Bihor-Tour 1989



Eine 12-Tage-Biwaktour durch die Westkarpaten, Ungarn und die CSSR.


Freitag, 2. Juni:

Treff in Freiberg in der Alten Mensa. Erfahren, dass der TRAKIA-Express erst in einer Woche faehrt.

Samstag, 3. Juni + Sonntag, 4. Juni:

Letzte Einkaeufe in Dresden. Fahren mit dem VITOSCHA-Express. Einzelabteil. Besichtigen Arad, viel Neubaupfusch. Am spaeten Nachmittag weiter nach Sudrigu ueber Ciumeghiv (guenstiger waere in Budapest umsteigen gewesen).
Marschieren los, laufen bis kurz vor Pietroasa. Haben erfahren, dass die Baerenhoehle am Montag zu hat. Haben kein Zelt mit, nur eine Plastikfolie. Flüchten vor einer mit Millionen von riesigen Spinnen verseuchten, sumpfigen Wiese, die wir uns als Nachtlager auserkoren hatten. Finden in Buswarte-Haus Unterschlupf. Das Dach ist undicht, muessen unter der Folie schlafen. Die ganze Nacht Regen und Gewitter.

Montag, 5. Juni:

Ueber Pietroasa auf Forststrasse bis Umspann-Station, dann rechts weg zur Poiana Florilor. Eine neue Stromtrasse zieht sich quer durchs Gebirge. Ein einzigartiges Kribbeln und Wimmeln auf den Wiesen und eine unglaubliche Pflanzen-Vielfalt im Schutzgebiet. Suchen vergeblich nach der Focu-Viu-Hoehle. Finden unter einer herrlichen Kalksteinwand eine Schutzhuette mit 3 fehlenden Waenden, aber mit Dach. War ein sehr heisser Tag ! Massenhaft Maeuse unterwegs in der Nacht.

Dienstag, 6. Juni:

Herrlich geschlafen auf der dicken Heu-Unterlage. Gegen 6.00 Uhr Gewitter, haelt an bis 14.00 Uhr. Dann Start zum einzigartigen Galbena-Canyon. Kein Durchkommen moeglich, ab der Haengebruecke ist Finish. Nehmen den oberen Weg zur Quelle (gewaltig !), ab 20.00 wieder Regen. Finden unser erstes Ponor. 21.00 an Wege-Kreuzung Folie aufspannen und Schlafsaecke ausrollen, dann bricht ein gnadenloses Gewitter los.

Mittwoch, 7. Juni:

Das Gewitter hoert 14.00 auf. Umrunden die Cetatece Ponorului links herum. Spitzenmaessige Aussichten in die Trichter. Durchqueren einen Fluss, finden auf der anderen Seite den Eingang in die Ponore.  Gewaltige Impressionen im Nieselregen. Wegen Hochwasser ist keine Tunnel-Querung moeglich. Im 2. Ponor (ueber die Wand erreicht) bis zum Fluss eingestiegen, 3. Ponor nicht gesehen. Ueber den mittleren Weg zur Ponor Izbuc ueber einen idyllischen Sicker-See, der mitten in Almen gelegen vom Izbuc gespeist wird. Erreichen abends Padis, nehmen 3-Mann-Suite, angeblich 56 Lei p.P./Nacht. Nebenan 2 aeltere Rumaenen-Paare, die morgen gleich uns erstmalig zur Cetatea Radesi wollen. Lutz verkauft Suess-Tafeln fuer 20 Lei. Ich habe fuer 3,50 Kf. 25 Lei, fuer Schokolade 20 Lei, fuer Einweg-Kugelschreiber 15 Lei (!), Kaffee fuer 40 Lei (!), fuer 12,60 Mark-Taschenuhr => 60 Lei, da nur Ruhla ...
Wir sind kalt, nass, die Klamotten auch. Das Zimmer ist kalt, das Wetter feucht. Es gibt Reis mit Paprika. Dazu frische Kuhmilch von der benachbarten Alm. Unterhalten uns mit Bauarbeitern, bei ihnen waere die Nacht kostenlos gewesen.

Donnerstag, 8. Juni:

Ideales Bergwetter. Start zur Cetatea Radesii- und Somesul-Cald-Tour. Herrliche Gegend, haben alle Duennpfiff wegen der Kuhmilch gestern. Trinken abends Cotnary. Auf den Almen auf dem Karstplateau stehen reichlich Bohrtuerme. Bekommen ein Kursbuch und eine Wanderkarte von den Rumaenen geschenkt. Ich gebe dafuer eine Wasser-Flasche.

Freitag, 9. Juni:

Frueh Richtung Barsa-Senke mit Gepaeck, man laesst uns an einen Bohrturm. Info: Es ist eine Erz-Bohrung. Die Hoehlen sind nicht leicht zu finden. Erste Hoehle: Eingang glitschig, der Leiter fehlen Stufen. Zweite Hoehle: Barsa-Eishoehle. Ziehen eine Stunde durch die Labyrinthe und haben laengst nicht alles gesehen. Kommen schliesslich an einem anderen Eingang wieder heraus. Sind ziemlich verschlammt. Sind nach 4 Stunden zurueck am Bohrturm. Abstieg bis ca. 10 km vor Pietroasa, dann Tramp mit "Multicar", sind danach voellig verdreckt vom Strassen-Staub. Ab Chiscau-Abzweig mit Sani-Wagen bis Chiscau, noch 1500 bis Hoehle, 17.15 da. Ist gerade geschlossen, nehmen ein ausgiebiges Bad im Fluss. Nachtlager eine halbe Stunde oberhalb vom Ort auf einer Alm. Massenhaft Fledermaeuse mit orgelnden Geraeuschen.

Samstag, 10. Juni:

Frueh die ersten an der Hoehle, Fuehrung zusammen mit einer Gruppe hoher Militaers. Dann mit Bus nach Pietroasa. Mit Schiepchen-Wagen nach Beius. Einkaeufe (Erbsen!, Brot), Ulcosil-Vanil. Zug nach Baia Felix, Rundgang. Mineralwasser-Probe, Unterhaltung mit deutschen Kurgaesten. Staendig 204xDDR in Bad Felix, ein Gramm Pfeffer=1 Lei. Bekommen Nachtlager-Tip, eine Pferdekoppel Richtung 1.Mai.

Sonntag, 11. Juni:

Mit Stadtlinie (14) / Strassenbahn nach Oradea. Ausgiebige Besichtigung, alldieweil der TRAKIA-Express erst morgen faehrt. Naechster Planungs-Fehler. Essen Pansen-artiges Etwas in "Lacto-Vegetarian", treffen deutschen Klausenburger. Er ist ueber das Leben in Rumaenien voellig verzweifelt, wir sollen ihm eine Heirat in der DDR vermitteln ...
Treffen dann einen englisch sprechenden Rumaenen in Bier-Open-Air, er verdient als Schlosser 3000 Lei, ansonsten primitiv. Werden dann von einem Ingenieur, der am Bahnhof wartet, in ein Cafe in der Naehe zum Wermut trinken eingeladen. Wir waren vorher schon in einem Bierkeller ...
Allerhand Offenbarungen: Er sucht Geld fuer eine beabsichtigte Reise in die Saechsische Schweiz. 80-90 % aller Reise-Antraege werden abgelehnt, Geld kann man ohnehin nicht tauschen. Auf unangemeldete Uebernachtungen von Auslaendern stehen 10.000 Lei (!) Strafe. Gespraeche mit Auslaendern sind ebenfalls verboten. Normale Rumaenen duerfen innerhalb Rumaeniens  keine internationalen Zuege benutzen. Nur Zigeuner und Schwarzhaendler duerfen, nachdem sie die Kontroll-Organe bestochen haben. Er war schon in verschiedenen westlichen Laendern, als Student in Rumaenien darf man das.
19.00 Abfahrt mit dem Nord-Sued-Express. Haben in letzter Sekunde noch eine offene Tuer gefunden. Hinweis von CSSR-Liegewagen-Betreuerin: Ab in den Sitzwagen, sonst beim Schaffner doppelte Liegewagen-Gebuehr. Der ungarische Schaffner verlangt keine Platzkarte ! Gegen Mitternacht in Budapest. Erster Schock: Eine Metrofahrt kostet 5,- Ft ! Eine Stunde Fuss-Marsch bis Saturn-Camping. Wecken den Waechter und die Miliz. Alles sehr gepflegt, neue Zelte, neue Sani-Container, gut gewachsener Rasen. Und alles umsonst ! Gegen 02.00 Nachtruhe.
I
Montag, 12. Juni:

Sturzflug durch Budapest, werde einen gelochten 100-Mark-Schein nicht los. Kaufe nur ein Paar billige Turnschuhe, 660 Ft. Das Angebot ist besser als in der Saison (Levis), aber deutlich gestiegene Preise. Ausnahmen: Hifi-Anlage aus CD-Kassette+TV+Tuner+Verstaerker+Equalizer fuer ca. 3.000 M ! Trip durch Seiten-Strassen. Gespraech mit Redakteur der unabhaengigen "Siebenbuergischen Nachrichten". Seine Prognose: In 10 Jahren ist Ungarn ein westliches Land. Er schenkt uns die Mai-Erstausgabe des Blattes. Treffen dann in einer Bierstube einen Umweltschutz-Ingenieur (Siebenbuerger Schwabe): Bis zu 150 Studenten schmuggeln taeglich Hilfsgueter aus Ungarn nach Rumaenien, seine Tochter auch. Er finanziert ihr fuer 80.000 Forint 9 Wochen Aufenthalt am Goethe-Institue in Stuttgart und hofft, dass sie dorthin zieht. Er empfiehlt uns, die "Siebenbuergischen Nachrichten" vor der Grenze wegzuwerfen, wegen des CSSR- und des DDR-Zolls. Offiziell gibt es 13.000 Rumaenien-Fluechtlinge, inoffiziell eine halbe Million. Deutsche sind von 500.000 nur noch 200.000 in Rumaenien. Ungarn gibt es dort ca. 3 Millionen. 23.45 Abfahrt mit dem Pannonia-Express nach Brno.

Sonntag, 13. Juni:

In Bruenn problemloser Steigeisen-Kauf. Sehr guter Laden, Gurtbaender, Karabiner, Abseil-Achter, Touren-Rucksaecke, Eis-Schrauben. 11.20 Abfahrt nach Prag. Rundgang, Thomas-Keller locker-easy, aber fieser Einlasser. 22.45 Balt-Orient nach Dresden. An der Grenze baerisch Duese wegen der geschmuggelten Eisen, gibt aber keine Probleme.


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