Norwegen+Schweden
                 Winter 1995


Eine (Ski)-Tour vom Feinsten durch den winterlichen Rondane-Nationalpark + Abhaengen in Stockholm.
Norwegen-Kurs: 4 NKr = 1 DM

Donnerstag, 23.02.:
Bis Mittag noch Arbeiten, Lebensmittel einkaufen, Packen. Abends in den D-Zug nach Kopenhagen.
Schoen leer, noch ein alter Reichsbahnwaggon, Sitze lassen sich zu grosser Liegeflaeche umbauen. Perfekt !

Freitag, 24.02.:
Umsteigen in Kopenhagen, durch eine Wald- und Seenlandschaft nach Oslo. Super-Bahnhof in Oslo ! Jugendherberge und Hostel erscheinen uns zu teuer. Mit vollem Gepaeck abendlicher Rundgang durch Oslo. Ausgesprochen teuer,
viele Pubs im Zentrum. Campingplatz ist geoeffnet. Liegt weit draussen, grosse Kaelte und reichlich Neuschnee. Dafuer Trockenraum mit +30 Grad ! Rezeption hat schon zu.

Samstag, 25.02.:
Duschen. Frueh ist alles schnell trocken im Trockenraum. Rezeption hat leider immer noch zu, oeffnet Samstag erst um 11. Morgendlicher Stadtrundgang mit Gepaeck. Boxer schickt sein erstes Paket mit ueberfluessigem Gepaeck nach Hause. Ich kaufe eine Rondane-Wanderkarte. Viele Leute unterwegs mit Ski und (sehr schlichten !) Sportklamotten. Sympathische Atmosphaere. Viele bunte Holzhaeuser, schoene Lage zwischen Mittelgebirge und Meer.
Zug nach Lillehammer. Wenig Schnee und sehr ruhig. Flache Berge. 7-Eleven-Laden. Nehmen dann mangels Schnee und Landschaft den Zug nach Otta. Busse nach Myseseter fahren ab Otta nur 10.00 und 16.00. Beginnen den Aufstieg und verbringen die Nacht in einem zugigen Bus-Wartehaeuschen im Blockhuettenstil. Boxers Benzin-Taschenofen ist besser als der Holzkohle-Ofen. Die Rucksaecke waren tierisch schwer.

Sonntag, 26.02.:
Laufen eine halbe Stunde, dann stoppt eine Frau mit Skiern im Gepaeck und nimmt uns bis Myseseter mit. Besorgen im Berhotel einen Loipenplan. Info: Nord-Ost-Rondane hat Wuestencharakter und wenig Schnee ...
Ziehen mit unseren Skiern los. Sehr warm ! Trocknen die Schlafsaecke in der Sonne an einem Blockhaus. Tiefschnee! Ein Telemark-Fahrer. Herrliches Wetter. Viele Ski-Langlaeufer und -Wanderer, fast ausnahmslos ohne jeden Mode-Schnickschnack unterwegs.
Vom ersten Pass dann ein weites und glasklares 360-Grad-Panorama ueber die Hochebene zum zentralen Rondane. Laufen Richtung Rondvasbu / schwarze Mauer. Abends dann extrem kalt, schlagen Zelt am Weg nach Rondvasbu auf. Muss bei eisigem Sturm ein grosses Geschaeft verrichten, grausam. Tiefst-Flieger donnern ueber unser Zelt, die Gesichter der Piloten sind deutlich zu sehen ! Muehselige Schneeschmelze.

Montag, 27.02.95:
Frueh bewoelkt, wir quartieren uns in der Rondvasbu-Huette ein. Eine Grossfamilie managt den Laden. Kaufen zum Aufwaermen erst einen Kaffee, dann Teewasser aus dem Kessel. Grosse Trocken-Aktion. Dann im Schneesturm eine Tagestour zur Peer-Gynt-Huette. Klart spaeter auf, dann praechtiger Panoramablick Richtung Jotunheimen-Gebirge. Deutsche Alternativ-Pauschaltouris empfehlen uns in der Huette die Waffeln mit Sauerrahm & Marmelade. Sehr brauchbar !
Fuer unsere Langlaufski ausgesprochen halsbrecherische Abfahrten. Die Strecke ist eine windverblasene Piste ohne Spur, dafuer mit Bambus-Stecken als Markierung. Auf dem Rueckweg ist alles zugeweht.
Abends Waschaktion. Muss mich dann mit Boxer wegen seinem Anorak rumaergern. Meine Schuhe sind klatschnass von innen. Ein paar Freaks schlafen im Zelt an der Huette, benutzen aber sonst die Huette. Wissen nur nicht, ob das erlaubt ist.
Nehmen dann noch eine letzte Duschung.

Dienstag, 28.02.95:
Frueh Brotkauf, Huette ist schon recht leer. Reichlich Neuschnee gefallen in der letzten Nacht. Schneit munter weiter. Ab und zu schauen Sonne und blauer Himmel durch. Marschieren dann ueber den See durch eine herrliche Schlucht, rechts riesige Blaueisvorhaenge. Aufstieg zum Pass. Rutschen beide an der gleiche Stelle in die Schlucht. Tiefschnee-Aufstieg. Dann kilometerlange Genussabfahrt (fuer mich).
Im Tal eine wilde Mondlandschaft, sehr schneearm.
Der Weg ist nur schwer zu finden. Wir kommen nicht durch die Schlucht. Der Umweg ueber den Berg zu Fuss ist wegen heftigem Sturm nicht moeglich. Gehen dann zwischen Sumpfrand und Bergfuss durch den Tiefschnee, queren den Sumpf auf markiertem Weg. Boxer bricht mit einem Fuss im Wasser ein. Sind zum Gluck 15 Minuten spaeter an der Doralseter-Huette. Alles zu, aber in der Selbstversorgerhuette ist eine norwegische Pfadfindergruppe. Wir zahlen als DAV-Mitglieder 90 NKr.

Mittwoch, 01.03.95
Kaufe frueh den Gruppenfuehrern den zweiten Huettenschluessel ab (200 NKr). 8.20 Uhr Aufbruch dank der Gruppe. Steiler Aufstieg zu Fuss, dann wieder kilometerlange Top-Abfahrt ins Haverdal. Unten ein
grundloser Schneesumpf. Trockenaktion in der Sonne, trotz der Kaelte erfolgreich. Mein Ueberzieher ist im Gegensatz zu Boxers Jacke klatschnass geworden. Dann stundenlange Quaelerei durch den Schneesumpf, der sich noch weit durch dichten Wald den Berg hochzieht. Finden weiter oben den verlorenen Weg wieder, ist aber auch kein besserer Schnee. Auf dem Plateau dann wieder guter Schnee.
Abstieg Richtung Grimsdalshytte bis zum Waldrand gut. Dann wieder sumpfiger Tiefschnee. Verlieren in der Daemmerung den Weg endgueltig. Dunkelheit. Boxer will trotzdem mit aller Gewalt die Huette erreichen. Will in der Nacht quer durch den ausgedehnten, weglosen Sumpf, obwohl er gestern erst eingebrochen ist. Bleibt dann zum Glueck endgueltig im Tiefschnee stecken.
Schnee festtreten, Zelt aufbauen. Sehr warm heute, nur 7 Grad minus ! Grosse Schneeschmelz- und Koch-Aktion. Erstmalig, da Boxer den Benzinbedarf seines neuen Kochers genausowenig kennt wie die Himmelsrichtungen ...

Donnerstag, 02.03.95
Nachts etwas windig und sehr warm. Alles recht trocken am Morgen. Morgen-Zelt-Kaffee-&-Bruehe-Aktion. Super-Wetter ! Boxer findet den Weg um den Sumpf herum ...
Selbst Skifahren ist wieder moeglich ! Auf halbem Weg zur Huette ist der Weg wieder weg. Sind nach ca.
2,5 Stunden an der Huette. Sah am Abend sehr viel naeher aus. Grosser Camping-Platz im Tal. Schwere Fressorgie auf der Huette. Dauert ueber 2 Stunden ! Super-Huette, erstklassig mit Lebensmitteln bestueckt, selbst Kaviar ! Kasse des Vertrauens,Gaskocher, Radio. Trinken Tee in der Sonne vor der Huette, genial. Kein Mensch weit und breit.
Loehnen dann 100 Kronen zu zweit und brechen auf. Laufen nur nach Markierung statt nach Karte und geraten so auf eine falschen Weg. Merken das aber erst, als wir voellig ab von jedem Weg auf einem einsamen Hochplateau stehen, mit dem bislang bombastischsten Panorama und einem unglaublichen Sonnenuntergang. Arktische Weiten, ringsum Schneeberge, von einem rosa leuchtenden Himmel beschienen. Phantastische Atmosphaere. Kollosal weiter Horizont, das absolute Highlihgt der ganzen Tour.
Vermutliche Lage des Panoramas: Etwas suedlich vom Gravhaug. Waere ein erstklassiger Zeltplatz (Sonnenaufgang !), den Sturm und die Kaelte haetten wir und die Zelte aber nicht ueberlebt.
Wir sehen im Norden aus Richtung Nordwest einen einsamen Skifahrer kommen. Laufen auf seine Spur zu und biegen dann Richtung Nordwest ab. Dunkelheit, noch keine einigermassen sturmsichere Zeltflaeche in Sicht. Weiter mit Taschenlampen ueber zunehmend schwieriges Gelaende. Nicht genuegend Reservebatterien. Stellen fest, dass die Spur unmoeglich nach Hjerkin fuehren kann, ist zu lang dafuer.
Bauen das Zelt am Rand der Schlucht auf. Ziehe die Daunenjacke ueber das steifgefrorene Schneehemd.
Benzin ist fast alle, reicht noch fuer 2 Liter Schneeschmelzwasser. Temperatur weit unter 20 Grad minus, dazu alles klatschnass einschliesslich Schlafsaecke und Daunenjacke, fataler Fehler. Vertilgen im Schlafsacke die letzten Essen-Reste. Hoffen auf Nachschub morgen ...
Stopfe vor dem Einschlafen noch Waermekissen in die Socken. Zelt steht schraeg, rutsche nachts mit dem Schlafsack an die nasse Zeltwand. Fussende erst durchweicht, dann steifgefroren. Meine Zehen auch. Wache zum Glueck auf, bevor sie abgefroren sind. Fussgymnastik, bis die Helligkeit kommt.

Freitag, 3.3.95:
War eine grauenvolle Nacht. Dafuer heute Traum-Wetter. Nehme fuer eine Stunde die Schuhe mit in den Schlafsack zur Wasserflasche, waehrend Boxer schon am Wuehlen ist. Die Schuhe tauen tatsaechlich auf ! Raus aus dem Schlafsack, ein tolles Berg- & Tal-Panorama ! Bin wieder versoehnt mit der Welt. Abbauen.
Eine halbe Stunde geradeaus, dann eine halbe Stunde Super-Abfahrt zum Fokstugu-Vogelschutzreservat,
die Kurven klappen inzwischen ! Kurzer Besuch auf der Rangerstation, man spricht deutsch. Ist wohl noch 2 Stunden abwaerts (!) bis Dombas. Auf halber Strecke dann noch eine nette Berghuette mit Baguette und Coca-Cola. Planung. Weiter auf erstklassiger Loipen-Abfahrt bis zum Skilift.
Schoener Hang, trotz Mittag und Sonne Pulverschnee, fast keine Leute ! Offener Wintercampingplatz mit Huetten direkt gegenueber dem Hang. Ski+Schuhe ausborgen kostet 120 NKr, Tageskarte 100 NKr.
Starker Blick ueber den dicht mit Kiefern (weiter oben nur Birken) bewachsenen Talkessel von Dombas. Top-Feeling ! Entscheiden uns aber fuer Stockholm.

Grosseinkauf im Minipreis. Der 17.05-Uhr-Zug faehrt nicht, war eine Fehlauskunft auf der Huette. Boxer isst, ich packe. 18.09 Zug nach Oslo. Zug ist gut gefuellt, es ist Freitag. Wie ueblich pendelt die Mitropa-Schubkarre pausenlos durch den Zug. In Oslo gibt's keine Platzkarten mehr nach Stockholm. Dafuer ist schwer Betrieb auf dem Bahnhof und dass abends um halb elf.
Muessen dann im Zug nach Stockholm gegen Mitternacht einer trink- und sangesfreudigen Gruppe weichen. Lernen dadurch eine 60-jaehrige Outdoorerin kennen. Hat Sylvester in einer Schneehoehle im Sarek verbracht, da sie es nicht rechtzeitig zu ihrer Gruppe bis in die Huette geschafft hat. Ist Deutschlehrerin, viele lernen in der Schule als 2. Sprache deutsch. Meint, ihre (erwachsenen) Kinder schimpfen immer mit ihr, wenn sie solo auf Wildnistour geht ... Insgesamt aber viele Frauen alleine auf Tour in Norwegen.
Allgemein sind die Norweger meist mit voller Biwakausruestung unterwegs, falls sie mal keine Huette erreichen. Telemarkski sind Standard. Auch im Alltag sind viele mit (aelteren) Rucksaecken unterwegs. Keine Grenzkontrollen.

Samstag, 4.3.95:
Gehen ins Zinken-Hostel. Dort Fruehstueck. Dann in die Stadt. Kungsgatan ist die Einkaufsstrasse: Departement-Store, Waine-Cafe mit Zeitungsladen, Mega-Sportshop, Fjaellraeven-Laden und Outdoor-Laden am anderen Ende. Dort auch Reisebuero-Viertel. Im Fjaellraeven-Laden erzaehlt uns die Verkaeuferin, dass die Modell-Palette fuer Deutschland sehr viel breiter und teurer ist.
Insgesamt sehr weitlaeufiges Zentrum. Cafe-Szene. Hervorragendes und teures Gebaeck. Kaffee-Refills. Boxer ist zufrieden, weil die Wuerstchen billig sind. Das Jugendherbergs-Schiff ist zu, schoene Lage am Wasser.
Architektur Budapest-aehnlich. Einkaufen im KONSUM, gutes Vollkornbrot fuer 3,50 DM/kg !
Wasch- und Trockenaktion. Boxer macht wieder mal Aerger. Geht dann Stockholm bei Nacht besichtigen.  Der Hoehepunkt des Abends ist das Duschen ! Die letzte Trockenmarke bekomme ich gratis, nachdem ich von unserem Trip plaudere ... Gegen Pfand werden Wecker ausgeborgt.
Ich bin dann breit und gehe schlafen.
Im Hostel bleibt ein Typ in unserem 4-Mann-Zimmer die Nacht verschwunden. Dafuer kommt noch ein aelterer hollaendischer Schwede.

Sonntag, 5.3.95:
Nachts fast erstickt wegen Boxer. Der Hollaender-Wecker klingelt schon 6.30, stehe mit auf. Guter Refill-Kaffee. Boxer kommt mit, trotz 8.30 Uhr - Plan. 8.12 Uhr Start Richtung Kopenhagen. 2 Stunden Reisenotizen. Eine Stunde guter Refill im Mitropa-Wagen, dann restliche Reisenotizen. Den letzten Teil der SZ lesen. Draussen ohne Ende Wald und Seen.


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