Costa Rica 1993


Das erste Mal in den Tropen. Schneesturm, Gepäckprobleme,Vulkane, Regenwälder.


Samstag, 20. März - Samstag 11.April: 

Mit United Airlines Start Richtung Washington. Verheerender Blizzard über dem Osten der USA. Werden nach Kanada umgeleitet, man spendiert uns eine Hotel-Nacht in Montreal. In leichter Sommerbekleidung zwischen meterhohen Schneewehen und eisiger Kälte.

Am nächsten Morgen nach erfolgreicher Flugzeug-Enteisung Start nach New York, Kennedy Airport. Beim Landeanflug spektakulärer Blick auf die New Yorker Betonwüste und Manhattan in der Morgensonne. Danach geht dann 24 Stunden gar nichts mehr. Tausende hängen auf dem Flughafen fest, alle Weiterflüge sind übervoll. Wir sollen uns ein Hotel in New York suchen und in ein paar Tagen wieder kommen. Wir suchen natürlich weiter nach einem Flieger, man genehmigt uns sogar das Fliegen mit fremden Airlines. Nützt uns aber nichts, keinen Chance auf freie Plätze. Schlafen dann auf dem abgeschlossenen Flughafen auf dem Teppich vor einem Check In Schalter. Irgendwer hat noch eine Palette Tomatensaft spendiert ...

Am nächsten Morgen immer noch keine Chance auf einen Weiterflug. Irgendwie bekommen wir mit, dass es vom Airport La Guardia noch Chancen auf freie Plätze bei American Airlines geben soll. Nehmen sofort ein Taxi. Ich mache vorn die Taxi-Tür auf, wie ich es von Deutschland kenne. Werde aber sofort zurückgepfiffen, weil das verboten ist. Wir müssen draußen an einem Taxi-Stand bezahlen, hinten einsteigen und die Quittung durch ein kleines Fensterchen in der panzerglas-gesicherten Fahrer-Kabine reichen ...

La Guardia: Im Minutentakt starten die Flieger. Wir müssen uns noch einige Stunden gedulden, dann gibt es tatsächlich noch Plätze für uns. Freie Plätze gab es auch schon früher, nur leider werden sofort zahlende Standby-Passagiere bevorzugt. Nach wenigen Stunden sind wir in San Jose, Costa Rica. Unser Gepäck ist natürlich noch irgendwo unterwegs.

Mein Gepäck kommt nach zwei Wochen, Sabines Gepäck überhaupt nicht, weil es in San Jose / Kalifornien gelandet ist ... Müssen uns dann unterwegs notdürftig eindecken. Kaufen in San Jose ein neues Zelt. Treffen zum Glück eine Schweizerin, die gerade ein halbes Jahr in Südamerika unterwegs war und jetzt nach Hause will. Sie borgt uns einen guten Teil ihrer Ausrüstung einschließlich Rucksack.

Fahren gleich raus aus der Stadt in einen Vorort von San Jose. Kaffee-Trinken an der Straße, erste Eindrücke einsaugen. Hotel suchen. Abendlicher Rundgang durch den Stadtpark. Überaus exotische Atmosphäre, Tropen-Luft, aber nicht zu heiß hier auf der Hochebene. 

Am nächsten Tag Weiterfahrt zum Arenal-Vulkan. Kommen in einem luftigen Bretter-Verschlag in der zweiten Etage unter. Der Arenal grollt fast ohne Pause, ist aber hinter der dicken Wolken-Schicht nicht zu sehen. Die Wolken verziehen sich auch am nächsten Tag nicht. Machen dann unsere erste kleine Wanderung zu einem Dschungel-Wasserfall.

Start Richtung Santa Rosa Nationalpark. Zwischen-Übernachtung in einer kleinen Stadt auf halber Strecke. Mit Lautsprecher-Wagen, Reitern auf geschmückten Pferden und Demonstrationen tobt gerade der Wahlkampf.  Werden am nächsten Tag in der Dämmerung am Highway-Nationalpark-Eingang aus dem Bus entlassen. Laufen auf Asphalt-Sträßchen Richtung Camp. Nach Einbruch der Dunkelheit verfolgt uns parallel zur Straße ein größeres Tier. Man kann es hören, wie es durch die Büsche bricht, nur sehen kann man nichts. Schon etwas furchterregend in der Nacht mitten im Dschungel.
Erreichen dann wohlbehalten das Camp und bauen das Zelt auf. An der Wasserstelle treiben sich allerhand eklige Insekten und glasige Spinnen herum.

Am nächsten Tag wird es sehr schnell krachheiß. Kaum Blätter an den Bäumen hier im Trockenwald, dadurch kann man sehr schön die Tierchen und Vögel auf den Bäumen sitzen sehen. Ein dicker Iguana hockt an einem Baum in der Nähe vom Zelt. Kleine Warane laufen auf dem Boden herum. Pelikane bevölkern ihre Lieblings-Bäume. Irgendwie ist die Atmosphäre aber nicht so großartig und wir reisen einen Tag später weiter.

Wir verbringen einen Tag am Meer, bevor es mit einem uralten amerikanischen Schulbus weitergeht Richtung Monteverde. Acht Stunden  Fahrt durch kahl geschlagene Hügel, ab und an eine Kuh dazwischen. Die Fenster halten sich nicht oben, der Straßenstaub bedeckt am Ende gleichmäßig den Inhalt des Busses. Am Horizont sind dicke Haufenwolken zu sehen, darunter stecken die letzten Wälder der Region.  Kolibri-Futterstelle an unserer Unterkunft. Machen am nächsten Tag eine geführte Tour mit einem Ranger, der uns ein im Baum hängendes Faultier zeigt. Das hätten wir ohne Guide niemals gesehen. Am Abend sehen wir noch einen Quetzal fliegen. Riesige Farne !
Für den Monteverde-Wald muss man sich lange vorher anmelden, drehen deshalb am nächsten Tag nur eine Runde durch eine benachbartes Stück Sekundärwald. Immer wieder Regen. Messerscharfer Übergang des Reservats in das endlose Kahlschlag-Gebiet. Gigantische Würgefeigen. Bäume voller Rabengeier. Diese Tierchen sind überall im Land überreichlich zu sehen.

Zurück nach San Jose, Gepäck-Ermittlungen, Bus auf die Osa-Halbinsel buchen. Studentenviertel-Einkaufszentrum mit deutscher Werbe-Ansage, als ich durch die Tür komme ... Start am nächsten Morgen. Lange Fahrt in den Südwesten des Landes, ab San Jose mit einem sehr modernen Bus. Osa-Halbinsel, Puerto Jimenez: Unterkunft in den Cabinas. Rundgang: Wildwest-Atmosphäre, viel US-Armee, Panama-Krieg. Die Soldaten erzählen allerdings, dass sie hier Entwicklungshilfe leisten. Super-Sonnenuntergang am Meer. Treffen ein englisch-australisches Pärchen und noch zwei Typen, die auch in den Corcovado wollen. Mieten uns für den nächsten Tag ein Allrad-Taxi.

Am nächsten Morgen über die Dschungelpiste in den Corcovado. Affensichtung, Zwischenstop. Fahren bis zur ersten Ranger-Station. Das Australier-Engländer-Pärchen beschließt, erst morgen loszugehen und an dem schönen Strand einen Badetag einzulegen. Wir laufen gleich los. Immer schön am Strand entlang. Erst mit, später ohne Sandalen. Trete mir Muschelkalk in den großen Zeh ein. Die Überreste eines amerikanischen Kriegsschiffes aus dem WKII liegen am Strand. Tropischer, palmengesäumter Traumstrand bis zum Horizont. Es wimmelt nur so vor lauter Krabben. Später geht der Weg immer öfter über längere Strecken durch das Inland, bevor er ganz im Dschungel verschwindet. Überall wimmelt es unter den am Boden liegenden Blättern, viele bunte Krabben im Wald.

Hüfthohes Durchwaten der Haifisch- und krokodilverseuchten Lagune. Großes Aufatmen, als wir drübensind. Es geht insgesmat langsamer als erwartet voran, wir kommen in die Dämmerung, wir haben kaum noch Wasser und kommen auf einen falschen Weg. Freunden uns notgedrungen schon mit dem Gedanken an eine durstige Nacht unterm Moskitonetz an. Finden in letzter Minute doch noch die Sirena-Rangerstation. Schlagen das Zelt zwischen Spinne-Weben riesiger Tropen-Spinnen auf, die das ganze Obergeschoß der Rangerstation eingewebt haben.   Trotz
des ohne Überzelt aufgebauten Unterzeltes auf dem Dachboden kaum ein Luftzug im Zelt, akute Erstickungsgefahr ... Das Unterzelt ist leider sehr dicht gewebt, eher Stoff als Moskitonetz. Die Brüllaffen machen einen Höllen-Lärm.

Am nächsten Morgen habe ich einen barbarischen Sonnenbrand. Ruhetag. Wegen der Luftmangel-Geschichte präpariere ich das Moskitonetz als weiteres (freihängendes) Einmann-Zelt. Kleine Dschungeltour, riesige Brettwurzeln,
ein komplett laubloser Ameisen-Highway.Wanderung vor zum Strand, spektakulärer Sonnenuntergang. Schwer mückenverseuchte Lager-Dusche.
Am nächsten Morgen ein von hunderten von Mückenstichen blutig angeschwoller rechter Unterarm. Hat dummerweise nachts immer wieder an der Außenwand des engen Moskitonetzes gelegen ...

Wandern quer durch den Park zur Ranger-Station Los Patos. Als man uns fragt, ob wir "Room" wollen, verstehe ich "Rum" ... Am nächsten Morgen geht es aus dem Park heraus in eine sehr schöne Gegend. Der Weg führt überwiegend im Flussbett durch eine gebirgige Landschaft. Immer wieder Nieselregen. Indianer- und Goldgräberland. Zwei suspekte Goldgräber-Gestalten verfolgen uns, wir können sie zum Glück abschütteln. Vom Wandern im Fluss sind meine Füße komplett aufgeweicht und mit Blasen überzogen. Kann nur noch unter großen Schmerzen laufen.

Zum Glück treffen wir zwei Entwicklungshelfer mit Jeep. Man nimmt uns mit nach Puerto Jimenez. Gerettet ! Das erste große Dschungel-Abenteuer ist zu Ende. Einchecken in den Cabinas, wollen nur noch schnell duschen und dann Abendessen gehen. Ich entdecke beim Duschen eine Zecke nach der anderen. Großes Zecken suchen. Nach zwei Stunden sind 22 Zecken gefunden und entfernt. Sabine hat Glück, sie hat sich nur 2 Stück eingefangen. Wahrscheinlich habe ich soviele, weil ich mich bei der Beobachtung der Goldgräber-Verfolger durchs Unterholz schlagen mußte.
Schaffen unsere Klamotten in die Wäscherei, um die restliche Zecken zu vernichten. Als wir die Sachen zurück bekommen, ist Einiges ziemlich stark eingelaufen. Vor allem meine tolle Fjällräven-Trekkinghose ...

Am nächsten Tag setzen wir mit der Fähre über nach Golfito. Delfine begleiten uns. Weiter mit dem Bus zu einem italienischen Einwanderer-Städtchen. Dort essen wir die beste Pizza unseres Lebens, mit immensem (Zeit-)Aufwand zubereitet. Wir sind die einzigen Gäste. Am nächsten Morgen geht es mit einem supermodernen Bus zügig Richtung Norden. Einziges Hindernis ist eine Ponton-Fähre. Der Bus schraubt sich in enorme Höhen, am Co. La Muerta geht es auf weit über 3000 Meter. Ringsum Puna-Vegetation.
Starten gleich durch Richtung Karibik-Küste. Puerto Limon ist ein ziemliches Schmuddel-Nest mit einem ziemlich schlechten Ruf. Fahren die Küste entlang Richtung Süden bis Puerto Viejo, wenige Kilometer von der panamesischen Grenze. Entspannte Reggae- und Rasta-Atmosphäre. Heftige Abzocke bei den Preisen. Braune Malaria-Sümpfe in der Umgebung. MTB-Ausflug die Küste entlang nach Manzanillo. Der Rückweg wird schwierig, man hat die Piste frisch umgegraben ... Badepausen an schönen Stränden. Schnorchelbrille ist mit, es gibt aber nichts zu sehen.

Weiterfahrt zum Poas-Vulkan durch Bananen-Plantagen und den mit einem grünen Dschungel-Teppich überzogenen Nationalpark Braulio Carrillo. Aufstieg durch schönen Nebelwald, weiches Morgenlicht auf grünem Dschungel-Teppich, spektakulärer Blick in den rauchenden Krater und die Umgebung des Vulkans. Kurz nachdem wir den Gipfel erreicht habe, gibt es einen Gas-Ausbruch. Alle flüchten den Berg hinunter, die ätzenden Schwefeldämpfe sind aber schneller. Wir hätte keine halbe Stunde später oben sein dürfen.

Weiter nach San Jose. Am Busbahnhof allgemeine Massen-Fluchtbewegung Richtung Küste. In der Stadt absolut tote Hose. Alle Geschäfte und Märkte sind wegen Ostern geschlossen, nur auf dem Hauptplatz sind Leute unterwegs. Mich plagt eine heftige Erkältung. Da wir nur noch wenige Tage haben, lohnt es sich nicht mehr, eine weitere Runde zu drehen. Erfahren von unserer Flug-Gesellschaft, dass Sabines Rucksack in San Jose / Kalifornien gefunden wurde. Wir buchen den Heimflug auf morgen um, geht problemlos.

Herzliche Verabschiedung durch unsere Stamm-Hotel-Wirtin. War zwar nur ein billiger Bretter-Verschlag, aber trotzdem sehr nett. Aus dem Flugzeug schöne Blicke auf endlose Gebirgszüge und die sonnenbeschienenen Vulkane von Guatemala. Am spektakulärsten ist aber der dichte Vorbeiflug am Popocatepetl-Vulkan, ein unvergleichliches Erlebnis, wie sich der rauchende Riese langsam ins Blickfeld schiebt.
Zwischenlandung in Mexico City: Von weit oben ein endloses Häusermeer, beim Landeanflug verschwinden wir aber im Smog und die Sichtweite sinkt auf wenige Hundert Meter.



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