verfallenden Haus am Hang mit Super Panorama Blick und großartiger Blumenpracht. Daneben genug Biwak-Platz. Käuzchen-Rufe.

Montag, 22. Mai: 

Die brütende Sonne holt mich aus dem Lager. Angela ist schon auf. Abstieg in den malerischen Ort, ein Hund muß von Frauchen am Mitlaufen gehindert werden. Capuccino & Espresso in der Bar, Rundgang, Kirche in spektakulärer Panorama-Lage. Lebensmittel-Laden neben der Bar, gut bestückt. Kaufen Paprika, Äpfel, Bananen.
Dann toller Wald- & Panorama-Trail bis zu den idyllisch im Kessel gelegenen Almen ab und hinter dem Agritourismo. Weiter durch Wald und Aufstieg über die riesige Ziegenweide zum Paß, rüber zum Rifugio Matanna, einem Riesenklotz mit Straßen-Anschluß, hat offen. 3 Verspielte junge Hunde, einer begleitet uns noch bis zum nächsten Paß. Dort dann ein grandios gelegener Fels-Überhang mit Blick vom Wildwest-Felsen über den Ort im üppig grünen, hügeligen Talkessel, bis raus zur Küste, Cinque Terre und Ligurien. Toller Sonnenuntergang. Starker Wind auf dem Paß, aber kaum Wind unter dem Felsüberhang.

Dienstag, 23. Mai: 

Nachts dreht der Wind und bläst jetzt unter unseren Felsüberhang. War dann wieder viel zu kalt: Leggins, Kaufhof-Daune, Yeti-Fleece, aufgeplusterter 2er Biwaksack. Früh nebelartige Wolken, kaum etwas zu sehen. Bleiben bis 10:00 Uhr liegen, 11:15 Uhr Start zum Rifugio Forte del Marmi. Schöne Lage unter den Felsen, aber geschlossen, nur ein schmuddeliger Notraum ist offen. Brotzeit unterm Vordach, ein erster Regenschauer, kalt. Deutsches Tagestouri-Pärchen mit kurzen Hosen, T-Shirt, Trekking-Sandalen ohne Socken. Vorher schon einem älteren Pärchen auf Tagestour begegnet.

Weiter immer am Hang entlang, teils schwierige Wegfindung wegen zahlreicher Pfade. Immer wieder leichte Schauer. Reichlich Wasser an den Wegen, die sich unterhalb der Felsbänder entlang z iehen.
Den ganzen Tag über erst Motorsägen-Konzert, dann Tagebaulärm. 
Etliche aufgelassene Häuser, einige mit Seilbahn, noch in Benutzung. Quartieren uns 19:00 Uhr kurz vor Beginn des Dauer-Regens in der offenen Holz- und Seilbahn-Bodenstations-Kammer eines Hauses ein. Dann Regen ohne Ende. Ein Tier schaut im Regen in die Taschenlampe.

Mittwoch, 24. Mai: 

Hat die ganze Nacht geregnet. Heute in der Hütte mit Fleece unter, nicht über der Daune und 2 Paar Socken viel zu warm gewesen ! 3.5 Liter Wasser, Angela 2.5 Liter, steil, glitschig, Aufstieg auf schmalen Pfaden zum Felsentor. Tolle Lage, noch spektakulärer ist der Rundblick vom Forato-Berg dahinter, obwohl gerade mal 1208 Meter hoch; mit exzellenter Biwak-Fläche für 2 Leute und einer zusätzlichen Biwakhöhle darunter !

Weiter auf dem Grat Richtung Pania della Croce, treffen 2 Tagestouren-Italiener, die meinen, es gibt kein Wasser bei der Hütte. Jetzt Klasse-Wetter in alle Richtungen, am Ende des Grates ziehen die hohen Gipfel mit einer grauen Wolke zu. Schöner Blick auf das Kirchendorf Gallatuja östlich vom Grat auf der anderen Talseite (Aussichtspunkt lt. Karte / Bikeziel in 956m  direkt neben der "Tre Corna" (1057m).
Alte MG-Nester am Grat, wie frisch ausgebaggert. Ein Fuchs schnürt um die Ecke. Über den ausgedehnten Grashang hoch Richtung Pania della Croce. Toller Blick zurück über die Strecke, die wir gekommen sind, das dichte Dschungel-Grün um Farnocchia und M. Gabberi bis rüber zum M. Nona.

Grandioses Woken-Schauspiel beim Aufstieg zum Pass. Oben Klettersteig, die Wolken bleiben unter uns, ein Wolkenmeer westlich der hohen Berge bis zur Küste, im Osten frei. Reichlich Schneefelder, die Hütte ist zu, liegt aber in der Abendsonne. Unterhalb ein kleiner Canyon mit Wasser an der Seilbahn-Station, aber kein einfaches Rankommen. Zelt und Biwaksack in einer Ecke hinter dem Tisch aufbauen. Ausgiebig Abendessen bei schönstem Sonnenuntergang. 22:30 Ruhe.

Donnerstag, 25. Mai: 

Nachts etwas zu kalt mit Fleece und Kaufhof-Daune & Leggins & Pullover + Umterhemd + Hemd. Im Biwakzelt relativ wenig Kondenswasser, 10 Grad im Zelt, draußen 9 Grad um 8:00 Uhr beim Aufstehen. Packen, trocknen, frühstücken auf den beiden Bänken an der Sonnenseite. 9:45 Start Abstieg, 20 Meter unter der Hütte finden wir dann eine Quelle mit reichlich Wasser ...

2 Stunden durch dürren Karst-Buchenwald, dann ab der Kirche bzw. dem "Cap. la Votiva del C.A.I. " ein traumhafter Grat-Panoramapfad über eine blühende, überaus lebendige Wiese unter alten, locker stehenden Laubbäumen mit vollem Talkessel- und Bergpanorama nach beiden Seiten vom Grat. Ein Vogel-, Käfer-, Schmetterlings- & Fliegen-Paradies mit einer kollosalen Laubbaum-Vielfalt. Und nicht ein einziger Steinbruch zu sehen ! Ein absolut magischer Platz.  Ein Mistkäfer umkreist mich nebst tausenden Fliegen beim Eilegen. Die Straße unten im Tal führt links vom Monte Sumbra quer durchs Gebirge zum Meer durch ein wildes Tal. Ausgiebige Brotzeit-Pause.

Weiter längs verfallener Almen zu einem wieder bewohnten Haus mit frisch eingestürzter Garten-Mauer, wieder frisch  mit Mobilfunkmasten + Erdkabel ans Stromnetz angebunden. Durch eine schöne, wilde Schlucht (Waschen+Rasieren an Wasserhahn) mit viel Wasser; später durch einen weiten, kargen Canyon bergab zur Alpe S. Antonio. Ab dort verstärkt und erstmals abgestorbene Kastanien. Wanderwege lt. Karte jetzt asphaltiert, der Wald degenerierter Plänterwald mit Fichten-Einpflanzungen. Gelegentliche Straßen-Abkürzung, einmal Straße, obwohl der Wanderweg parallel in der Fichtenplantage verläuft.

Allgemein schwierige Wegfindung, kommen aber erfolgreich bis zur ersten Bar der Tour in Sassi; hat zwar zu, es gibt aber trotzdem Cappucino in Bar/Ristorante/Pension. Die Tanten davor hüten die Kinder der Nachbarschaft. Hoch in den Ort, dort schöngelegene Bar mit Panoramablick. Raus aus dem Ort, kurz hinter dem Ortsausgang ein altes, verwaschenes Wanderwegezeichen. Das ist der originale Wanderweg ! Wald statt Asphalt, der Ort wird nur am Rand berührt. Steigen den Weg hoch, um einen BW-Platz zu suchen. Kommen direkt oberhalb vom Ort heraus, weiter Panoramablick über Blumenwiesen, den Ort, die Kirche,  zurück zu den Bergen und über die Süd-Garfagnana im schönsten Abendlicht.

Abendliche Kraxeltour den Kamm entlang rüber zur Kirche mit tollem Bergpanorama bei allerfeinsten Beleuchtung; vom Kraxelpfad herrliche Rundumsicht und Blumenpracht. Direkt unter uns an der prächtig gelegenen Straße durch die Schlucht Richtung Meer liegt ein monströser Tagebau. Touri-Busse im Eisenbahn-Look pendeln Richtung Küste und zurück.  Grasmücken zwitschern rings um unsere Blumen-Wiese, aus dem Schlafsack Blick in die Schlucht und auf die Berge.
Ein Fuchs (?) schleicht den ganzen Abend und die ganze Nacht um unser Lager. Robinien-Blumendüfte liegen in der Luft.

Freitag, 26. Mai: 

7:00 Uhr raus, war sehr warm die Nacht. Grasmücken-Konzert. Von unten Baulärm. Abstieg zum Ortsausgang. Der Wanderweg ist jetzt eine neue, asphaltierte Straße Richtung Castelnuovo. Wir gehen links ab auf einem alternativen Pfad, finden sogar alte Wanderwegezeichen, es wird zunehmend unwegsam, wir stehen plötzlich an der Abbruchkante vor einem "Mine"-Sperrzeichen. Unter uns eine gigantische Staudamm-Baustelle an beiden Seiten des Canyons !
Wir arbeiten uns über Wildschweinpfade nach unten und finden wieder den alten, teils erodierten und teils zugewachsenen Wanderweg. Kommen dann in Torrite, nicht in Castelnuovo, im Tal an. Auf der anderen Seite des Flusses ist ein Wanderweg hoch zum Castell und rüber nach Castelnuovo ausgeschildert. Versuchen erst, im Tal weiter zu laufen, der Weg endet vor einem abgeschlossenen Neubau-Komplex. Nichts geht mehr. Es ist sehr heiß. Gehen dann zurück und hoch zum Castell, wird gerade runderneuert, die Vegetation von der Mauer entfernt, eine neue Außenmauer hochgezogen, drinnen auch alles neu.

Brotzeit auf dem Hügel im Castell mit Alpenpanorama, von einem Bienenschwarm beendet. Kein Wanderweg mehr zu finden ab dem Castell, müssen den Straßenhatscher nach Castelnuovo nehmen. Der Bus nach Lucca um 13:19 Uhr kommt nicht, gehen ins Zentrum, Cappucino. Mini Centro Storico mit Maxi Verkehrshölle drum herum.
Zug nach Lucca, Espresso, weiter nach Viareggio. 1x quer durch Stadt und Fußgängerzone und Küstenwald zum Camping Paradiso. Lärmige Straße und Bahnlinie gleich nebenan, es ist nicht das Camp, das im Wald auf der Karte eingezeichnet ist. Schöner Badepool, nur offen von 9:30-12:00 und 15:30 bis 18:00 Uhr.  Einige wenige Mücken. Reichlich Robinien-Stacheln in Badelatschen und unter den Biwak-Folien. Kollosale Nachtbeleuchtung. Ich baue einen Lichtschutz aus Wanderstöcken und aufgetrennter Mülltüte.

Samstag, 27. Maii: 

Gut geschlafen, Kaufhof-Daune im Biwaksack war optimal mit Leggins, ca. 16 Grad geschätzt. Angela im Biwak-Zelt, total naß von innen, weil komplett zu wegen der Mücken. Eine Stunde unentschieden, ob Meer oder gleich Pisa, biegen dann zum Meer ab. Schöner, uriger Küstenwald-Naturpark. Superbreite, endlose Strandzone, Hafen Viareggio in Sichtweite.

BW-Zelt als Sonnenschutz an herumstehende Hölzer, herumstehenden Stuhl mit Brett versehen. Schimmel am Käse. Zukünftig nur noch verpackt und foliengereift (Bio-Discount) ! Der Rucksack haut das Brett weg und alles liegt unten. Große Wiederaufbau- und Reinigungs-Aktion. Laufen rüber zur Liegestuhl-Zone von Torre del Lago, erst durch den Wald, dann auf dem Fußweg parallel zur Strasse zum Bahnhof, komplizierter Ticketautomat in italienisch, falsches Ticket Pisa Centrale - Pisa Rossore ... Unser Zug geht nur Sonntags, Eis & Cappuccino, eine Stunde später Zug nach Rossore.

10 Minuten Fahrt, Zelt wieder in die gewohnte Ecke. Sehr angenehmer Camping, v.a. verglichen mit dem in Viareggio. Duschen, Biwak-Zelt umbauen. Gute Luft hier !
Bis zum Bahnhof mit dem Flughafenbus, Haltestelle rechts hinter der schrecklichen Unterführung. Schweres Begängnis Richtung Zentrum, Bio-Tomaten und Brot kaufen, leckerer Cappucino, vorzügliches Eis wie beim letzten Mal links hinter der Brücke. Nächste Woche historische Regatta. Unter den Platanen des Uni-Viertels entlang, toller Auftritt eines historischen Vereins mit Fahnen-Akrobatik und einem erstklassigen Gaukler mit Huhn- und Waschbär-Handpuppen.

Leckeres Tomatenbrot-Abendbrot mit Glühwürmchen-Beleuchtung. Dazu sardischer Weißwein von unseren italienischen Wohnmobil-Nachbarn. Neben unserem Zelt springt beim Hinlegen überflüssigerweise noch eine Lampe an. Spendiere noch 10 Minuten, um eine Abdeckung aus der aufgetrennten Mülltüte zu bauen.

Sonntag, 28. Mai: 

6:50 raus, packen, ausgiebig Frühstück. Bus zum Flughafen, geht Sonntag morgen aller 20 Minuten, meist aber aller 12 Minuten. Von außen sehr angenehm und locker gestalteter Flughafen. Espresso in der SB, Abhängen auf der Wiese. Schlagzeilen lesen: Amoklauf in Berlin und 3000 Erdbeben-Tote in Java. Der Dax hat sich erholt.


HOME