Rodna und Maramures August 1984


Eine Tour durch die alten Holzdörfer des rumänischen Nordens. Kläglich gescheiterter Marsch durchs Rodna. Grandioses Feuerwerk in Budapest.


Cluj Napoca: Ein moderner Erdgasbus anno 1984.


Montag, 6. August:

Ankunft Borgfried, bringt für Kuhni aus Berlin Rauhfasertapete + telefonisch bestelltes Zelt mit. Bestellung für Bine + Netti geregelt. Bis 0.30 Uhr gepackt.

Dienstag, 7. August:

7.00 Aufstehen, Doppelschnitten geschmiert für Borgfried+mich 6x, das nächste Mal mehr ! 5 Liter Tee (Pfefferminze) eingepackt, Vroni noch 2 Liter mitgebracht (schwarz). 8.24 Start ab Könnern, 9.40 Treff mit 5 Leuten von der ISE. In Leipzig Hut + Literatur gekauft + Schlafmatte für Borgfried. 11.00 Uhr am Zug - Trakia. Platzkarten gekauft.
Der Zug ist schön leer, Wetter bis Mittwoch früh angenehm kühl. 11.50 Abfahrt in Trakia-Waggon. Axel + Frau im Pannonia-Waggon. In Dresden Verabschiedung von Axel + Frau. Bis früh um vier viel gelesen.

Mittwoch, 8. August:

5.45 in Budapest Nyugati, 6.15 Abfahrt bei wolkenlosem Himmel. Bis 10.00 noch viel geschlafen, dann die übliche lästige Hitze. In Budapest steigt ein Bekannter aus Katowice in unseren Waggon um. Grosses Hallo. Dirk + Litti haben mittag nichts zu essen mehr, aber Wein ist noch da. Wird entkorkt. 14.00 Wetterumschlag, Regen. 14.30 Regen Ende, aber weiter bedeckt. Ab 15.30 Sonne/Hitze. 16.00 in Cluj. Gas-Bus gefilmt. 16.20 ab nach Dej. Wollen nachlösen bis Gilgau. Missverständnis mit Schaffner, finden uns endlich in Beclean wieder, raus aus Zug. 

Einziger Zug nach Baia Mare ist 6.02 Uhr. Bahnbeamter fährt uns mit Dacia auf Campingplatz. Waschen im Fluss, da der Campingplatz zwar eine Kneipe, aber keinen Waschraum hat. Bei Essen festgestellt, das nächste Mal mehr Brot mitnehmen. Auf Camping kein Platzwart. Ein deutsches Paar getroffen. Sind auch auf Durchreise, wollen auch nach Prislop. Waren ausser uns die einzigen Camper, sonst noch etwa 7-8 Bungalows mit Ungarn. 21.00, tierische Bewölkung zieht auf, Blitze, Sturm. 21.15 Nachtruhe, da starker Regen und Gewitter.

Donnerstag, 9. August:

4.00 Wecken. 4.10 Aufstehen. Recht warm, gleich kurze Sachen angezogen. Zelte nass vom Regen eingepackt. 4.50 Abmarsch zum Bahnhof. 45 Minuten Fussweg, Karten nach Baia Mare gelöst. ISA ist hier noch nicht bekannt. Mit 2,5 Stunden Verspätung 8.30 Abfahrt. 11.30 in Baia Mare. Bus nach Budesti soll 15.00 fahren. Solo Stadtbesichtigung. Schöne Stadt, 4 km Boulevard, herrliches Kaufhaus, schöne Kirchen. Gutes Angebot in den Läden, Wurst erstaunlich billig. 14.30 wieder am Bahnhof. Busfahrscheine nach Budesti geholt. Aber kein Bus da. Ein Rumäne klärt in deutsch die Lage: "Sie sind hier in Rumänien !"  Dann Erläuterung, dass wegen der schwierigen Spritlage Busse öfter nicht fahren dürfen, völlig Life.
Nächster Bus in die Richtung (Cavnic) fährt 17.20. Zurück zur Ruhewiese.

Einladung zum Essen von 2 Rumänen. Brot, Fleisch, Tomaten, Gurken, 38%-iger. Als ich der Bemerkung (am Schluss des Heftes) zustimme, muss ich mit Beiden in die Stadt. In einem Cafe Bier trinken, werde dort verschiedenen Leuten vorgestellt. Anschliessend gehts in ein Neubaugebiet. Sinn unklar. Seile mich unter der Begründung, dass Bus fährt, ab zum Bahnhof.
Vroni und Borgfried haben mittlerweile 2 Augsburger und eine Westberlinerin kennengelernt, die hier eine Woche auf ihre Fahrräder gewartet, aber letztlich nur 2 bekommen haben. Wollen sich jetzt noch eins kaufen. Kamen gerade von einem schön gelegenen Stausee in der Nähe von Baia Mare. Ich muss Vroni + Borgfried erst mal überzeugen, dass wir unsere vorgesehene Route weiter verfolgen und nicht zum Stausee fahren.

17.20 Abfahrt nach Cavnik. 18.55 weiter in ein Maramures-Dorf, Richtung Budesti. Von dort mit einem grossen Jeep weiter bis Budesti (nach einigen Kreuzfahrten). Die Strassen sind von übelster Sorte, man beginnt hier gerade, Feldwege in asphaltierte Strassen umzuwandeln bzw. man baut viele neue Strassen.
Wir werden am Abend vom Sheriff aus Budesti heraus-komplimentiert. Sehr schönes Dorf, viele kunstvolle Holzhäuser, Holzkirche, herrliche Tore und Schnitzereien. Leider zu dunkel zum Fotografieren. Am Dorfausgang auf einer geschützt gelegenen Wiese gezeltet. Hervorragender, kurzer, ebener Rasen.

Freitag, 10. August:

9.00 Aufstehen, 9.50 Abmarsch. Besichtigung Sirbi, dass sich gleich an Budesti anschliesst. Reicht aber von der Pracht her lange nicht an Budesti heran. Trotzdem einige Dias geschossen. Eine junge Frau empfängt uns am Dorfeingang mit einer Handvoll Eierpflaumen. Dann Besichtigung Calinesti, der Prunk lässt weiter nach. Auf einem Gehöft Wasser geholt, mussten auch gleich noch Äpfel und Birnen einpacken. Alle tragen auch im Alltag ihre Trachten-Kleidung !
Weiter nach Ocna, jetzt schon auf Asphaltstrasse. Grund für Ocna: Immer wieder Hinweise von Einheimischen, dass wir nach Ocna sollen. Warum ? In Ocna dann nichts weiter zu sehen, ist aber die bisher zivilisierteste Ortschaft in dieser Gegend. 13.10 Abfahrt Richtung Sighet, am Stadtrand sehen wir vom Bus aus, warum uns alle hierher schicken wollten: Ein Erholungszentrum, u.a. mit Freibad, Campingplatz und herrlichem Panorama auf die Maramureser Berge.

Nach Ankunft in Sighet Stadtbesichtigung, Postkarten + Briefmarken (1,50 + 7,00 Lei für eine Karte) gekauft. Eine schöne Kirche besichtigt, dann zum Bahnhof, wo man uns keine Fahrkarte nach Borsa geben will. Wir deuten das so, dass wir im Zug lösen sollen. Im Zug Diskussion mit Schaffner, der nicht damit klar kommt, dass wir keine "Billeti" haben. Letzten Endes lässt er uns bis Borsa 100 km fahren, ohne dass wir etwas bezahlen ! Kurz vor Borsa werden wir sogar darauf hingewiesen, dass wir in Kürze da sein werden. Sehr seltsamer Vorfall.

Von Borsa / Bahnhof mit Bus bis Borsa / Zentrum. Gleich weiter mit Bus bis Borsa / Komplex (10 km vom Zentrum). Dort gleich auf Campingplatz, wo wir für 5 Lei / Zelt unbegrenzt zelten können. Der Zeltplatz selbst ist von der Lage her das Herrlichste, was uns je unter die Augen gekommen ist. Sonstiges zum Camp: Besetzt mit ca. 15 Zelten, darunter etliche Deutsche, sonst noch Ungarn, Franzosen, Rumänen, Tschechen. Die meisten Camper waschen sich in einem Gebirgsbach am Camp, obwohl im Berghotel am Camp warmes Wasser, Bad, Dusche zur Verfügung stehen.

Wiedersehen mit den 2 Berlinern von Beclean, die auch zum Festival wollen. Gerüchte gehen um, dass es wegen einem Bergmannsfest ausfällt. Vroni ist beeindruckt von den Wanderungen, die die Beiden vom Camp aus unternommen haben. Sie möchte am liebsten möglichst lange auf dem Camp bleiben. Ich muss natürlich gleich Kontra geben. Das Wetter ist den ganzen Tag heiss und sonnig.
Meine Certo-Kamera ist im Eimer, der Verschluss geht nicht mehr; abends beim Filmwechseln festgestellt. Unterhalten uns bis 23.00 bei einer Flasche Wein noch mit den Berlinern (Physiker + Buchverkäuferin).

Samstag, 11. August:

7.30 Aufstehen, Borgfried/Vroni etwas später. Im Hotel Wäsche gewaschen + Rasur getätigt. Erfahren im Hotel, dass das Festival auf den 26. August verschoben worden ist, weil morgen in Borsa Tag des Bergarbeiters ist. Zunehmende Bewölkung Richtung Rodna. Sonne kommt nur ab und zu noch kurz durch. Karten geschrieben, Frühstück, Einkauf im Konsum. 2x Pfirsich-Kompott gekauft, Fehlinvestition. Vroni bringt natürlich wieder einen Liter Wein mit (kann das Trinken, wie das Rauchen, nicht lassen, selbst in den Bergen). 11.00 ist das Wetter wieder ok.

11.30 Start zur ersten Eingewöhnungswanderung. Mit Seilbahn hoch und in weitem Bogen zum Komplex zurück (Richtung Westen). Dabei ein herrliches Rundblick-Panorama Rodna-Maramures gefunden. In der Höhensonne einen tierischen Sonnenbrand abgefasst. An unserem Zeltplatzbach zurück in Richtung Lager abgestiegen. 500 Höhenmeter auf einer 45 Grad-Bergwiese. Ich schwöre mir danach, nie wieder ohne Bergstiefel ins Gebirge zu fahren. 18.00 zurück. Wir sind sauer, weil 2 Franzosen mit ihrem Rundzelt in unserer Abwesenheit die Sicht auf's Rodna verbaut haben.
Anschliessend erstes Vollbad im Bach, um nicht aus dem Training zu kommen. Gestern konnte ich mich angesichts der Kälte des Wassers noch nicht dazu entschliessen. 21.00 Anfang Regen, geht über in ein kräftiges Berg-Gewitter. Mein Zelt unterspült, Wasser-Einbruch von unten. Mit T-Papier ausgewischt, mit Regenplane und grossen Zellophan-Tüten ausgelegt (erfolgreich). Erfahren, dass die Preise im von uns zu Dusch- und Badezwecken benutzten Hotel zwischen 178,- und 283,- (!) Lei liegen.

Sonntag, 12. August:

7.30 Aufstehen, schönes Panorama um uns, tiefhängende Wolken Richtung Rodna, die Gipfel schauen oben raus. Äusserst klare Sicht. 8.30 Einsetzen von Nieselregen, Panorama weg. Bis 11.00 haben die meisten Autotouristen ihre Zelte abgebaut um sich in freundlichere Gegenden Rumäniens zu verziehen, da nach Meinung alter Berghasen solche Wetterlagen anhaltend sind. Ausserdem soll das seit Wochen die erste Schlechtwetter-Periode hier im Rodna sein. Und ausgerechnet uns trifft es.

Ich bin jetzt total sauer, weil ich hier tatenlos rumhängen muss. Vroni ist froh, dass sie "Unter Korsaren verschollen" lesen und dabei abmatten kann. Borgfried geht alles am Arsch vorbei, er hält den Schlaf des Gerechten. Wir werden 13.00 von Vroni geweckt, sie fragt uns, ob wir mit ihr eine Flasche Wein trinken wollen. Wir wollen nicht, Vroni geht trotzdem in den Konsum, der hat aber zu. 13.15 erklärt Vroni, dass sie mit den 2 Berlinern in die Bierkneipe gehen wird. Der Nieselregen hält beständig an.
16.00 kommt die Sonne immer häufiger durch, Regen hat vorerst aufgehört. Borgfried und ich beschäftigen uns mit Suhlen, essen zwischendurch. Habe meine eingeweichten Klamotten rausgehängt zum Trocknen. 17.00 braut sich über dem Rodna wieder was zusammen.

Wir stellen fest, dass als sinnvolle Rückreisetermine nur (je nach Wetter) der 26.8. oder der 21.8. in Frage kommen. Wegen Budapest sind der 24.8. und 25.8. als Abreisetermin tabu. Einziges konkretes Ergebnis des heutigen Tages: "Wenn ein Sachs' was Gutes trinkt, dass den Preussen mächtig stinkt; er wird drum den Sachsen töten, und dann in Ruh' dessen (sein) Rohr verlöten."
Nachdem ich nachmittags 16.00 Uhr Salami-Fettschnitten (unsere Standard-Nahrung) gegessen habe, überfällt mich abends ein Ekel gegenüber Salami und Fett und Brot. Würge trotzdem noch eine Schnitte von dem Zeug runter.

Vroni eröffnet uns, dass sie mit den 2 Berlinern weiterreisen möchte. War mit Sicherheit abzusehen, dass das kommen musste, da sich Vroni wie viele andere auch entwickelt hat, dass sie lieber einen geruhsamen Spiesser-Urlaub macht.
Nach der letzten Schnitte gehts mit mir rapide abwärts. Mir wird sofort schlecht, wenn ich an Salami-Fettschnitten auch nur denke. Ein allgemeines Unwohlsein breitet sich vom Magen über den ganzen Körper aus, mich befallen Fieber und Schüttelfrost. Ab ca. 21.00 Uhr Dauer-Regen bis zur Morgendämmerung. Mit dem Ende des Regens falle ich dann in einen leichten Halbschlaf.

Montag, 13. August:

8.00 Aufstehen, ein Krampf. Borgfried zeigt mir unsere halbleere Konservendose, die unter dem Vorzelt stand nachts und aus der ein Hund ein Sieb gemacht hat. Nehme erstmal Magentropfen und einen Schluck Wasser, gehe anschliessend gleich kotzen.
Da ich keine klaren Bilder sehe, lege ich mich wieder hin. Esse und trinke bis um eins nichts, gehe dann in den Konsum. 500 Meter Weg, eine Qual. Hole 2 Flaschen Mineralwasser (bloss kein Leitungswasser trinken). Kekse gibts nicht. Für Borgfried ein Glas Sojabohnen (schmeckt auch kalt recht gut) und ein Glas Kirschen. Vroni ist gegen 11.00 mit den Berlinern abgedampft. Gegen Mittag Bewölkung weitgehend aufgelockert, klare Fernsicht, Sonne scheint längere Zeit. Nachmittag schiebt es sich über dem Rodna aber wieder zusammen.

13.30 das zweite Mal Magentropfen genommen, auf Keks (ein halbes) geträufelt. Erste feste Nahrung, anschliessend Mikro-Kostprobe von Borgfrieds Bohnen und Kirschen (Kirschen wesentlich besser zubereitet als letztens das Pfirsichkompott). 15.30: Lehne das Angebot unserer Zeltnachbarn bezüglich einer Tasse Kafffee ab.
Fange gegen 14.00 zu lesen an, "Unter Korsaren verschollen". Schlafsack zum Lesen auf die Wiese gelegt. Es sind noch 7 Zelte und 2 Wohnwagen auf dem Camp. Beschliesse, das nächste Mal zwei Fotoapparate mitzunehmen.  17.45: Zweite Mahlzeit. 1 Keks + 20 Magen-Tropfen. Allgemeinzustand schon echt gebessert.

Fotoapparat-Schliess-Mechanismus so weit wie möglich geklebt, Verschluss funktioniert wieder von alleine ! Vroni 2 Filme mitgegeben, 3 sind aber noch da. Wetter 17.00 bedeckt, aber klare Sicht. Kühl. 17.30 Neuzugang: 2 Franzosen mit VW-Bus. 20.30: Wetter heiter, einzelne dunkle Wolken dazwischen, kühl. Neuzugang: Ein Trabant. 20.45: Kekse + Tropfen ... Bis 22.00 gelesen, eine trockene Schnitte gegessen, Nachtruhe.

Dienstag, 14. August:

Nachts schweinisch kalt, früh um drei erst mal Trainingsanzug angezogen. Früh beim Aufwachen 8.00 Uhr herrliches Wetter. Kühl, aber einmalige Sicht auf die Berge. Absolut klar (DIA). Ich habe DOCH das Zelt auf eine Quelle gestellt, auch der Wassereinbruch vorgestern war eine Folge davon. Heute wieder grosser Wasserfleck mittten im Zelt. Zum Glück gestern noch Zeltplane auf Zeltboden ausgebreitet.
8.30: 15 Tropfen, 2 Kekse, eine trockene Schnitte. 9.00: Aus Richtung Süden ziehen verstärkt Wolken auf. Wir bauen dann langsam ab. 11.00 Abmarsch.
Am Konsum entschliessen wir uns endgültig, ohne Rücksicht aufs Wetter ins Rodna zu gehen. Kaufen noch 3 Brote (ein halbes haben wir noch), 1x Kirschkompott, 1x Sojabohnen, 1 Liter Mineralwasser (für mein Magenleiden). Ist sicher besser als Quellwasser, 1 Liter schon auf dem Zeltplatz gekauft.
Dann Abmarsch Richtung Gura Lalei, 8 km Fussweg, 6 km mit Laster bis Prislop-Pass. Schönes Panorama, für ein Festival sicher bestens geeignet. Dann weitere 12 km zu Fuss. 15 min Pause, weitere 3 km Marsch bis Gura Lalei. 17.10 Forststrasse am Lala-Fluss erreicht. Bis 20.00 Marsch, um das Ende der Forststrasse und zeltbares Gelände zu finden. Abrupter Übergang vom Kulturwald zur absoluten Wildnis. Auf einer Wiese im Sumpf eingesackt, Schuhe eingesaut.
Das Wetter war ab 13.00 sonnig und kühl, optimales Wanderwetter.

Mittwoch, 15. August:

Nachts sehr schlecht gelegen, kaum geschlafen. Dazu tierisches Reissen in allen Knochen. Die Haut hängt in Fetzen von den kleinen Zehen. 10.30 Aufstehen, enorme Schwächen. Zehen mit Panthenol behandelt und in Zellstoff gewickelt. Hungerkur beendet, ein halbes Glas weisse Bohnen in Tomate + eine Schnitte, ein halbes Glas Sauerkirschen. Schuhe und Strümpfe zum Trocknen an den Rucksack gehängt. Gegen 12.00 Abmarsch. Bergauf durch eine herrliche Urwelt, an die auch Beslet und Pirin nicht heranreichen ! Im letzten Drittel allerdings kaum noch ein Durchkommen, gegen 14.00 Lala-See erreicht. Äusserst mickriges Gewässer.
Aufstieg zum Ineu belastend und ermüdend. Trostlos. Wegen der Kälte am Nordhang nur kurze Pausen möglich. Der Blick von oben entschädigt für den Aufstieg voll und ganz: Nach allen Seiten bis zum Horizont ein phantastisches Gebirgs-Panorama. Ab 16.00 zieht sich um das Gebiet, in dem wir sind, eine Wetterfront zusammen. Erstes Donner-Grollen hinter uns und vor uns. Ab 16.30 konzentrieren sich die Wolken am Ineu (hinter uns) und über dem Cisia vor uns. Gleichzeitig beginnt die Sonne zu scheinen (sticht) und die Unwetter-Wolken fangen an zu wachsen. 17.30: Sonne endgültig hinter den Cisia-Wolken verschwunden; kleine Zwischenmahlzeit: 3 Kekse. Musste 1 Liter Wasser fortkippen, waren 3 Würmer drinne. Im Lala-Quellgebiet 3 Liter aufgetankt. Mein Magen muss wieder voll ran.

18:00: Vor unseren Augen lösen sich die Unwetter-Haufen in Schönwetter-Haufenwolken auf. Kaum zu glauben, aber unser Glück. Bis zum Horizont nur eitel Sonnenschein, blauer Himmel und Haufenwolken. Richtung SW etwas diesig. Richtung NO klare Fernsicht.
18.30: Abstieg vom Kamm an der Einmündung blaues Dreieck, in die andere Richtung (Nordosten) auf Serpentinen. In einem unbewirtschafteten Kessel ohne Vieh-Herden und mit viel Wasser. Beim Abstieg die Quelle des rechten Nebenfluss-Arms (von oben gesehen) der Putreda gefunden, die erste richtige Quelle im Rodna: Frei von Dreck und Würmern, sprudelnd, starker Strahl. 3 Liter getankt, mein Magen freut sich. Am Ausgang des Kessels an der rechten Wand Zelt aufgeschlagen. Sehr gutes Zeltgelände, Probeliegen "OB". Auch sehr schöne Sicht Richtung NO von hier. 20.00 ist das Lager aufgebaut.

Ich bin konditionell (durch die Essen-Wiederaufnahme) wieder oben, noch genügend Reserven vorhanden (im Gegensatz zu gestern).  Borgfried zeigt wieder arge Schwächen. Er meutert rum, dass er morgen nicht wieder die Serpentinen hoch will. Schon alleine wegen dem guten Wasser müssen wir aber (mit 3 Liter von dem Wasser ist der morgige Tag gerettet). Zum Abendbrot polnische Sardinen, die Sonne verabschiedet sich mit kräftigem Abendrot im Norden.

Donnerstag, 16. August:

8.00 Aufstehen, nachts einigemal durch meinen rechten Zeh geweckt, Panthenol + Zellstoff. 9.30 Abmarsch. Schon wieder Himmel zugezogen, starke Schmerzen im Zeh beim Aufstieg. Wird während Marsch immer schlimmer, humple nur noch. Wir marschieren über weite Strecken nur noch in dicker Wolken-Suppe. Eine halbe Stunde Marsch in Hagel und Regen, der Weg anschliessend eine Schlamm-Schlacht. 13.00 an der Kreuzung Abgang Richtung Komplex. Entschliessen uns, wegen meinem Fuss und der Wetter-Entwicklung zum Abstieg (lt. Wegweiser 3 Stunden). Von allen Seiten melden sich Gewitter, wir bleiben vorerst verschont. In einem kleinen Gebiet um uns scheint sogar die Sonne. 30 Minuten später bis kurz vor dem Camp fast pausenlos Regen. Brauchen für den Abstieg längs des Lifts 40 Minuten. Gegen 16.00 im Lager. Hatte etwa ab Mitte des Abstieges keine Probleme mehr mit dem rechten Fuss.

Bauen das Zelt sofort auf, war Aktion in letzter Sekunde: Mit dem letzten Häring fallen die ersten Tropfen eines heftigen Gewitter-Gusses. Der Regen dauert ca. 3/4 Stunde, haben zum Glück Graben um das Zelt. Danach Gang zum Konsum. Kann nach der Pause kaum noch laufen. Kaufen 2x Sauerkirschen und 2x Apfelkompott und für mich 1x Bohnen. Ein halbes Glas Bohnen und 1x Sauerkirschen zum Abend.
Gegen 19.00 kommen zwei Holländer (Vater + Sohn) in feinsten Anzügen, mit nagelneuem Renault. Vater ca. 70, Sohn ca. 45. Sie wollen unbedingt auf dem "sehr schönen Platz" Campen. Mit Wandern haben sie allerdings wenig im Sinn. Badewannen-Vergnügen im Hotel, verletzten Zeh ordentlich säubern und verpacken. Zwischen 21.00 und Mitternacht leichtes Fieber und Schweissausbrüche.

Freitag, 17. August:

8.00 Aufstehen. Frühstück ein halbes Glas Soja-Bohnen, 1 Glas Apfelkompott, 1 trockene Schnitte. Wetter 1a, aber immer wieder Wolken-Vorstösse aus Richtung Rodna. 10.00 zum Sonnen rausgelegt. Entdecke den roten Streifen, der vom verletzten Zeh bis zum Knie reicht. Daher das Fieber gestern ...
Sicher im Rodna Dreck in die Wunde gekommen.

Mit der Zeit ist die Sonne immer häufiger von den Rodna-Wolken verdeckt. 14.00 ist die Sonne endgültig weg, im Rodna Gewitter. Entschliessen uns endgültig, morgen abzureisen. Habe mir von 2 Berliner Typen Heft 20 ("Rodna") aus der Reihe "Unsere Berge" geborgt. Enthält eine ausgezeichnete Karte (abfotografiert) und sehr nützliche Tips für die Wander-Routen (z.B. Zeltplätze mit Quellen etc.). Die Beiden haben sich das Heft in Bukarest besorgt.
Der rote Streifen am Bein scheint wieder zurück zu gehen. Treffe 6 DDR-Tramper. Kamen aus Maramures-Dörfern, wollten zum  Prislop-Festival, dachten es wäre diese Woche. Waren auch schlecht informiert über das Rodna, habe ihnen den Rodna-Führer zum Lesen gegeben. Sind danach gegen 15.00 noch in die Berge gezogen.

18.00 im Konsum 1x Erbsen (grosses Glas), 2x Apfelkompott, 1x Kirschkompott, 1 Weissbrot und 2 Gurken gekauft. 18.30 Abendbrot: Ein halbes Glas Erbsen, 1 Gurke, Fett, Salz, 2 Scheiben Weissbrot. Das Weissbrot ist ganz hervorragend, schmeckt besser als das Mischbrot hier.
Verbindung nach Budapest rausgesucht: 18.25 ab Borsa, 13.00 Nyugati. Bis 21.00 noch mit den 2 Berliner Studenten unterhalten.

Samstag, 18. August:

8.30 Aufstehen; gründlichste Reinigung im Bad des Hotels. 9.30 Frühstück (1 Fettschnitte, 1 Glas Apfelkompott). Rodna schon seit Aufstehen voll zugezogen, Sonne kommt nur ab und zu durch. Der rote Streifen am Bein ist voll verschwunden ! Die erwachsenen Rumänen sind wie die kleinen Kinder - hellauf begeistert, wenn sie einen Bader-Katalog durchblättern oder sich vor einem dicken Westwagen filmen lassen dürfen.
13.00 Wetter wesentlich gebessert, bis 15.00 gesonnt. 15.00 bis zum Horizont blauer Himmel. Anfang Abbau Lager. 16.40 mit Bus bis Zentrum Borsa, weiter mit Bus bis Bahnhof Borsa. 4 Bahnbeamte brauchen fast 5 Minuten, um die 2 Fahrkarten nach Cluj auszustellen (Eilzug=unlösbares Problem).
Der Pietrosu macht von Borsa aus einen sehr guten Eindruck; er wirkt fast wie der Vichren, steht 1500 Meter fast senkrecht über der Umgebung.
18.25 Abfahrt nach Viseu.

Im Wartesaal zweiter Klasse (genau wie der Wartesaal erster Klasse mit Diesel ausgewischt) Abendmahl (Weissbrot + Fischkonserve) gehalten. 19.13 ab Viseu nach Salva.
Erfahren im Zug die Lösung des Rätsels der Fahrt von Sighet nach Borsa von einem DDR-Tramper-Pärchen: In Rumänien ist es durchaus normal, wenn ein Deutscher ohne Fahrkarte sich gleich beim Schaffner meldet, ihm evtl. noch etwas zuschiebt, dass er dann kostenlos bis Ultimo fahren kann. Im Eilzug Viseu => Salva (fährt weiter bis Bukarest, kommt von Sighet) machen sie es uns vor: Etwas abseits stehend, lassen sie den Schaffner (mit strengem Dienstblick ankommend) rankommen, nehmen ihn zur Seite, drücken ihm eine Tüte Click und 3 billige, schön eingewickelte Zigarren in die Hand. Der Fall ist geklärt, die Beiden hätten bis Bukarest mitfahren können ...

Es ist ganz extrem, wie die Leute hier hinter ihrer Folklore stehen, einer Art orientalischer Singsang. Im Wartesaal lässt ein etwa 40-jähriger sein Radio laufen, im Zug und auf dem Bahnsteig hören Jugendliche stundenlang ihrer Folklore zu. Auf der Fahrt von Sighet nach Borsa sangen Jugendliche und Ältere gemeinsam (ohne Alk) im Zug.
20.34 in Salva. 22.53 Abfahrt von Salva.

Sonntag, 19. August:

0.47 in Cluj, gleich in 1.Klasse-Wartesaal. Eine Stunde Ruhe, dann Kontrollen. Wer keine Fahrkarte erste Klasse hat, zahlt eine Strafe und fliegt raus. Ich bekomme meine Fahrkarte mit einer Verbeugung zurück und kann sitzenbleiben (Borgfried stellt sich schlafend, wir werden als zusammen gehörend erkannt). Der Schaffner bezieht dann Posten am Eingang des Wartesaals.
5.15 Uhr: 2 Blanko-Platzkarten am Schalter erstanden für den Balt-Orient-Express / Waggon 488 um 5.41 Uhr ab Cluj. Kurz nach Abfahrt vom Schaffner in einem Abteil Plätze zugewiesen bekommen !

13.00 Ankunft Nyugati. Zusammen mit 2 Studenten und einem weiteren Tramper Gepäck in der kleinen Aufgabe abgegeben, einen Haufen Scheine dafür bekommen, müssen ergo den Krempel geschlossen wieder abholen. Zwischen 18.00 und 18.30 Treff vereinbart. Anschliessend erster Stadtrundgang. Gegenüber letztem Jahr erheblich besseres und teilweise billigeres Angebot an Waren.
Birgit getroffen (Keleti), nächtigt mit ihrem Freund ebenfalls im Pennerasyl East-End (seit einer Woche). Will uns bis zu unserer Ankunft einen Zeltplatz freihalten. Bis 18.30 nur Borgfried und ich am Treffpunkt. Zettel beim Gepäckwart hinterlassen und zum Asyl. Rote Metro ab Keleti 3 Stationen Richtung Osten (Endstation). Dann Bus Nr. 61 Richtung Süden bis Stadtrand. Asyl recht ordentlich eingerichtet, Container mit WC, Wasch- und Duschmöglichkeiten. Abends treffen unsere beiden Typen nebst Gepäck ein. Lege mich beizeiten hin.

Montag, 20. August:

Das sonst im Lager übliche Wecken mit der Sirene des dort stationierten Miliz-Wagens fällt aus Anlass des National-Feiertags aus. Wir stehen 7.00 etwa auf. Bekommen von den 2 Typen noch was zum Frühstück (unser Brot ist alle). Geben unser Gepäck auf dem Keleti ab. Birgit stand schon an, deswegen nur eine Stunde angestanden. Dann Stadtrundgang. Besichtigung Isztvan-Basilika. Sehr beeindruckend, Orgelspiel.
Dann eine sagenhafte Flugschau der ungarischen Luftwaffe: Kunstflug, Fallschirmspringen, Delta-Gleiter. Schätze eine Million Zuschauer. Besichtigung des Volksparks am Lunapark: Schön sauber, aber zu viele Autos. Dann Gepäck abgeholt. Auf Keleti Birgit & Co wieder getroffen, Zufall.

Zusammen gegen 17.00 im Lager. Zelte aufgestellt. Peter Lindner, Ina und Erhardt getroffen; grosses Hallo. Kleiner Umtrunk mit Piet Lindners Wein. Dann Abmarsch zum Nepstadion. Der Lagerchef macht Ärger, weil wir unsere Ausweise schon abgegeben haben und die Zelte unbeaufsichtigt lassen. Juckt uns aber nicht.
Im Nepstadion ist das Sportfest schon zu Ende, dafür hat Omega davor aufgebaut. Beginnt angeblich 21.30 Uhr. Da Feuerwerk 21.00 beginnt, ab zum Donau-Ufer gegenüber Gellert-Berg. Dort lief dann ab 21.00 Uhr ein Feuerwerk, wie wir es noch nie erlebt hatten. Grösster Effekt: Ein brennender Wasserfall von allen Mauern der Gellertburg und von allen tiefer liegenden Befestigungs-Mauern. Der Kostenpunkt soll bei um die 30 Millionen Mark gelegen haben.

Anschliessend ein beispielloses Chaos in den Strassen des Zentrums., in den U-Bahn-Schächten und U-Bahnen. Kommen trotzdem zusammen im Nepstadion an. Dort spielt bis 22.30 die erste Vorgruppe, ab 22.30 die "Neoton Family". Da 23.30 Omega noch nicht am Zuge, verschwinden wir. Ein Vergleich mit der DDR bietet sich an in puncto Spielzeiten. Da wir vom Tage redlich gestresst sind, anschliessend im Lager nur noch eine Stunde lang ein gemütlicher Umtrunk. Gegen 01.30 Uhr Nachtruhe.

Dienstag, 21. August:

6.30 erstes Wecken durch Polizei-Sirene, bis 7.00 sind von uns alle aufgestanden. Gegen 8.30 sind Borgfried und ich am Keleti-Bahnhof. Hoffnungslose Schlange an der Gepäckaufbewahrung. Fahren zu der kleinen Aufbewahrung Nyugati, wo wir 2 Tage vorher waren. Ebenfalls hoffnungslos. Die grosse Nyugati ist genauso schlimm. Wir sind stinksauer und fahren zurück zum Keleti.
Birgit steht inzwischen dort ziemlich als Letzte in der Schlange. Wir geben ihr Bescheid, dass wir es in dem Studenten-Hotel versuchen wollen, von dem wir die Adresse über das Express-Reisebüro bekommen haben. Ab Bahnhof 7 Stationen mit O-Bus Nr. 80; Isztvan-Strasse Nr. 10. Nach etwas Schauspielern durch uns nimmt man das Gepäck anstandslos ab.
Preis dort im Studenten-Hotel wie in allen Budapester Studenten-Hotels 100 Forint / Mann & Nacht. Vor zwei Jahren waren es für Studenten noch umgerechnet 5 Mark ! Zurück zum Keleti, wollen Birgit & Co. informieren, sind aber auch schon weg.
Kaufen bis 18.00 ein, besorgen uns bei IBUSZ noch 2 Platzkarten für den Saxonia-Express. Holen dann das Gepäck ab. Machen uns noch frisch im Hotel und sind beizeiten auf dem Bahnhof.21.15 Abfahrt.

Mittwoch, 22. August:

In Prag leert sich der Zug. Bei uns im Abteil sitzen noch eine Frau und ein Kind. Noch auf tschechischem Gebiet auf Borgfrieds Kosten Kaffee getrunken sowie das beste Spiegelei meines Lebens gegessen (mit eingelegtem Kochschinken und leichter Garnitur). An der Grenze geht der Zoll kommentarlos vorbei.
Ab Dresden ist unser Abteil bis auf einen zugestiegenen Sachsen leer. Lege mich zur Ruhe und schlafe bis Wurzen. Gegen 14.00 mit leichter Verspätung in Leipzig. Gepäck abgeben (ohne Probleme !), essen und im Teehaus einen Tee trinken gegangen. 16.07 Abfahrt nach Könnern, gegen 17.00 in Könnern. The End !


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