Griechenland & Italien
Sommer 1990


Eine Hochsommer-Rennrad-Gepaeck-Tour.
Von Südbulgarien durch Griechenland nach Norditalien im Jahr 1 nach der Wende.


Freitag, 13.07.:
Frueh in Suhl noch das zweite Rennrad gekauft, 14.50 Uhr mit dem Zug ueber Erfurt nach Dresden. Probleme mit den Fahrradkarten nach Bulgarien.

Samstag, 14.07.:
Wir sind zu spaet am Zug, haetten die Raeder anderthalb Stunden vorher abliefern muessen.  Nehmen den naechsten Zug nach Prag. Geben die Raeder bis Budapest auf. Stadtrundgang, abends weiter nach Budapest.

Sonntag, 15.07.:
Frueh Ankunft in Nyugati, auf den Raedern zum Keleti, dort Raeder aufgeben nach Russe. Weiter mit dem Sofia-Express.

Montag, 16.07.:
Frueh Ankunft in Bukarest, wir muessen samt Raedern ploetzlich raus, weil es gar keinen Waggon nach Sofia gibt. Fehlinfos von Bahnbeamten fuehren zu ewigem Hin- und Her (6 Stunden !) wegen der Radaufgabe nach Russe. Fahren letztlich im Sprint mit den Raedern durch Bukarest, vorbei an Ceaucescus Palast, zum Progress-Bahnhof. Weiter mit Personen-Zug nach Giurgiu. Die Rennraeder stehen allgemein im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit !
Ab Giurgiu dann ueber die Donaubruecke nach Russe. Unglaubliche Niedrigpreise ! Ein Kilometer
Bahnfahren kostet einen Pfennig ...
Wir geben die Raeder nach Sofia auf. Gehen ganz hervorragend Essen, fahren gegen Mitternacht weiter nach Sofia.

Dienstag, 17.07.:
Morgens in Sofia, Raeder sind leicht ramponiert. Ziehen bis Mittag durch die Stadt, der Zug nach Kulata hat keinen Gepaeckwagen. Lassen uns auf den letzten Pfiff die Raeder zurueckgeben und fragen den Schaffner. Kein Problem, verstauen die Raeder im letzten Wagen. Im Waggon noch ein oesterreichisches Paerchen mit einem Mulisattel. Sie wollen einen Muli kaufen und durchs Piringebirge.
Wir landen abends in Kulata auf dem Campingplatz. Mieten fuer 4 DM einen Bungalow, haette uns in alten Zeiten 50 Mark gekostet ! Kurs 1:12 ...
Allgemeines Erfrischen. Bis Mitternacht bei einer Flasche Cognak Sit In mit freakmaessigem aelterem Ehepaar aus Anhalt.

Mittwoch, 18.07.:
Kommen frueh nicht aus der Hefe, Mittag ueber die Grenze. Geld tauschen. Baerische Hitze. Erster griechischer Imbiss am Strassenrand. Verbringen die abartige heisse Mittagszeit klimatisiert bei "Goodys". Werden abends in einem kleinen Dorf freundlich empfangen, preiswertes Dinner. Stellen das Zelt in Dorfnaehe auf.

Donnerstag, 19.07.:
War eine sehr warme Nacht, frueh nach Amfipolis, Ruinen und wilde Schildkroeten anschauen. Lassen Kavola aus, erfahren spaeter, dass das wohl ein Fehler war. Weiter am Meer entlang, kurz vor Stavros das erste Bad im Mittelmeer. Dann quer durch den Norden von Chalkidiki. Der Sueden, Sithonia, ware besser gewesen ... Kurz vor Saloniki ein harter Aufstieg, trinken eine Passbrause im Hotel. Zelten oben, schoen kuehl, kaum Muecken, Wetterleuchten.

Freitag, 20.07.:
Schauen uns den ganzen Tag Saloniki an. Besichtigung Lokalradio "Akropolis" auf dem Berg.
Kaufe Griffschaumgummi und Bauchtasche. Egnatiastrasse, Altstadt an der Burg. Abends Gepaeck in die Jugendherberge, Duschen. Rundfahrt an Uferpromenade, Wasser stinkt. Gehen teuer essen in Touri-Kneipe.

Samstag, 21.07.:
Lutz telefoniert, dann stressige Fahrt ueber Autobahn und parallele Feldwege bis Eginio. Durch eine Auen- und Delta-Landschaft, brutaler Muecken-Angriff unter der Bruecke. Ab Katerini schoene Strecke durch das Olymp-Gebirge, uebernachten auf halber Hoehe. Der Olymp ist schwach zu sehen, angenehme Temperaturen.

Sonntag, 22.07.:
Durch das Olympgebirge nach Elassona, dann auf Bergpfaden quer durch das Andichasische Gebirge, von fast Meeresnull auf 1400 Meter, der zweite Pass am heutigen Tage. Verdikoussa, sehr schoener Gebirgsort in Sandsteinlandschaft. Begeisterte Kinder. Dann die blanke Odysee auf einer heftigen MTB-Piste durch herrliche Urwildnis, unsere Rennraeder sind schwer ueberlastet mit der Strecke. Durch ausgestorbene Doerfer, ueber steinige Hirtenpfade, gnadenlose Geroellabfahrt, wir retten eine Schildkroete und drehen sie wieder auf den Bauch.
Unser Wasser ist bis auf einen halben Liter alle. Muessen das Zahnputzwasser runterschlucken.
Keine Quelle und kein Bach nirgendwo.

Montag, 23.07.:
Schleppen uns frueh ohne Essen und ohne Trinken ueber den naechsten Pass ins naechste bewohnte Bergdorf. Omi haut uns ein paar Spiegeleier in die Pfanne, die Welt ist wieder in Ordnung.
Unterhalten uns in Elinokastro mit einem Griechisch-Lehrer, war 5 Jahre in Deutschland. Katastrophale Wasserlage hier oben seit 3 Jahren, das Dorf hat nur 2-3 Stunden Wasser pro Tag. Selbst die Vipern sind weitgehend aus dem Gebirge abgewandert.  Woelfe gibts jede Menge.
Kurz vor Kalambaka ein Platter bei Lutz. Repariert.
Blitzen auf Campingplatz mit unserem Duschwunsch ab. Auf dem naechsten duerfen wir fuer 400 Drachmen. Dann Auffahrt ueber den Agios Trias. Blanker Kommerz, aber herrliches Panorama. Unsere Raeder erregen allgemeines Aufsehen. Gehen in Kalambaka recht teuer essen, dafuer duerfen wir in der Kueche selbst aussuchen. Tolle Landschaft !
Lutz ist den ganzen Tag krisengeschuettelt. Nachtlager in einer Obstplantage.

Dienstag, 24.07.:
War die bislang beste Nacht ! Schoen kuehl, Lutz ereilt nach dem ersten Kilometer die zweite Panne. Zurueck ins Dorf, Mopedflickzeug, das Riesenloch repariert. Ein Stueck weiter dann der naechste Platte ... Lutz trampt zurueck nach Kalambaka, bekommt einen 27-er Schlauch, passt. Gegen 13.00 Uhr endlich Aufbruch, haben bis dahin ganze 2 km zurueck gelegt.
Rast an erstem Pass in Lokal, treffen dort den ersten Fernradler der ganzen Tour. Griechischer Student aus Hamburg. Ist von Hamburg bis Bebra mit Bike gefahren, dann Regen, Rennrad auseinander gebaut (keine Schutzbleche !) und per Zug bis Udine. Dann mit dem Rad bis Bari und per Faehre nach Igoumenitsa. Er klaert uns ueber die Strecke vor uns auf: 21 Kilometer nur aufwaerts ... Wird dann tatsaechlich ein quaelend langer Aufstieg zum 1690-Meter-Pass. Oben herrliche Landschaft, Unmengen Panzerkiefern vor einem Spitzenpanorama. Das Pindos !
Zelt aufbauen, wird sehr kalt. Zum ersten Mal mit langer Hose und Pullover ins Zelt !

Mittwoch, 25.07.:
Der bislang kuehlste Morgen. Start mit einer 30km-Non-Stop-Abfahrt ! Die ganze Zeit ein grandioses Lakmos-/Pindos-Panorama im Blick.  Dann Auf-und-Ab bis Ioanina. Der bislang heisseste Tag. Die halbe Stadt hockt Mittags im Stadtpark am graesslich stinkenden See und beschaeftigt sich mit Brettspielen. Kaufen Ersatzschlaeuche ... Lutz vertelefoniert 30 Maerker.
Abends dann noch ein verschaerfter Anstieg. Wir schaffen den Pass nicht mehr. Zelten bei Leuten auf dem mikroskopisch kleinen Hof. Lutz alter Schlauch bekommt noch 3 Flicken. Omi schlaeft neben uns auf dem Hof unter Moskitonetz. Gegen 0.30 Uhr Nachtruhe.

Donnerstag, 26.07.:
Sehr spaet los, viel Berg und Tal bis Igoumenitsa. Problemlos fuer den 26./28.7. Studenten-Tickets nach Korfu fuer 4,50 DM und nach Bari fuer 58,50 DM. 14.00 Uhr Faehre Korfu, tintenblaues Wasser ! Venezianischer Stil der Haeuser, recht baufaellig, viel Kommerz im italienischen (Alt-)Stadtteil. Fahren abends laengs der Ostkueste nach Norden, Kommerz total. Alles englisch dominiert, English Breakfast & The best cup of tea fuer 1 DM getrunken. Unmenger blasser Gestalten brettern besoffen mit ihren Jeeps ueber die Insel.
Nachtlager in Olivenhain, keine Muecken ! Lutz geht auf Nachtwanderung.

Freitag, 27.07.:
Der Kommerz laesst langsam nach. Sehr schoene Streckenfuehrung im Westteil. Spitzenlandschaft. Kaum Englaender. Ein Oesi erzaehlt uns: Bis 125 ccm gehts ohne Fleppen ! Abends schon Kilometer vor Pelekas/Paleiokastra heftiger Party-Laerm. Im Ort die unglaublichste je gesehene Fete. Es wogt durch den ganzen Ort, alles wie im Karnevalsrausch. Wir feiern mit 2 Typen aus Ottawa bis frueh um drei. Dann lange & ueble Abfahrt. Nachtlager wieder in Olivenhain.

Samstag, 28.07.:
9.30 raus, Eggs & Bacon zum Fruehstueck in Cafe unter Weinreben am Meer. Traumhaft, Lutz ist leider tot und kann nichts essen. Ich schreibe die ersten 12 Karten, esse dann noch ein zweites Mal.
Zahle in DM ! Gegen 14.00 Baden an der Steilkueste. Super-Landschaft, schoen kuehles Wasser. Dann Speed nach Korfu-City, Geld tauschen, einige Stunden abhaengen. Treffen die Kanadier wieder, kommen mit nach Italien. Bordkarten holen und abstempeln.
22.00 Abfahrt. Breiten auf dem Oberdeck auf den Holzplanken Rettungsfolie, Isomatte und Schlafsack aus. Gegen Mitternacht Ruhe.

Sonntag, 29.07.:
Frueh alles voller Maschinenruss, Folie ist voll mit Fugenteer. Hatten die Klamotten tags zuvor mit Salzwasser gewaschen, gleich noch mal mit heissem Wasser im WC, vor allem die Socken ... Fuss ist entzuendet, bekomme von Hamburger Wundsalbe, dann Zellstoff und saubere Socke drueber, alles wieder ok.
Duschen + Rasieren bei den Kanadiern in der Kabine. Gegen halb elf in Bari. Werden gleich von Geldhaendlern bedraengelt. Tauschen im Hafengebaeude 100 Mark. Besichtigen Altstadt. Bekommen diverse Warnungen wegen Dieben, von Locals und Carabinieries, v.a. wegen der Fahrraeder.
Dann Irrfahrt durch ein Industriegelaende, weiter -zig Kilometer durch endlose Olivenhaine nach Altamura. Dort ein unglaubliches Begaengnis, total unfassbar, die Leute sagen dass ist hier jeden Abend so. Zelten dann kurz hinter Altamura auf einem Feld.

Montag, 30.07.
Die Nacht war kuehl. Monotone Fahrt durch menschenleere Gebiete mit verlassenen Haeusern. In einem halb entvoelkerten Dorf in der Dorfbar Espresso, ein Mars und etwas Smalltalk.
Ziemlich heiss heute. Gipfel-Bergdorf. Treffen einen Deutschen, der hier jedes Jahr bei italienischen Arbeitskollegen Urlaub macht. Er erzaehlt uns, dass in Griechenland der Wassernotstand ausgerufen worden ist. Die Kriminalitaet ist so ziemlich bei Null hier im Dorf. Kaufen (teuer) bei kleinem Haendler ein, essen. Lange Siesta incl. Mittagsschlaf. Bin ziemlich lasch.
Abends dann durch Potenza, kein Vergleich mit Altamura, eine durchschnittliche Grossstadt.
Zelten auf Stoppelacker.

Dienstag, 31.07.:
Geraten beizeiten auf Abwegen ins Gebirge, ein schwieriger, aber idyllischer Umweg nach Salerno. Von Eboli bis Salerno dann eine gigantische Megalopolis. Sportwagenstand (Wagenheber, Bus, Hochklettern).
In Vietri Klasse-Atmosphaere, Architektur & Begaengnis. Zelten unter Zedern im Dunkeln auf einem viel genutzten waagerechten Platz an der Amalfi-Kueste.

Mittwoch, 01.08.:
Umrundung der Amalfi-Kueste. Sagenhafte Herrlichkeit, steile Hochgebirgsschluchten fallen steil ins Meer. Kleine Siedlungen sind in die Felsen geklebt. Verschaerfte Strassenfuehrung. Kurz vor Sorrento Speiche weggeflogen. Folge der Abfahrt ueber die lueckenhafte Hochstrasse in der Pampa hinter Potenza. Ausserdem nicht nachzentriert nach 400 Kilometern ... Leichtes Richten des Laufrades. Sorrento mit schoener Lage zwischen Gebirge und Meer. Finden nach mehrfachem Anlauf kompetenten Mechaniker. Zieht provisorisch an Zahnkranzseite frei gebogene Speiche ein.
Weiterfahrt. Ein Gewinderest zersticht mir den Reifen. An geschlossenem Ristorante mit offenem Wasserhahn Reifen-Flicken, Waesche & uns selbst waschen.
Weiterfahrt, dann der erste Regen der ganzen Tour. Nachtfahrt Richtung Pompej. Schlafsaecke ausrollen in kleiner Obsplantage in der Naehe eines klaeffenden Hundes.

Donnerstag, 02.08.:
Beizeiten auf, Schlafsack einrollen, nach Pompej. Ziemlich gewaltige Ausdehnung. 5000 Lire Eintritt. Hinter dem Vesuv durch eine endlose Stadtwueste bis Napoli. Katastrophale Strassen- und Verkehrsverhaeltnisse. Einbahnstrassen und Ampeln werden ausnahmslos ignoriert. Bikers Alptraum. Haben aber im Rudel mit den Vespa-Fahrern eine Chance.
In der Via Staccanapoli (Altstadt-Querschnitt, Anregung aus Interrail) eine verschaerfte Szene, muessen uns verziehen, als es brenzlig wird. Nachtfahrt raus aus dem Ballungszentrum. Nachtlager in einer Plantage in einer Seitenstrasse.

Freitag, 03.08.:
08.00 los auf bombiger Strasse. Reisetempo-Durchschnitt 25-30 km/h, allerdings viel Verkehr. Gegen 11.00 ca. 50 km noerdlich von Napoli Bad im dreckigen Meer + 3 Duschen a 200 Lire incl. Rasieren und Klamotten waschen. Unter endlosen Zedernreihen entlang der Via Appia. Schon deutlich bessere Verkehrsmoral als in Neapel. Schwierige Zeltplatzsuche, finden 60 km vor Rom im Dunkeln an einem Feldweg eine wueste Ecke zum Zelten. Wie ueblich klaefft ein Hund die ganze Nacht.

Samstag, 04.08.:
Frueh ist das erste Mal das Zelt von innen und aussen nass. 7.20 Uhr los, nach einer Stunde idyllisches Fruehstueck im Winkel zwischen Alimentara und Bar unter Baeumen. Vororte Richtung Rom aehnlich Budapest; Lage, Landschaft, Atmosphaere. Karawanen hupender Hochzeitsautos. Lutz Kette ist festgefahren.  Sehr gediegene Stadteinfahrt im Vergleich zu Salerno/Neapel. Auch recht ruhig am Samstag. Speiche reisst wieder. Camping Roma, 7200 Lire/Person + 3200/Zelt.
Halb sechs in die Stadt, das groesste Begaengnis ist am  Piazza Navonne. Gegen 3.00 Uhr Nachtruhe.

Sonntag, 05.08.:
09.00 Uhr raus wegen der Hitze im Zelt. Duschen, waschen. Lutz bekommt das Zelt und verschwindet nach Korsika.
13.10 Zug Richtung Genua. Rad nach Ueberredung des Servisio mit in den Zug. Der Schaffner hat volles Verstaendnis, ist selber Radfreak. Brauche dann nur fuer mich 2.Klasse zu bezahlen, sitze 1. Klasse, Rad umsonst ("very expensive") ... Das Glueck haelt nur bis Cecina, dann Schienenersatzverkehr bis Pisa. Radle dann trotz 8 im Rad bis kurz vor Pisa.
Rolle den Schlafsack kurz vor Pisa in einem kleinen Waeldchen aus.

Montag, 06.08.:
Lange geschlafen, rein nach Pisa. Von einem Mechaniker zum Naechsten. Pisa ist eine ausgesprochene Fahrradstadt. Finde Naehe Turm einen mit richtigem Abzieher. Der Lehrling hat Probleme, muss auf den Patrone warten, versucht neue Antenne einzuziehen, keine passende Laenge da. Anderthalb Stunden Wartezeit, ziehe muehsam die Schaumgummigriffe auf. Das Rad rutscht ab, Schaltung kracht auf den Boden.  Der Patrone kommt und zentriert. Zahle wieder 5000 Lire. Stelle dann am Turm fest, Schaltung/Justageschraube defekt. Werkstatt hat Siesta. Versuche, auf der Post Geld abzuheben, soll morgen frueh wieder komen. Zum Bahnhof, Radversand in die DDR kostet ca. 10000 Lire. Erneuter Mechanikerbesuch wegen der Schaltung von 16.30-17.15: "Closed". Schoene alte Innenstadt !
Dann ab in Richtung Viareggio; schnurgerade Kueste. Total von Touris okkupiert. Schlafsack ausrollen in kleinem Waeldchen bei Viareggio. Seit dem Abend schon Wolken und Wetterleuchten.

Dienstag, 07.08.:
Frueh halb vier das erste Mal wach, sehr schwuel, Blitze im Appenin, leichter Donner. Viertel sechs das zweite Mal wach, Gewitter in unmittelbarer Naehe, die ersten Tropfen fallen. In 5 Minuten gepackt und an den Strand unter ein Vordach gefluechtet. Dann 2 Stunden lang Gewitter incl. Wolkenbruch. Muss in Schubkarre steigen wegen der Fluten. Rettungsfolie haelt nicht mehr dicht, alles nass.
Gegen 7.45 Abfahrt. Strassen teils unpassierbar. Ueberall obdachlose Araber und Schwarze. Ab Marina di Carrera schoene Berg & Kuestenlandschaft. Fahrt ueber Felsenkueste sehr stressig; etliche Kilometer ueber Geroellweg. Zwischendurch Abstieg nach Marmarola und ein Stueck Kuestenpfad.
In La Spezia Shimano-Spezialisten gefunden: Bekomme eine provisorische Ersatzschraube.
Eine Feder bleibt uebrig ... Er meint, eine neue Schaltung waere das oekonomischste (60.000 L,
Typ "Touring". Muss aus Geldmangel ablehnen.
Levante: Schoene Lage in Bucht, Strand, angenehme Atmosphaere. Lebensmittelkauf, Park, Notizen an Promenade. Dicht bewaldetes Mittelgebirge, Schutzgebiet Richtung Genua, sehr malerisch, kaum Autos. Fast ideales Fahren, nur stressig. Finde gegen 20.45 alten Steinbruch mit
Matratzen. Schleppe eine in eine stille Ecke. Heute der bislang kuehlste Tag !

Mittwoch, 08.08.:
Lang geschlafen, frueh extrem kuehl ohne Zelt, trotz 2x Socken, Trainigshose, Hemd, Pullover und Jacke. Muss beim Losfahren alles anbehalten. Tour durch malerische Berg- und Kuestenlandschaft, lauter kleine Buchten unter bewaldeten Bergen mit idyllischen Badeorten wie Rapallo. TOP-Radelgebiet, teils rennsteigartige Strecke am Kamm entlang. Klasse-Wetter: Warm, klar und sonnig. Der Achter im Hinterrad wird unertraeglich. Die Speiche hat sich weitgehend rausgezogen. Rosskur: Zentriere die gesamte Felge auf die Seite der kaputten Speiche. Muss deshalb das Rad ausserhalb der Spur einspannen, damit die Bremse nicht schleift ...
Die Ersatzschraube ist wieder hin. Kann mit Muehe und Not noch 3 Gaenge schalten. Ausserdem haengt der Umwerfer-Baudenzug nur noch an einem Faden. Der Schlauch ist endgueltig hinueber: Ventilansatz ist undicht. Lege den schmalen Ersatzschlauch ein.
Alleruebelstes Fahrverhalten mit dem schraegen, eiernden Hinterrad. Haelt aber die 50 km bis Genua noch durch. Verschaerfter Verkehr bis Genua. Aber manierlicher als im Neapel-Gebiet. Verschickung des Fahrrads in den Osten ist am Abend nicht moeglich,  lt. italienischen Bestimmungen steht der eiserne Vorhang noch. Ansonsten ein nettes Team in der Spedition. Geben sich viel Muehe. Schicke das Rad letztlich nach Coburg.
Ist leider schon dunkel, kann keine Genua-Fotos machen. Trip durch's Hafenviertel: Die totalste Bronx. Die Nutten so abgewrackt wie das ganze Viertel. Mitternacht: Polizeiwagen passt gerade so durch die Hauptgasse des Viertels. Diverse Typen verziehen sich. Kaffee in Szene-Bar. Spitzen Schinken-Kaese-Toast in der Hafenstrasse fuer 200 Lire. Bin einziger Gast.

Donnerstag, 9.8.:
Internat. Studententicket via Nizza: 16.400 Lire. Warteraum, Home-Bar (allg. TV-Raum+Bar). Aufgewaermte Pizza + Eisorangendrink, je 2000 Lire. 2.37 Uhr Abfahrt nach Nizza. Habe eine ganze Bank zum Schlafen.
6.30 Wecken, aber keinerlei Grenz- oder Fahrscheinkontrollen. Ueppige subtropische Vegetation an der franzoesischen Riviera, viel weisse Felsenkueste, ziemlich zugebaut. Monaco sticht deutlich raus: Hochhaeuser, Architektur, Gesamteindruck. Nizza geklaert: 4/14-Tage-Pass 700 FF !
Tenda-Bahn nimmt fast immer Raeder mit. Geld abheben kein Problem an der Hauptpost. Preisniveau deutlich ueber Italien. Kleines Bistro in Seitengasse, Toast wie gestern, nur schlechter, fuer 13,50 FF. Tasse Espresso 5 FF, ebenfalls schlechter. Dafuer insgesamt eine bombige Atmosphaere. Wahnsinns-Supermarkt gefunden (Medecin-Boulevard, 10 min vom Bahnhof, grosses Kaufhaus Erdgeschoss linke Seite aus Richtung Bahnhof). Teekauf ! Alles aeusserst preiswert, fuer 24 Stunden eingedeckt, 15 DM.
Alles sehr luxurioes. Sehr zeitintensiver Fahrkartenkauf, der Typ vor mir schwatzt 20 min mit dem Beamten. Lockere Atmosphaere, auch unter den Beamten ! Kaufe Ticket Nizza-Turin, 96 FF. Milano war nicht moeglich. 17.52 Uhr Abfahrt, durch grandiose Meeralpenlandschaft nach Tende. Dort in idyllischem Tal am Ende des langgezogenen Campings auf ueberdachtem, oben geradem,
Heuschober genaechtigt. Super Sache ohne Zelt.
Oesterreicher verraten mir, dass ab und zu einer kommt und kassiert, wie im Pirin an der Banderitza.

Freitag, 10.08.:
Extrem kuehle Nacht, Schlafsack ungeeignet fuer 850 m Hoehe in den Alpen. Frueh weiter nach Coni in Italien, diesmal Kontrolle an der Grenze, mein DDR-Pass scheint selten zu sein.  Turin.
Neuer Fahrschein nach Tirano: 18.000 Lire. Stud.-Ermaessigung ?
Muss in Italien immer wieder feststellen, es ist wie in Rumaenien, nur reicher: Wartesaele sind getrennt nach erster/zweiter Klasse, das Outfit der Bahnhoefe, das Auftreten der Beamten, die uebelsten Zugangskontrollen zu den Bahnsteigen.
Milano wirkt wie Frankfurt/Main. Protziger und lebhafter Bahnhof. Sichtbarer noerdlicher Wohlstand (das Angebot im Bahnhof !). Schon kurz hinter Milano (Calolciocrte) beginnt schoene Hochgebirgslandschaft: Spitzenmaessige Sichten laengs des Como-Sees, dann ein endlos langes Tal bis Tirano mit Aussichten bis in die Gletscher-Regionen ! Absolute Sahne. Abends Stadtrundgang, Eis essen, an Ortsrand in einer Plantage den Schlafsack ausgerollt.

Samstag, 11.08.:
6.00 raus, Kaffee an Bahnhofs-Cafe, 7.30 mit der Rhaetischen Bergbahn nach Chur: Ca. 56 DM
(45 SFr). Einzigartige Strecke bis in Gletscher-Naehe, ueber 2300 m hoch. Lohnt den hohen Kilometerpreis auf jeden Fall. Ab Chur weiter mit normalem Zug bis zum Bodensee (25 SFr). Faehre nach Friedrichshafen (5 SFr). Weg durch Innenstadt vom Hafen-Bahnhof zum Stadt-Bahnhof. Schalter ist zu, frage den Schaffner, klaere gleich noch die Verbindung, soll im Zug bezahlen.
Im ersten Abteil, wo ich rein will, sitzt einer, der ist gerade "psychisch angekettet" (unter'm Walkman), wie er sagt. Wirkt auch leicht beschaedigt, der Typ. Bekomme Platz im naechsten Abteil. Da sitzen ein schizophrener Theologe und ein Doktor; die Beiden muessen nachbezahlen, sie hatten sich nicht selbst beim Schaffner gemeldet. Meine Fahrkarte hat der Schaffner "schon gesehen" ... Klasse !
Ab Ulm mit IC nach Augsburg, mit Zuschlag 88 DM bis Probstzella bezahlt. Fruh um viertel drei mit anderen Railern zum Inlands-HP, allgemeines Abkotzen, weil alles abgeschlossen. Gegen 3.30 Uhr wird der Flur zum Warteraum aufgeschlossen. Alle sind schon ziemlich durchgefroren, ist warm drinne. 4.25 Zug, total kalt. 4.55 in Saalfeld, Kaeffchen + Schinkenbroetchen. 6.16 nach Arnstadt, gleich weiter Anschluss nach Zella, 7.45 im Wohnheim. Nachtruhe bis 13.45, dann allgemeines Entkeimen.


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