Kanaren-Radtour
                Frühling 1997


Im Frühling 2 Wochen mit dem Rad durch Teneriffa, Gomera und La Palma. Blühende Wüsten, urige Nebelwälder und spektakuläre Vulkankrater.

Samstag, 26. April:
Tierische Schlange am Flughafen, 16.15 los. Leider wolkig bis Südspanien. Grand Canaria & Teneriffa wüstenhafte Anblicke von oben. Landung zum Sonnenuntergang. Bis das Fahrrad zusammen gebaut ist, ist es dunkel. Benzin holen an der Tankstelle. 2 Stunden Irrfahrt wegen der Autobahn. Lande am grossen No-Money-Camping am Strand direkt hinter dem Flughafen.
Schwerer Sturm. Nachtruhe gegen 01.00 Uhr. Zum Glück vorher Wasser besorgt.

Sonntag, 27. April:
Endloser Sturm. Das Minizelt schlägt die ganze Nacht trotz Ohropax viel zu laut. Dazu lärmt ein Generator. Hunde bellen. Angenehme Nachttemperatur. Schlafsack optimal. Früh immer noch stürmisch.
Fahrt nach Los Christianos durch blühende (Kakteen-)Wüste. Stark zersiedelter Küstenbereich. In Los Christianos schweres Begängnis am Ufer. Kochheiss ! Nur eine Nachtfähre nach La Palma. Wegsuche um die Autobahn. Endlose Serpentinen Richtung Teno-Gebirge. Die Alcala-Pension war leider zu.
Schöne, dichte Halbwüsten-Vegetation auf den aufgegebenen Terrassenfeldern. Schmackhafte Tomaten vom Bauernhof. Köstliche Bananen !
Nachtruhe in einem verlassenen Bauernhaus. Der Bettrost hängt leider durch. Und Mücken gibts. Ohropax gegen das Summen.

Montag, 28. April:
Nachts schlecht geschlafen wegen der Mückenstiche. Ausserdem wohl noch einen Floh eingefangen. Dienstag grosse Wäsche, dann ok. Aufstieg zum grossen View-Point, runter nach Masca. Schöne Canyons, sehr kahl. Massen auf der neuen Strasse. Brütende Hitze. Gegenanstieg zum nächsten Pass. Rum ums Kap, rein in die Passatwolken. Nass und kühl. Subtropisch grün und blühend.
Am Meer dickes Fischessen für 10,-DM. In Los Realejos auf verdecktem Ödland gegen 22.00 Uhr Zelt aufgeschlagen. Hunde bellen die ganze Nacht. Socken voller klebriger Unkraut-Kapseln. Durst ! Und kein Wasser in der Nähe.

Dienstag, 29. April:
Trinke nach dem Aufwachen zuallererst die Wasser-Reserve aus. Super ! Rundfahrt durch Los Realejos  / Puerto de la Cruz. Kein Vergleich zu Los Christianos und Umgebung. Hitze-Aufstieg nach Orotava. Bin noch völlig fertig vom Teno-Ritt. Rücke mittags in freundlicher Pension ein. 2,5 Stunden Schlaf. Dann Anti-Floh-Waschmassnahme. Inzwischen viele Stiche eingefangen.
Orts-Besichtigung. Super-Lage. Blick ins Tal und zum Teide-Vulkan. Touri-Massen in der Altstadt.

Mittwoch, 30. April:
Anti-Floh-Aktion war erfolgreich. Auffahrt zum Teide-Krater. Angenehme Steigung bei konstant 7 km/h und 500 Hm/h. Ab Agumansa prächtige Blicke zum Teide über Kiefernwälder. Vorher sehr schöne Heide-Landschaft. Oberhalb der Wälder eine blühende Paramo-Landschaft.  Die Paramo-Landschaft geht im Krater in Halbwüste über. Bin noch vor Sonnen-Untergang oben. Herrliche Landschaftsbilder, starke Farben und exotische Vegetation ! Ausserirdische Atmosphäre.
Ein barbarischer Sturm im Krater. Komme nur schiebend bis zum höchsten Punkt. Kehre dann um. Blick aufs Parador-Hotel halb liegend hinter einer Mauer. Stehen geht bei dem Sturm nicht. Aufstieg zur Sternwarte. Bombastischer Sonnenuntergang über La Palma und der Passatwolke, unglaubliche Farben am Himmel. Es waren 2500 Hm heute !
Nachtfahrt. Bergab teils schiebend, wegen dem Sturm und der Strasse direkt am Kamm. Dichte Wolken unten, eh' kein Blick möglich. Gegen 22.00 die Berghütte am Hange rechts von der Strasse. Auf Terrasse Zelt aufschlagen. Es schlägt die ganze Nacht.

Donnerstag, 1.5:
Immer noch Wolken unten bis zum Horizont. Null Sicht trotz Kammstrasse auf 1900 Meter. Esperanza-Wald mit Riesen-Kiefern schon im Nebel. Kalt und nass, Nieselregen. Volle Regenmontur. Waldbrand-Spuren über weite Strecken. Bilder wie in den Blue Mountains. In La Laguna sind alle Geschäfte zu, Ärger. Es ist 1. Mai. Tanz- & Reitvorführungen. Sonst nicht viel los. Unerwartet tiefe Abfahrt bis Santa Cruz. Schwer was los im Stadtpark. Zimmer und Fahrrad-Zimmer im Horizonte für 25,-DM. Sehr nett. Duschen.
Stadtrundgang: Sehr angenehme Stadt. Noch viele Kulissen von den Morgen-Veranstaltungen aufgebaut. Zur Fähre: Fährt nicht nach La Palma. Zum Bus: Nimmt Fahrräder mit. Uff. Gönne mir eine Süddeutsche. Es regnet. Grau und wolkenverhangen. Anaga-Gebirge schroff und kahl hinter der Stadt. Verschiebe den Besuch des Urwalds auf das nächste Mal.

Freitag, 2.5:
Früh hervorragendes Bocadillo. Schon ganz anderes Feeling in der Stadt, wenn alles offen ist. Bus hat hinten Riesen-Gepäckfach. Hätte das Rad gar nicht herrichten brauchen. Wetter schon besser, noch Wolken.
In Los Christianos wieder stahlblauer Himmel, aber deutlich angenehmer, weil kühler als am zweiten Tag. Auch weniger Betrieb an der Promenade. War auch Samstag das letzte Mal. Dickes Curry-Huhn. Das Jetboot nimmt auch Räder mit.
15.30 Start. Durch bis Valle Gran Rey. Beeindruckende Fels-Kulisse am Ufer. Krachheiss. Alles in deutscher (Alternativ-)Traveller-Hand. Müsli und Schwarzbrot ! Verkäuferin will mir gleich Habitacion anbieten. Fahre aber noch 800 Hm bis kurz vor den Nationalpark. Gigantische Schlucht. Netter, ebener Platz oberhalb der Strasse auf einem ehemaligen Terrassen-Feld. Ein Schleichpfad war der Wegweiser. Starke Abendbeleuchtung des Lorbeer-Urwaldes in satten Braun- und Grüntönen.
Die Passatwolke schwappt rüber. Es wird extrem feucht und recht kühl. Tropft schon nach wenigen Minuten im meinem Einwand-Zelt. Der Biwaksack ist die Rettung. Sturmböen schütteln mir die ganze Nacht Tropfen ins Gesicht. Ein ordentlich abgespanntes Doppelwandzelt wäre die Lösung ...

Samstag, 3.5:
Stehe erst 10.30 auf, Top-Wetter. Sonne trocknet alles sehr schnell. Super Kaffee ! Herrlicher Zeltplatz. Volle Blüte und Vogel-Gesänge. Radle langsam zum Garajonay hoch. Richtung Westen Taman-Negara-mässige Blicke. Urwald bis zur Passat-Wolke, dahinter  La Palma, El Hierro und der Teide. Beeindruckendes Vogelkonzert. Schöner Blick vom Gipfel. Picknick und Party am Laguna-Platz (Samstag). 40 km kein Ort und nur 2 Bars. Benchijiuga-Erosionskrater mit bizarren Felsen davor. Drin halbe/halbe Wüste und Lorbeer-Wald.
Lästige Jeep-Gruppenfahrten. Alles in deutscher und spanischer Hand. Top-Abfahrt nach San Sebastian. Supermärkte abends nach acht noch offen. Schöne Felskulisse. Viele Pensionen und Hotels. Optimal eingekauft, Gomera-Schwarzbrot. "Sächsische Zeitung" im Hafen. Schwatz mit Bine. 22 Tote bei Sandsturm in Kairo ! Kann noch 50 Tage dauern. Da wäre unser Rückflug wohl hin gewesen. Treffe an der Fähre den ersten Reiseradler, nach einer Woche !
22.00 Abfahrt. Sehr unruhige See. Habe aber keine Probleme. Der andere Radler wird am Ziel gleich in einen Transporter verladen (ein Spanier mit magerer Ausrüstung). 2 Deutsche geben Tip mit offener Herberge. Ist auch offen, aber der Chef ist nicht auf der Terrasse. Starte nach Norden. Erster Zeltplatz von Hund vereitelt. Nächster über 3 Steinhaufen. Felsen rollt in die Speichen. Knochenharter Boden. Gegen 4.00 Nachtruhe.

Sonntag, 4.5:
11.30 kommt die Sonne aus der Passatwolke. Zu warm zum Schlafen. Zeltplatz  mit Super-Lage über dem Steilufer, Blick auf die Stadt. Wird eine Kurve weiter noch besser, mit glattem Boden ... Die Passat-Wolke ist völlig aufgelöst, Glücksfall. Alles stark zersiedelt hier. In einigen Barrancos dichter Mischwald bis zur Strasse. Steil auf und ab. Alle Barrancos auch hier trockengelegt. Kann kein Trinkwasser nachtanken. 15.30 in El Sauces, Bar "El Drago" ist (noch) zu. Der Wirt ist aber da. Top-Doppelzimmer (18 DM) mit Meeresblick. Bin happy, weil völlig verkeimt. Duschen. Berge absolut frei. Radtour Los Tilos. Gigantische Steilwände. Kein reiner Lorbeerwald mehr, aber eindrucksvoll. Wieder Stahlrohre statt Wasserfälle. Sehr idyllisch. Dicker Eintopf. Beizeiten Nachtruhe.

Montag, 5.5:
Auffahrt nach Barlovento. Sehr schöne Lage in der Lorbeerzone mit Blick auf den Caldera-Rand und die Sternwarte. Hinter Barlovento nagelneue Strasse, null Verkehr, prächtige Waldlandschaft. Windig. Bald Wandlung der Strasse zu freundlichem Schotter-Waldweg. Hinter Felsentunnel mit Gratisdusche traumhafter, komplett zugedschungelter Barranco "Gallegos" mit grossartigem Vogelkonzert. Querung des Barrancos in gut 800 Meter Höhe. Im Barranco noch 2 Tunnel mit Waschbrett-Piste.
Neugierige Echse isst meine Apfelreste. Köstliche kanarische Mandel-Schokolade ! Grosses Glück: Die Passatwolke liegt weit vor der Küste. Dann sehr schöne (Licht & Farben !) Lorbeer/Heide/Kiefer-Mischwaldzone mit Riesenkiefern. Unglaublich: Finde frei fliessendes Wasser auf 1100 Hm ! "Fuente de los Poleos" mit guter Zeltmöglichkeit. Schwätzchen mit Berlinern. Weg weiter oben nur noch Wanderweg-Breite. 60 Meter hohe Kiefern im Barranco, wo die Quelle ist. Moosbehangen das Ganze, ca. 20 Minuten vor der Fernstrasse "Puntagorda-Franceses". "Roque Foros" idyllisch mit Caldera & Sternwarten-Blick. Viele Hähne. Gute Übernachtung hier für 30 DM pro DZ.
Köstliches Bio-Erdbeer-Joghurt aus Krämerladen in Barlovento. Aus 1100 Meter Blick auf die Passatwolke, unten alles dicht. Ab "Hoyo Grande" nur noch reiner Kiefernwald, teils unterholzfrei (Waldbrand ?). Vor einem menschenleeren Grundstück Angriff von vier Wach-Hunden. Erfolgreich mit der Ultraschall-Kanone abgewehrt.  Zelte am Rand einer Obstplantage trocken über der Passatwolke. 12 Grad, 1200 Hm.

Dienstag, 6.5:
Immer noch 12 Grad. Wolke wieder weit draussen. Leute holen Gras aus der Plantage. Abfahrt bis Los Llanos, vorwiegend durch Bauernland. Gigantischer View Point mit Bar kurz vor der Stadt. Da in Los Llanos alle Rezeptionen unbesetzt, eine Stunde Sitzen auf der Plaza. Caldera-Wanderung planen und Inselmagazin lesen. Leserbrief: Insel hat ihr Flair verloren durch extrem zunehmenden Tourismus und stark gestiegene Preise. Kann das nur bestätigen: Mehr Deutsche als Spanier auf der Strasse und im Appartamento sind statt 25 DM schon 50 DM zu zahlen (Steigerung in 3 Jahren) ...
Pomfortionös Essen eingekauft, da Kühlschrank im Appartement. Ablufthaube von AKA Elektrik ! Heute Vortrag von Che Guevaras Tochter. Habe Amis als Nachbarn. Seltenheit auf den Kanaren. Mücke im Zimmer. Sirene an.

Mittwoch, 7.5:
Ein Hund greift vor einem Grundstück auf dem Caldera-Hinweg an. Zum Glück kommt die Besitzerin rechtzeitig. Schöne Blicke vom Weg. Aber viele Autos. Copper Canyon-mässige Landschaft. Anfang Mai ist schon vieles wieder verdorrt. Endlich frei fliessendes Wasser. Die Stahlrohre in den Bachläufen ziehen sich aber bis mitten in die Caldera. Weg teils im Fluss. Verirre mich auf Hacienda. Weg nur von oben zu sehen. O-Ton Besitzer: "Privado-Cerrado". Drehe um. Nur eine Stunde ab Furt bis zur Stadtmitte ! Zwischendurch von hinten Angriff eines räudigen, nicht einmal bellenden Köters am selben Grundstück wie auf dem Hinweg. Dog-Stop-Einsatz: Die Töle macht einen Riesensatz nach hinten und verschwindet.
Tea-Time. Einkauf. Ein deutscher Zuwanderer beschwert sich, dass nur noch Deutsche auf der Plaza sitzen ... Heute gigantischer Passatwolken-Wasserfall. Super-Aussicht vom Appartement-Dach. Heute gibts keine Zeitung von heute wie gestern. Lese die "Zeit" zu Ende.

Donnerstag, 8.5:
Flug-Rückbestätigung vom Hotel klappt nicht. Andere Öffnungszeiten. 10.15 Uhr Start. El Paso Rückbestätigung. Nur für Info nötig. Hoch zur Cumbrecita. Wolken-Fall heute bis zum Talgrund. Sehr beeindruckend. Mit Rad bis zum linken Aussichtspunkt. Viele glückliche Deutsche (schon 10x hier gewesen). Typ stürzt aus Häuschen. Doch alles schon recht wüstenhaft ausser dem Talgrund.
Abfahrt. Hoch zum Tunnel Richtung Cumbre. Ist sehr schön mit Wacholder zugedschungelt => Wolkenfall.
Andere Tunnelseite: Nass, neblig, kalt. Bis runter ans Meer keine Sonne. Abfahrt. Tea Time am Meer. Erste Walker. Stadtrundgang. Ticket für die Fähre kaufen. Das Fahrrad ist unüblich (!), man muss erst rumtelefonieren. Süddeutsche kaufen. Von Himmelfahrt nichts zu merken. Zurück zur Strandpromenade. Jetzt schon Hunderte Walker, meist mit Autoschlüssel in der Hand. Mehr Frauen als Männer. Dazu Barfuss-Jogger am Strand.
23.00 alle Gaststätten zu. Dafür sehr schönen Platz im Zentrum gefunden. Viel Lärm auf der Fähre.

Freitag, 8.5:
Früh um halb fünf Ohropax rausgekramt. 8.15 in Los Christianos. Dickes Frühstück. Die meisten Läden machen erst um zehn auf. Gehe gleich in die Pension "La Palma", da leicht übernächtigt. Ein Tag Mast. Fischessen.

Samstag, 10.5:
Flughafen-Umrundung. In der Warteschlange grosses Hallo, etliche haben mich mit dem Bike im Teno-Gebirge gesehen. Ich bin der Held !


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